Moraltheologe Rosenberger: "Impfpflicht ist Gebot der Stunde"
Der Linzer Moraltheologe Prof. Michael Rosenberger votiert für die Einführung einer Impfpflicht. Dies sei in der Bekämpfung der Corona-Pandemie "das Gebot der Stunde", sagte Rosenberger am Dienstag im Gespräch mit Kathpress. Hatte er sich vor einem Dreivierteljahr im Theologie-Podcast "Diesseits von Eden" (https://diesseits.theopodcast.at) noch gegen eine solche Impfpflicht ausgesprochen, so stelle sich heute die Situation anders und dramatischer dar. Insgesamt sieht Rosenberger, der an der Katholischen Privat-Universität Linz (KU Linz) lehrt, drei Argumente, die für die Einführung einer Impfpflicht sprechen.
Zum einen seien aggressivere Varianten des Virus im Umlauf, die nach zusätzlichen, über das Maske-Tragen und Abstandhalten hinausgehenden Maßnahmen zur Eindämmung verlangten. Zum anderen sei die Impfwilligkeit der Bevölkerung, die im ersten Halbjahr noch groß gewesen sei, so stark erlahmt und zugleich die Auslastung der Intensivstationen und des Personals so hoch, dass nur eine Impfpflicht aus dieser Zwickmühle herausführe: "Die Entscheidung über das eigene Wohl und Wehe ist immer auch eine Entscheidung über das Wohl und Wehe der Mitmenschen. Und deswegen ist es durchaus gerechtfertigt, eine Impfpflicht durchzusetzen und so auch dazu beizutragen, die Intensivstationen und das Personal dort zu entlasten."
Als drittes Argument pro Impfpflicht verwies der Theologe auf die Verhältnismäßigkeit: "Alle anderen Eingriffe des Staates, die jetzt noch helfen können, um die Zahlen nach unten zu bringen, sind gravierender. Wir erleben das ja gerade mit dem vierten Lockdown, der eine viel größere Einschränkung unserer Freiheit bedeutet als eine Impfung." Insofern sei die Impfpflicht das "gelindere Mittel, mit dem wir ans Ziel kommen können" - und dies sei entsprechend auch mit Sanktionsandrohung durchzusetzen, so Rosenberger.
Kirche soll sich deutlicher positionieren
Von Theologie und Kirche würde sich der Theologe daher deutlichere Worte in Richtung Impfpflicht wünschen. Erste Signale in diese Richtung erkenne er u.a. in bischöflichen Wortmeldungen - aber er persönlich würde sich ein noch deutlicheres Eintreten kirchlicherseits wünschen, schließlich sollte alles dafür getan werden, die Infektionen zu senken und "für uns alle ein erträglicheres Leben in dieser Zeit zu ermöglichen".
Vor wenigen Tagen hatten sich bereits der Wiener Moraltheologe Matthias Beck, der St. Pöltner Moraltheologe Josef Spindelböck sowie die Salzburger Moraltheologin Angelika Walser zu dem Thema zu Wort gemeldet. Tenor dabei: Überzogener Individualismus und "Egozentrik" seien angesichts der Bedrohungslage durch Covid-19 und seine Mutationen unangebracht, angesichts einer drohenden Überlastung des Gesundheitssystems sei Solidarität gefordert. Zugleich formulierten die Befragten Vorbehalte gegenüber staatlichen Zwangsmaßnahmen einer Verletzung menschlicher Grundrechte; diese müssten wohlbegründet sein und bestenfalls als ultima ratio eingesetzt werden.
Quelle: kathpress