Caritas: Bei Frauenarmut nicht wegschauen
Ein Paket gegen Frauenarmut und gezielte Maßnahmen zur Unterstützung von armutsgefährdeten Frauen fordert die Caritas. "Wir müssen uns dem Thema als Gesellschaft stellen. Denn Frauenarmut geht alle an - auch gerade die Männer", betonte Caritas-Präsident Michael Landau bei einem Lokalaugenschein in Caritas-Einrichtungen für armutsbetroffene Menschen in Salzburg. Der Satz, "die Krise ist vorbei", sei nach wie vor nicht angebracht, so Landau: "Nicht aus epidemiologischer Sicht und auch nicht, wenn es um die sozialen Folgen der Pandemie geht".
"In Österreich sind 1,22 Millionen Menschen armutsgefährdet, davon 290.000 Kinder und Jugendliche und 501.000 Frauen", warnte Landau. Die Corona-Pandemie habe neue Menschengruppen in prekäre Situationen gebracht. Ein Drittel der Menschen, die momentan bei der Caritas um Hilfe bitten, haben zuvor noch nie bei der Caritas um Unterstützung angefragt. "Darunter sind auch immer mehr Frauen und Alleinerzieherinnen."
Schwachstellen im Sozialsystem seien durch die Pandemie klar sichtbar geworden: "Steigende Kosten bei Wohnen, Heizen, Energie belasten Menschen bis weit in die Mitte der Gesellschaft hinein", so der Caritas-Präsident. Mietstundungen während Corona hätten das Problem nur verschoben. 55 Prozent der derzeitigen Caritas-Beratungsgespräche haben das Thema Wohnen zum Inhalt: "Wohnen und das nicht nur kalt, sondern warm, wird für immer mehr Menschen zum Problem", warnte Landau.
"Frauen sind nicht nur statistisch stärker von Armut betroffen als Männer, auch in den Caritas-Einrichtungen nehmen vermehrt Frauen Hilfe in Anspruch", betonte Caritas-Österreich-Generalsekretärin Anna Parr. "Gerade jetzt sehen wir, dass viele Frauen am Ende ihrer Kräfte sind. Lange Phasen des Homeschoolings, Jobverlust, beengte Wohnverhältnisse im Lockdown - all das hat insbesondere bei Frauen, Alleinerziehenden und ihren Kindern langfristige Spuren hinterlassen."
Pandemie verstärkte Benachteiligung
Allein im Zeitraum zwischen Februar 2020 und März 2021 sei die Zahl der Frauen ohne Arbeit um 40 Prozent gestiegen - der Anteil bei den Männern lag im selben Zeitraum bei 25 Prozent. Dabei übernehmen Frauen einen Großteil der unbezahlten Arbeit wie Haushalt, Kindererziehung oder die Pflege von Angehörigen. "Die Pandemie hat die Benachteiligungen von Frauen im Erwerbsleben nochmals verschärft. Längere Karenzzeiten, Teilzeitarbeit und atypische Beschäftigungsverhältnisse ergeben Einkommensverluste und Pensionsversicherungszeiten, die Frauen zu ihren männlichen Altersgenossen nie mehr aufholen können und die sie auch oft in Abhängigkeitsverhältnisse treiben", betonte die Caritas-Generalsekretärin.
Daniela Brodesser war jahrelang selbst von Armut betroffen und leistet heute als Vortragende und auf Social Media Aufklärungsarbeit. Oft sei es Scham, die insbesondere Frauen davor zurückschrecken lasse, sich an Stellen wie die Caritas zu wenden, berichtete sie. Sie selbst habe jahrelang geglaubt, dass Armut in ihrem Leben kein Thema sei, bis sie dann durch schwere Erkrankungen in der Familie selbst in die Armutsfalle geraten sei. "Besonders zu schaffen macht Armutsbetroffenen die Stigmatisierung durch die Gesellschaft", erklärte Brodesser. Sie wünscht sich für Betroffene mehr Teilhabe sowie Bildungsgleichheit und dass Armut in der Gesellschaft "wertfrei" angenommen wird.
Der Salzburger Caritasdirektor Johannes Dines betonte, dass auch im Gebiet der Erzdiözese Salzburg die Anzahl der Beratungen im vergangenen Jahr um 30 Prozent gestiegen sei. Dieses Jahr habe man bereits über 12.000 Beratungen durchgeführt. Hohe Mieten, Energiepreise und Lebenshaltungskosten stellten viele Menschen vor erhebliche finanzielle Probleme.
Leistbares Wohnen für Frauen
Im Rahmen des Pressebesuchs konnte auch eine neue Einrichtung besichtigt werden, in der die Caritas in Salzburg ab Anfang 2022 leistbare Wohnungen für Frauen in Not - mit oder ohne Kindern - anbietet. In 34 Wohnungen soll Frauen eine neue Perspektive ermöglicht werden. Ziel ist es, die Frauen auf ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben vorzubereiten. Sie sollen bei der Selbstorganisation, der Stärkung des Selbstwerts und bei Alltagskompetenzen wie der Regelung finanzieller Angelegenheiten sowie bei Wohnungs- und Arbeitssuche unterstützt werden. Der Bedarf ist groß. Zwei Drittel der Wohnungen sind bereits reserviert, erklärte Andrea Schmid, stellvertretende Direktorin der Caritas Salzburg.
Frauen gezielt fördern
Caritas-Österreich-Generalsekretärin Parr appellierte angesichts der Armutsgefährdung von Frauen an die Regierung, mit einem umfassenden Frauenpaket Abhängigkeiten und das Verharren in gewalttätigen Beziehungen zu verhindern. "Frauen brauchen ein existenzsicherndes Einkommen und eine ausreichende Pension, um nicht in Armut und Abhängigkeitsverhältnisse zu geraten." Voraussetzungen dafür seien eine Reform des Unterhaltsvorschusses, ein flächendeckender Ausbau der frühen Hilfen sowie ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr, so Parr.
Auch Caritas-Präsident Landau pochte darauf, Menschen, die in Not geraten sind, mit allen Mitteln zu unterstützen. Dort, wo Existenzsicherung durch Erwerbsarbeit nicht möglich ist, müsse durch Sozialleistungen ein menschenwürdiges Leben möglich sein. Aktuell sei das nicht der Fall. Deswegen brauche es eine Reform der Sozialhilfe neu, eine dauerhafte Erhöhung des Arbeitslosengelds und eine faire Ausgestaltung des Familienbonus. Um eine "Pandemie der Armut" zu verhindern, sei zudem individuelle und strukturelle Solidarität notwendig. "Jetzt müssen Zusammenhalt und Zuversicht gestärkt werden", zeigte sich Landau abschließend überzeugt.
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Quelle: kathpress