Schönborn: Wissenschaftsbezogene Skepsis bestürzendes Phänomen
Kardinal Christoph Schönborn hat am Samstag im Wiener Erzbischöflichen Palais 26 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit dem Kardinal-Innitzer-Preis ausgezeichnet. In seiner Ansprache kam Schönborn auf die Impfverweigerer und Coronaleugner zu sprechen und sagte, die neue wissenschaftsbezogene Skepsis sei ein bestürzendes Phänomen, das mit dem Vertrauensverlust in allen Bereichen - Politik, Kirche, Autoritäten - zu tun habe.
Der Wiener Erzbischof berichtete über seine Begegnungen mit dem Biontech-Mitgründer Christoph Huber. Huber und das Forscherpaar Ugur Sahin/Özlem Türeci hätten 2020 ihre ganze Energie in die Entwicklung eines Covid-Vakzins gelegt. Als sie es geschafft hätten, das Vakzin in weniger als einem Jahr zur Marktreife zu bringen, sei etwas Erstaunliches passiert: "Man hat dem Vakzin massive Skepsis entgegengebracht. Diese neue wissenschaftsbezogene Skepsis ist etwas Bestürzendes", so Schönborn.
Die neue Skepsis zeige, wie weit der Spaltungsprozess in der Gesellschaft vorangeschritten sei. Der Vertrauensverlust sei eine zutiefst gefährliche Entwicklung. "Denn solide wissenschaftliche Forschung ist ein Pfeiler einer freien, demokratischen Gesellschaft", betonte der Kardinal. Wichtig sei daher, dass sich die in der Forschung Tätigen "nicht verunsichern lassen durch Verschwörungstheoretiker und die Propheten des Untergangs".
Schönborn nannte als weitere Notwendigkeit zur Überwindung der Negativ-Stimmung "die persönliche Glaubwürdigkeit der Menschen in der Welt der Wissenschaft". Denn der einzelne erlebe es positiv, "dass eine Forscherpersönlichkeit Vertrauen vermittelt".
18 Förderungspreise
Die 26 ausgezeichneten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erhielten jeweils eine der Abstufungen des Kardinal-Innitzer-Preises. Bei den Varianten handelt es sich um den Großen Preis 2021 (Prof. Manfred Burgstaller), den Großen Preis 2020 (Prof. Fritz Paschke), den Würdigungspreis für Geisteswissenschaften 2021 (Prof. Dieter Stiefel), den Würdigungspreis für Geisteswissenschaften 2020 (Prof. Bert Fragner), den Würdigungspreis für Naturwissenschaften 2021 (Prof. Francesca Ferlaino), den Würdigungspreis für Naturwissenschaften 2020 (Prof. Josef Penninger), den Würdigungspreis für Wissenschaftspublizistik 2021 (Florian Aigner) sowie den Würdigungspreis für Wissenschaftspublizistik 2020 (Günther Mayr). Weiters erhielten 18 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Kardinal-Innitzer-Förderungspreise überreicht.
Der nach dem Wiener Erzbischof Kardinal Theodor Innitzer (1875-1955) benannte Wissenschaftspreis ist eine der angesehensten Auszeichnungen dieser Art in Österreich. Er wird seit 1962 von der Erzdiözese Wien verliehen und vom Wissenschaftsministerium, mehreren Bundesländern, sowie von Banken, Versicherungen und der Wirtschaftskammer unterstützt. Die Liste der Preisträger liest sich wie ein "Who is who" der österreichischen Wissenschaft.
Mitglied des "Weisenrates"
Der Träger des Großen Preises 2021, Prof. Manfred Burgstaller, wurde 1939 in Wels geboren. Er war 1964 bis 1972 Assistent am Institut für Strafrecht und Kriminologie der Universität Wien, 1969 habilitierte er in Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universität Wien, 1973 wurde er Professor für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie an der Universität Linz. Von 1975 bis zur Emeritierung 2007 war er O.Professor für Strafrecht und Kriminologie an der Universität Wien, danach Emeritus-Professor. Burgstaller war 1984 bis 1997 Mitglied des Fachbeirats und des Kuratoriums des Max-Planck-Instituts für Ausländisches und Internationales Strafrecht in Freiburg, 1991 Gastprofessor an der School of Criminal Justice der Rutgers University, New Jersey (USA). Er ist seit 1994 korrespondierendes, seit 2001 wirkliches Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.
2009 wurde Burgstaller zum Rechtsschutzbeauftragten beim Bundesminister für Inneres bestellt und übte dieses Amt, in dessen Kontrollbereich auch der Bereich des Verfassungsschutzes fällt, bis Juli 2021 aus. In den Jahren 2014 und 2015 war er zusätzlich Mitglied des vom Bundesminister für Justiz zur Kontrolle seiner Weisungen an die Staatsanwaltschaften eingesetzten "Weisenrats".
Vorjahrs-Hauptpreisträger Prof. Fritz Paschke wurde 1929 in Gösting bei Graz geboren. Er studierte in Graz und Wien Elektrotechnik und Nachrichtentechnik und promovierte 1955. Danach arbeitete er in der Radio Corporation of America in Princeton und bei der Siemens AG in München. 1965 wurde er O.Professor für Allgemeine Elektrotechnik an der Technischen Hochschule Wien, 1971 bis 1976 war er Rektor bzw. Prorektor. Von 1974 bis 1982 war Paschke Vizepräsident des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung. Auch nach der Emeritierung war er auf vielen Gebieten der Forschung tätig, u.a. bei der Entwicklung einer völlig neuartigen Therapieleuchte.
Quelle: kathpress