Küberl: Pandemie fordert "Abrüstung im Denken, Reden und Handeln"
Mögliche Strategien zur Bewältigung der gesellschaftlichen Folgen und Zerrüttungen durch die Corona-Pandemie hat der frühere Caritas-Präsident Franz Küberl aufgezeigt. Die wichtigste lautet dabei, dass es einer "Abrüstung im Denken, Reden und Handeln" bedarf, schreibt Küberl in der "Kleinen Zeitung" (15. Dezember). Die Situation erinnere gegenwärtig an jene vom Turmbau zu Babel: Fast alle würden gleichzeitig reden, "Zeit zum Verstehen bleibt nicht mehr - eine Kakofonie von Empörung, Ängsten, Halb- oder Besserwissen, Sorge, Missbrauchen, Hilferufen, Überforderung, Enttäuschungen" sei die Folge. Dagegen helfe u.a. die "Besinnung auf ein gemeinsames Bild vom Menschen", die Einhaltung der "Goldenen Regel" und "Solidarität als unersetzbares Lebensmittel unserer Gesellschaft", so Küberl.
Die Pandemie habe bislang bereits "ungemein viele Menschen an den Rand gedrängt. Wirtschaftlich, sozial, kulturell" - dagegen gelte es, sich jener Regel zu besinnen, die Christen mit dem Begriff der "Caritas", also der Liebe verbinden: "Insgesamt in der Gesellschaft wird man wohl von der 'goldenen Regel' ausgehen. Diese hält fest, dass ich aufgefordert bin, mich anderen gegenüber so zu verhalten, wie ich will, dass sie sich zu mir verhalten sollten. Gesellschaftliche Ausdrucksformen dafür sind Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit, Solidarität."
Zur geforderten Abrüstung im Denken, Reden und Handeln zählt Küberl auch die Einsicht bzw. das Eingeständnis, dass die Pandemie durch die Schutzimpfung nicht einfach vorbei sein wird. Es brauche ein "Hinüberwandern in eine erneuerte Normalität" und ein "Lernen, mit der Pandemie zu leben". Außerdem dürfe man bei aller pandemischen Ausnahmesituation nicht die vielen anderen Probleme und Herausforderungen vergessen, die es zu bewältigen gelte: von der Entwicklungszusammenarbeit, der Armutsbekämpfung über die Klimafrage bis zu Migrationsfragen. "Wir brauchen im ganzen Land viele Begegnungsräume, wo wir über die Corona-Pandemie und ihre Folgen reden. Und auch über die großen und kleinen Zukunftsfragen unserer Gesellschaft."
Von Politik und Verwaltung schließlich würden Krisenzeiten wie die gegenwärtige ein besonderes Maß an "gesteigerter Normalität" abverlangen, d.h. ihr Handeln müsse in besonderer Weise "präzise, kommunikativ, gewinnend, vorausschauend" und "dazulernend" sein. "Nicht einhaltbare Versprechungen, abwertende Äußerungen sind verboten. Einladende Formen der öffentlichen Kommunikation, weil es immer Befürworter, Skeptiker, Gegner von Maßnahmen geben wird. Politiker und Beamte haben mehr Verantwortung als einzelne Bürger", mahnte Küberl. "Es gibt also unendlich viele Möglichkeiten, vernünftiges Zusammenleben von uns allen in Österreich einzufädeln. Bitte, anfangen", schloss der frühere Caritas-Präsident seinen Appell.
Quelle: kathpress