Ethikunterricht hat größten Zuspruch in Wien und Vorarlberg
Dass es prozentuell die meisten am Ethikunterricht teilnehmenden Schülerinnen und Schüler in Wien und Vorarlberg gibt, liegt vor allem daran, dass dort jene ohne religiöses Bekenntnis zahlreicher sind als in den anderen Bundesländern. Darauf hat Birgit S. Moser-Zoundjiekpon, die Leiterin der Abteilung für Rechtsangelegenheiten im Wiener Erzbischöflichen Amt für Schule und Bildung am Mittwoch im Interview mit Kathpress hingewiesen. Die Abmeldequoten vom katholischen Religionsunterricht lägen in den AHS, vor allem aber in den BMHS, über dem österreichweiten Durchschnitt. Zudem seien die Schulen in Wien und Vorarlberg "von einer großen religiösen Diversität geprägt", wies Moser-Zoundjiekpon hin.
Anlass für die Stellungnahme der Expertin waren Medienberichte über erste bundesweit vorliegende Zahlen über die Resonanz auf das seit heuer in der neunten Schulstufe angebotene "Ersatzpflichtfach" Ethik. Maria Plankensteiner-Spiegel, Leiterin des Diözesanschulamtes Innsbruck, nannte es "erfreulich", dass nunmehr alle Jugendliche in ihrer Schullaufbahn ethische und religiöse Bildung erhalten, unabhängig davon, ob sie sich vom Religionsunterricht abmelden oder nicht. "Die Einführung hat gut funktioniert", sagte Plankensteiner-Spiegel. Die langjährige Erfahrung aus den Schulversuchen mit Ethikunterricht habe den Schulen geholfen, das neue Schulfach organisatorisch gut in den Schulalltag einzubetten und zugleich "vertiefte Kooperationsmöglichkeiten zwischen Ethik und Religion zu eröffnen".
Zur Erinnerung: Mit dem heurigen Schuljahr hat die Überführung des Ethikunterrichts aus dem Schulversuch in das Regelschulwesen begonnen: Für Schüler der fünften Klasse AHS und der ersten Klasse BMHS (berufsbildende mittlere und höhere Schulen), die keinen Religionsunterricht besuchen, ist der Ethikunterricht verpflichtend. Zum einen betrifft dies Jugendliche, die einer Kirche oder Religionsgesellschaft angehören und sich vom Religionsunterricht abmelden; zum anderen ist der Ethikunterricht Pflichtgegenstand für Schülerinnen und Schüler ohne religiöses Bekenntnis, die sich nicht zu einem konfessionellen Religionsunterricht anmelden. Für die Anmeldung zum Religionsunterricht hatten sich in den vergangenen Jahren zunehmend mehr junge Menschen ohne religiöses Bekenntnis entschieden - zuletzt mehr als 20.000.
Fast 25 Prozent besuchen Ethikunterricht
Laut am Mittwoch veröffentlichten Zahlen besuchen fast 25 Prozent der mehr als 70.000 Jugendlichen des betreffenden Jahrgangs im ersten Jahr das Fach Ethik. Die mit Abstand meisten Ethik-Schüler gab es in Wien (45 Prozent) und Vorarlberg (44), nach Schulformen waren es die meisten an den AHS (32 Prozent), berichtete die Austria Presse Agentur (APA). Am geringsten war das Interesse demnach im Burgenland (17) und der Steiermark (16). Nach Schultypen war die Nachfrage auch an den Handelsschulen und Handelsakademien überdurchschnittlich hoch (30 Prozent).
Bildungsminister Heinz Faßmann bewertete diese Zahlen als Beleg für eine erfolgreiche Einführung des neuen Fachs. "Der langjährige Schulversuch ist damit in der Regelschule angekommen", sagte er der APA in einer schriftlichen Stellungnahme.
Die Kooperation der Ethik-Lehrkräfte mit den Religionslehrenden ist Fassmann, wie er mehrfach betonte, ein Anliegen; auch die kirchlichen Schulverantwortlichen teilen diesen Wunsch. "Die ethischen Themen im Religionsunterricht sind seit jeher mannigfaltig und bringen die soziale und die gesellschaftsgestaltende Dimension von Religion zum Ausdruck", hieß es in der Stellungnahme des Wiener Schulamtes. Unterschiedliche Perspektiven und Haltungen würden seit jeher präsentiert und diskutiert. Der konfessionelle Religionsunterricht "legt seine Wurzeln offen und macht nachvollziehbar, wofür er steht".
Konkrete Zahlen zum Besuch des katholischen Religionsunterrichts im Schuljahr 2021/22 liegen der katholischen Kirche noch nicht vor. Entsprechend den Tendenzen der letzten Jahre sei aber jedenfalls festzustellen, "dass der Besuch des katholischen Religionsunterrichts stabil ist". Aus dem Bildungsministerium verlautete dazu, Erfahrungen an Standorten mit dem Schulversuch Ethik hätten gezeigt, dass mit der Einführung des Ersatzpflichtfachs auch die Zahl der Schüler im Religionsunterricht anstieg.
Quelle: kathpress