Experten loben Öffnung der Schulen im Lockdown
Unterstützung für die Entscheidung der Regierung, trotz des am Montag begonnenen Lockdowns die Schulen für regulären Unterricht offen zu halten, kommt von Experten der Jahrestagung des Katholischen AkademikerInnenverbandes Österreich (KAVÖ). Auch wenn Grundkonsens darüber herrschte, dass Corona-Maßnahmen sinnvoll und notwendig seien, stoße das Distance-Learning an seine Grenzen, befand laut einer Aussendung vom Montag die Leiterin des Wiener Schulzentrums Friesgasse, Maria Schelkshorn-Magas.
Die Jahrestagung hatte am vergangenen Freitag unter dem Motto "Soziale Gerechtigkeit und Demokratie" als Hybrid-Veranstaltung im Ankersaal der Brotfabrik stattgefunden und in Referaten und Podien Auswirkungen der bisherigen Lockdowns auf die Gesellschaft beleuchtet. Der Kinder- und Jugendpsychiater Helmut Krönke sprach dabei von einer Überforderung familiärer Strukturen und von "sozialen Verwahrlosung" infolge der Pandemie. Die Nachfrage nach Kinder- und Jugendpsychiatrie sei in Österreich so hoch wie nie zuvor.
Schelkshorn-Magas berichtete von der Erfahrung aus ihrem Schulzentrum von "desozialiert" wirkenden Schulanfängern, die zuvor nicht einmal ein verpflichtendes Kindergartenjahr vor dem Schuleintritt erlebt hätten. Bei älteren Schülerinnen und Schülern sei sie "beeindruckt" gewesen, "was man den Jugendlichen alles zutraut und wie gut sie sich selbst organisieren". Dennoch sei die Rückkehr zu den Schulen nach Ende der bisherigen Distance-Learning-Phasen von den Kindern, Lehrenden wie auch Eltern stets als "befreiend" erlebt worden.
Die Sozioökonomin Karin Heitzmann von der Wirtschaftsuniversität Wien nannte Bildung als "den" Hebel zu mehr sozialer Gerechtigkeit. Ähnlich die Autorin, Journalistin und Pädagogin Melisa Erkurt, die bei der Podiumsdiskussion für mehr Beteiligung an Schule und Gesellschaft für Kinder mit Migrationshintergrund plädierte. Beteiligung sei der Schlüssel für Demokratie. "Erst, wenn du dich als Teil der Gesellschaft fühlst, kannst du für eine bessere Gesellschaft kämpfen", erklärte die Publizistin. Deshalb würde auch die Klimaschutzbewegung "Fridays for Future" zu einem guten Teil von Akademikerkindern getragen.
Der Sozialexperte Martin Schenk-Mair berichtete vom Gefühl vieler Menschen, verlassen worden zu sein. Für sie hätte sich das Versprechen, durch Leistung etwas erreichen zu können, als Lüge entpuppt. Respektiert zu werden sei jedoch "kein Verdienst, sondern Voraussetzung!", so der stellvertretende Direktor der evangelischen Diakonie. Dasselbe müsse auch für das Lernen in der Schule gelten. Dort hänge die Beteiligung der Schülerinnen und Schüler am Lernen vor allem vom familiären Rückhalt, andererseits aber auch von der Schulpädagogik ab.
Quelle: kathpress