Jesuit Batlogg: Papst Franziskus beendete das Schwarz-Weiß-Denken
"Franziskus hat den Boden für kirchliches Neuland bereitet. Sein Pontifikat ist das Ende des Schwarz-Weiß-Denkens." Mit diesen Worten würdigte der Theologe, Publizist und Jesuitenpater Andreas R. Batlogg in einem Gastbeitrag in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung "Die Furche" (16. Dezember) das Wirken von Papst Franziskus anlässlich des bevorstehenden 85. Geburtstags des Pontifex am Freitag. Papst Franziskus sei einer, den "theologisches Fingerhakeln oder liturgische Subtilitäten" nicht interessierten, so Batlogg. Gerade in Coronazeiten sei seine theologische Vision aber "hilf-und trostreich", denn die Botschaft laute: "Gott ist uns nahe, er will unser Heil, unser Glück."
Ein Jesuitenpapst lebe und praktiziere die "Unterscheidung der Geister". Das sei ein spiritueller Prozess, ein geistliches Abwägen. "Prozesse in Gang setzen" sei für Franziskus nach wie vor wesentlicher als "Räume besetzen", auch theologische, so Batlogg. Auch war und bleibe Franziskus "ein Sturkopf", was er auch bei seiner Reise nach Zypern und Griechenland Anfang Dezember unter Beweis stellte, die er, trotz der verschärften Corona-Lage, durchzog.
Gleichzeitig habe sich der Papst mit dem Besuch auf Lesbos abermals solidarisch mit Flüchtlingen und Migranten gezeigt. Eine Haltung, die sich seit seinem Besuch auf der Insel Lampedusa im Juli 2013, der mittlerweile als Chiffre für das Versagen der EU im Umgang mit Migranten gilt, nicht geändert hat.
Gegen die Selbstbezogenheit
Franziskus sei durch seine Art - durch Direktheit und Spontanität, den überzeugenden Lebensstil und einfaches Auftreten - als Papst für viele Menschen nahbar geworden, so Batlogg. Dienen statt befehlen laute das Motto. Dabei lasse Franziskus sich weder ausbremsen noch bevormunden. Vieles erfolge nach wie vor am Protokoll vorbei.
Oft gebe es Kritik, dieser Papst würde mit dem Amt "fremdeln", vernachlässige Strukturen und verachte gar den Apparat. Dabei habe Franziskus die Fähigkeit, sich für Fehleinschätzungen zu entschuldigen: "Er nimmt Entgleisungen zurück, räumt ein, dass er zu schnell reagiert hat oder falsch informiert war. Wer ihm vorwirft, er sei 'beratungsresistent', konnte erleben, dass er eine komplette Bischofskonferenz in den Vatikan zitierte".
Der Papst könne jedenfalls schnell und kompromisslos handeln: "Die chilenischen Bischöfe boten geschlossen ihren Rücktritt an - wegen ihres Umgangs mit Missbrauchsfällen. Der 'Kinderschutzgipfel' im Vatikan im Februar 2019 führte schon drei Monate später zu gravierenden Verschärfungen im Kirchenrecht", zählte Batlogg beispielhaft auf.
Skandale blieben auch zwischen 2013 und 2021 nicht aus. Batlogg benannte unter anderem den Fall des US-amerikanische Kardinals Theodore E. McCarrick, der wegen sexuellem Missbrauch gar aus dem Klerikerstand entlassen wurde. Kardinal George Pell wurde zwar freigesprochen, aber das mangels an Beweisen. Der Erzbischof von Lyon, Kardinal Philippe Barbarin, resignierte vor der Zeit und arbeitet jetzt wieder in der Seelsorge.
Es werde weitere Skandale geben und schwierige Personalien, so Batlogg. Die Fälle von Tebartz-van Elst (Limburg), Heße (Hamburg), Woelki (Köln) seien, wie andere auch, nicht wirklich gelöst. Der Apparat habe es jedenfalls nicht leicht mit Franziskus.
Neue Streitkultur
Mit dem zweijährigen synodalen Prozess sei Franziskus eine Überraschung gelungen. Es gehe um ein neues Zuhören und um echte Beteiligung. Bis eine neue Kultur in die Kirche einziehe, die sich auch in der Organisationsstruktur und -kultur und im Kirchenrecht niederschlage, werde aber Batloggs Vermutung zufolge noch viel Zeit vergehen - Zeit die, die Kirche nicht habe.
Franziskus ließ nie Zweifel daran, dass "Synodalität" eben "kein Parlamentarismus" sei, vielmehr propagierte er unermüdlich eine andere Debatten- und Streitkultur. Widerspruch sei ausdrücklich erwünscht. Nun müsse sich zeigen, wer ihn wirklich wagt und praktiziert, "statt sich in Hinterzimmern oder über Interviews über den Papst auszulassen", so Jesuit Batlogg abschließend.
Quelle: kathpress