Sterbeverfügungsgesetz: "Aktion Leben" sieht grobe Mängel
Die "Aktion Leben" lehnt den aktuellen Entwurf zum Sterbeverfügungsgesetz wegen grober inhaltlicher Mängel und unzureichender Maßnahmen zur Verhinderung von Missbrauch ab. Das ist der Stellungnahme des Vereins im Rahmen der aktuellen Begutachtungsphase zu entnehmen. Die "Aktion Leben" hat dies auch in einer Aussendung am Montag mitgeteilt. Der vorliegende Entwurf müsse umfassend adaptiert werden. In der jetzigen Form lehne man ihn ab.
"Der vorliegende Gesetzesvorschlag ist weit schwächer als auf den ersten Blick ersichtlich, denn er ermöglicht die straflose Beihilfe zum Suizid auch ohne Sterbeverfügung", so Johann Hager, Präsident von "Aktion Leben Österreich". Hintergrund ist, dass parallel zum neuen Sterbeverfügungsgesetz auch das Strafgesetzbuch geändert wird. Dort ist für die straflose Beihilfe zur Selbsttötung zwar u.a. die Bestätigung über die ärztliche Aufklärung vorgesehen, nicht aber die Sterbeverfügung an sich. "Fehlt die Verbindung zwischen Sterbeverfügung und Strafrecht, so ist die straflose Beihilfe zum Suizid ohne nennenswerte Einschränkungen möglich", warnte Hager. Das Fehlen einer Sterbeverfügung ist demnach keine Bedingung für die Strafbarkeit.
Unannehmbare Lücke
Die Sterbeverfügung als Nachweis eines dauerhaften, freien und selbstbestimmten Entschlusses zur Selbsttötung werde ad absurdum geführt, kritisierte der "Aktion Leben"-Präsident. Es falle auch die Bedenkzeit von zwölf Wochen bzw. zwei Wochen weg. Ebenso würden assistierte Selbsttötungen ohne Sterbeverfügungen kaum dokumentiert werden können. "Sterbeverfügungen nur zur Absicherung von Sterbehelferinnen und -helfern und zum Ausgeben von toxischen Substanzen zu errichten, bedeutet Sterbehilfe ohne Schutzmaßnahmen für Menschen in sehr verletzlichen, kritischen Phasen ihres Lebens zu etablieren", warnte Hager.
Mit der Sterbeverfügung werde auch der freie Wille zur Selbsttötung und die Entscheidungsfähigkeit dokumentiert und neben zwei Ärzten von einer dritten rechtskundigen Person bestätigt und in ein Register eingetragen. Das Ermöglichen der straflosen Beihilfe zur Selbsttötung allein mit der ärztlichen Aufklärung stelle aber eine unannehmbare Lücke in den Sicherungsmaßnahmen dar. "Ein Ziel der neuen Regelungen soll ja sein, den freien Willen eindeutig festzustellen und Menschen vor jedwedem Druck zum Suizid zu schützen. Dies war eine klare Vorgabe des Verfassungsgerichtshofes an den Gesetzgeber, die mit vorliegendem Entwurf unterlaufen wird", kritisierte Hager.
Schwächen in der Sterbeverfügung
Der "Aktion Leben"-Präsident sah auch erhebliche Schwächen in der Sterbeverfügung selbst: Die Definition der Krankheiten, bei denen den Betroffenen straflos Beihilfe zum Suizid geleistet werden darf, sei sehr weit gefasst. Sie würde auch erblindende Menschen erfassen sowie beispielsweise Diabetiker oder Asthmatiker. "Wir weisen darauf hin, dass die Voraussetzungen zur Errichtung einer Sterbeverfügung so weit auslegbar sind, dass sie zu wenig Schutzwirkung entfalten können", so Hager.
Auch das unzureichende, weil nicht umfassende Werbeverbot und eine nur sehr fragmentarischen Kontrolle mangels umfassender Datenerhebung und Begleitforschung seien deutliche Schwächen im Sinn der vom Verfassungsgerichtshof eingeforderten Sicherungsinstrumente zur Verhinderung von Missbrauch.
Hager stellte abschließend zwei zentrale Forderungen der "Aktion Leben" auf: Die wichtige medizinische Aufklärung müsse um die verpflichtende psychosoziale Beratung ergänzt werden. Diese soll über alle verfügbaren Hilfen zum Leben informieren und in der Lage sein, sie auch rasch bereitzustellen. Hier sei auch die öffentliche Hand gefordert. Und zweitens: Das Vorliegen einer Sterbeverfügung müsse ausnahmslos in jedem Fall Voraussetzung für den straflosen assistierten Suizid sein.
Quelle: kathpress