Fürnsinn: Mit Gott im Gespräch über eigene Berufung bleiben
Für ein weit gestrecktes Verständnis von "Berufung" hat der emeritierte Propst von Stift Herzogenburg, Maximilian Fürnsinn (81), plädiert. "Berufung sollte nicht nur im Hinblick auf geistliche Berufe gesehen werden. Jeder Mensch hat seine oder ihre Berufung", betonte der nunmehrige Administrator von Stift Klosterneuburg bei einem Vortrag im Veranstaltungszentrum "Gabrium" in Maria Enzersdorf, von dem der Steylerorden am Wochenende berichtete. "Gott hat Geduld mit uns, aber es ist wichtig, auf dem Berufungsweg mit ihm im Gespräch zu bleiben und sich zu fragen: Kenne ich meinen Ruf, den Ruf meines Lebens?", so der Ordensmann über seine Erfahrungen.
Bei ihm sei die Berufung zum Priester ein langer Prozess gewesen, erzählte der frühere Vorsitzende der Österreichischen Superiorenkonferenz (1998-2013). Der Sohn einer "nicht sehr religiösen" Fleischhauerfamilie aus Herzogenburg hatte bereits zweijährig die Mutter verloren, woraufhin seine ältere Schwester und eine Haushaltshilfe ihn aufzogen. Eine "bleibende Wunde" sei durch den Tod der Mutter zwar geblieben, er sei dennoch überzeugt, "dass man aus Wunden Perlen machen kann", sagte Fürnsinn.
Dabei deutete anfangs nichts auf eine kirchliche Karriere: Zwar war er als Kind in der Stiftspfarre Ministrant, dann lernte er jedoch den Fleischhauerberuf auf Wunsch des Vaters, in dessen Betrieb er als Geselle wieder zurückkehrte. In dieser Zeit sei der Kontakt zur Kirche weitgehend verloren gegangen und sein Lebensweg als Fleischhauer und Ehemann schien vorgezeichnet. Dann aber überredete ein Freund den jungen Mann, als Jungschar-Gruppenleiter in der Pfarre mitzuarbeiten. "In dieser Zeit habe ich wieder zu Gottesdienst, Gemeinschaft und Gebet gefunden und neue religiöse Erfahrungen gemacht", berichtete der Prälat.
Erfahrungen, die den Entschluss in ihm reifen ließen, Priester zu werden. Nach der Ausbildung am Seminar für Spätberufene in Horn trat er in das Augustiner-Chorherrenstift Herzogenburg ein, das Fürnsinn 40 Jahre als Propst leitete - "nicht abgehoben, sondern brüderlich", wie er erklärte. Neben dem geistlichen und gemeinschaftlichen Leben sei ihm die Öffnung des Klosters nach außen wichtig gewesen. Fürnsinn initiierte viele kulturelle und touristische Angebote, aber auch Gesprächsreihen zu zentralen gesellschaftlichen Themen, die Stift Herzogenburg zum spirituellen Zentrum der Region machten.
Zusätzlich bekleidete der ehemalige Propst viele Jahre lang wichtige Ämter und Funktionen in der Kirche, für die er vom Stift "ausgeborgt" wurde. So war er u.a. Vizepräsident von "Pro Oriente". In diesen und anderen Funktionen war er gesuchter Gesprächspartner für Politiker, Wirtschaftsleute und Medien. "Mir war es immer wichtig, dass ich dort meine christliche Überzeugung, nicht penetrant, aber klar und von Herzen, vermittelt habe", unterstrich Fürnsinn.
Nachdem er zwei Jahre in Herzogenburg ein "Abschiednehmen vom Amt" geübt habe und schließlich 2019 seinen "Ruhestand" antrat, sei sein Terminkalender heute noch voller als zuvor, sagte Fürnsinn. Neben Taufen, Firmungen, Chorgebet oder Gesprächen mit Verantwortlichen in Politik, Wirtschaft und Kirche - was er alles "aus Freude heraus" mache, wie er betonte - wurde der Prälat im Juli 2021 vom Vatikan zum Administrator des Stiftes Klosterneuburg bestellt, "um den Konvent dort nach Missbrauchsfällen wieder zu einen", wie er erklärte. Gewissermaßen sei er daher nun "Recycling-Prälat".
Quelle: kathpress