Katholische Kirche begeht am Sonntag den "Welttag der Armen"
Mehr Bewusstsein für das Thema Armut sowie gezielte Begegnungen mit Betroffenen will die Katholische Kirche mit dem "Welttag der Armen" am kommenden Sonntag (14. November) erreichen. Der vorletzte Sonntag im Kirchenjahr ist in Österreich traditionell auch der "Elisabethsonntag" und steht im Zeichen der Caritas-Inlandshilfe. Unter dem biblischen Motto "Die Armen habt ihr immer bei euch" werden auch heuer spezielle Gottesdienste gefeiert und Aktionen gesetzt, bei denen die Begegnung mit Menschen in Notlagen und das Angebot konkreter Unterstützung im Fokus stehen.
Worum es geht, hat Papst Franziskus, der bereits am Freitag aus diesem Anlass in Assisi Hunderte Armutsbetroffenen aus mehreren europäischen Ländern begegnet ist, in seiner vorbereitenden Botschaft zum Welttag dargelegt: "Auf andere Art" müsse gegen die weltweite Armut - die sich durch die Corona-Pandemie dramatisch verschärft hat - vorgegangen werden. Jeder solle seinen eigenen Lebensstil kritisch prüfen und so verändern, dass jene "Egoismen" überwunden werden, die zur Armut anderer beitragen. Betonung legt der Pontifex auch darauf, dass Bedürftige nicht mit Almosen abgespeist werden, sondern wirkliches Teilen und ein Anerkennen ihrer Menschenwürde geschieht.
Mehrere österreichische Bischöfe - darunter auch Kardinal Christoph Schönborn - feiern zum Welttag Gottesdienste mit Armutsbetroffenen. In Kärnten leitet Bischof Josef Marketz um 10 Uhr in der Klagenfurter Pfarre St. Hemma einen Kinder-Wortgottesdienst. In Wien-Mauer steht Caritas-Präsident Michael Landau am Sonntag um 9.30 Uhr einem Gottesdienst in der Caritas-Gemeinde Erlöserkirche vor, der vom Fernsehsender ORF 2 live übertragen wird. Mitwirkende sind unter anderem Ministranten der Wohnungslosengemeinde, eine Wohngruppe aus dem Bereich Menschen mit Behinderung sowie ein integrativer Jugendchor. Thematisch geht es um Hoffnung und Zuversicht in Krisenzeiten.
In zahlreichen Pfarren quer durchs Land werden am Welttag armutsgefährdete oder -betroffene Menschen als "Ehrengäste" zu den Gemeindegottesdiensten und einer anschließenden gemeinsamen Mahlzeit eingeladen. Oftmals wird auch im Kirchenraum ein Korb oder ein Tisch aufgestellt, in dem haltbare Lebensmittel gesammelt und anschließend an Lebensmittel-Ausgabestellen der Caritas oder an Sozialmärkte weitergeleitet. Bei "Rundgängen der Not" machen Fachleute Interessierte mit Hilfseinrichtungen im jeweils eigenen Wohngebiet vertraut, zudem werden auch Theater- und Konzertkarten von den Gemeinden organisiert und an Menschen in prekären Lebenssituationen verteilt.
Gewandelter Blick jenseits der Spenden
"Seit es den neuen Welttag gibt, hat sich der Blick der Pfarrgemeinden auf das Thema Armut deutlich gewandelt", beobachtet Katharina Renner von der Pfarrcaritas der Erzdiözese Wien. Ging es zuvor beim "Elisabethsonntag" vorrangig um das Spendensammeln, sei nun "stärker ins Bewusstsein gekommen, dass wir alle bedürftig sind und es beim Zugehen auf Armutsbetroffene um den Zusammenhalt in der Gesellschaft geht", erklärte die Expertin und Vizepräsidentin der Katholischen Aktion Österreich im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Kathpress. Die jährlichen Botschaften zum Welttag von Papst Franziskus würden in den Pfarren intensiv als Arbeitsgrundlage studiert und seien "keine Dokumente, die nur Eingeweihte kennen".
Im Zuge dieses Bewusstseinswandels hätten sich in vielen Pfarren soziale Initiativen etabliert, die sich bei weitem nicht auf den Welttag beschränken. Besonders nannte Renner hier die sogenannten "Wärmestuben", die heuer trotz Corona in so vielen Wiener Pfarren wie noch nie - nämlich 36 - mit 1. Dezember öffnen. In mehreren Pfarren der Bundeshauptstadt gibt es zudem mittlerweile das ganze Jahr über niederschwellige Aktionen wie wöchentliche Abendmahlzeiten für Armutsbetroffene oder Sozialstationen für Obdachlose. "Der Welttag wird neben dem Spendensammeln vor allem dazu genutzt, um in der Pfarrgemeinde für diese Anliegen und für Begegnung mit Menschen in Notsituationen zu werben", so die Caritas-Fachfrau.
Brotgewürze und Umverteilung
Eine der heuer besonders häufig angebotenen Aktionen in den Pfarrgemeinden ist die Verteilung von Brotgewürz-Säckchen bei Gottesdiensten. Sie nehmen Bezug auf die "Caritas-Heilige" Elisabeth von Thüringen, die Brot zu Hungernden brachte. Wie die Diözese St. Pölten mitteilte, stammt die Rezeptur von Kräuterpfarrer P. Benedikt Felsinger, während die Stoffsäckchen in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen in Retz gefertigt wurden.
In Salzburger Stadtpfarren hat sich in den vergangenen Jahren am "Welttag der Armen" die Tradition eines "Umverteilungstages" eingebürgert: Von 9 bis 12 Uhr haben bedürftige Menschen in Mülln, Liefering, St. Martin, Itzling, Parsch und Salzburg Süd (Morzg) die Möglichkeit, ihre Lebenssituation bzw. finanzielle Sorgen in einem vertraulichen Vier-Augen-Gespräch darzulegen, bevor in einem Komitee über Unterstützungsmöglichkeiten entschieden wird. 2020 wurde bei dieser Aktion insgesamt 150.000 Euro an 1.800 an Menschen in finanziellen Notlagen mit Wohnsitz in der Landeshauptstadt verteilt, sowie auch 6.000 Lebensmittelpakete.
In Kärnten gibt es am Samstag von 10 bis 14 Uhr einen "Tag der offenen Tür" im "Eggerheim" der Caritas (Klagenfurt, Kaufmanngasse 6), das sich mit einer Tagesstätte obdach- oder wohnungslosen Menschen widmet und auch eine Notschlafstelle und eine Lebensmittelausgabe umfasst. Unter Einhaltung der 2G-Regel werden halbstündlich Führungen angeboten.
Quelle: kathpress