Christlich-jüdischer Ausschuss
feiert 65-Jahr-Jubiläum
Christlich-jüdischer Ausschuss
feiert 65-Jahr-Jubiläum
Der "Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit" begeht in diesem Jahr sein 65-Jahr-Jubiläum. Das interreligiöse Gremium feierte dies im Rahmen seiner jährlichen Generalversammlung mit einem anschließenden "Feierabend" am Dienstagabend in Wien. Bischof Manfred Scheuer, in der Bischofskonferenz für die christlich-jüdischen Beziehungen zuständig, würdigte in seiner Grußbotschaft das Wirken des Ausschusses: "Für Österreich kommt dem Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit eine maßgebliche Bedeutung in dem nach 1945 einsetzenden Dialog zu", so der Linzer Bischof.
So sei etwa die eindeutige Positionierung gegen Antisemitismus sei "eine Frucht des Koordinierungsausschusses". Scheuer: "Die Katholische Kirche hat nach der Schoah erkannt, dass es auch ein aus der christlichen Tradition genährter Antisemitismus war, der über Jahrhunderte Tod und Vertreibung von Jüdinnen und Juden zur Folge hatte und der die Gräuel der Nationalsozialisten begünstigte." Scheuer erinnerte in diesem Zusammenhang an die Erklärung "Nostra Aetate" des Zweiten Vatikanischen Konzils über das Verhältnis der Kirche zu den nicht christlichen Religionen, die einen Wendepunkt in der Bewertung des christlich-jüdischen Verhältnisses gebracht habe.
"Es gibt keine Alternative zum Dialog", betonte der Bischof. Es werde den Dienst des Koordinierungsausschusses auch in Zukunft brauchen, "in einer anderen Generation mit anderen Aktivistinnen und Aktivisten", zeigte sich Scheuer abschließend überzeugt.
Misstrauen wurde abgebaut
Auch durch das Wirken des Koordinierungsausschusses sei es gelungen, "das Misstrauen in den Annäherungsversuch abzubauen", würdigte der Gemeinderabbiner der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, Schlomo Hofmeister, in seiner übersandten Botschaft. "Die jüdische Bevölkerung Österreichs hat diese Bestrebungen anerkannt und sich ihrerseits dem durch den Koordinierungsausschuss vermittelten Gesprächsangebot der christlichen Gemeinden und ihrer geistlichen Führung geöffnet, was nach den Jahrhunderten der Feindseligkeiten kein leichter Schritt war", so Hofmeister.
Als Verantwortlicher in der Evangelischen Kirche A.B. für das christlich-jüdische Gespräch ließ Oberkirchenrat Karl Schiefermair eine Grußbotschaft an die Feiernden überbringen: "Wir profitieren in unserer Kirche von der Arbeit des Koordinierungsausschusses, bedanken uns dafür und wünschen uns findige Fortsetzungen", so Schiefermair.
Christlich-jüdische Beziehungen seien auch heute noch mit "dem Faktum einer 2000-jährigen mörderischen Geschichte" schwer zu gestalten. Umso mehr bestehe die Notwendigkeit des Lernens, "allerdings kann ein christliches Lernen, das bloß Informationen zum Judentum und seiner Geschichte erarbeitet, nicht genügen", sagte der Oberkirchenrat. Die "Unbelehrbarkeit eines Antijudaismus" verlange nach Kritik und Selbstkritik und theologischer Aussagen. Dafür sei die Arbeit des Koordinierungsausschusses "unverzichtbar".
Vorstandswahl und Ehrungen
Im Rahmen der Versammlung wurde auch ein neuer Vorstand für den Ausschuss gewählt. Neu im Vorstand ist die katholische Theologin und Direktorin des Katholischen Bibelwerks, Elisabeth Birnbaum. Sie bildet neben dem Theologen und Präsidenten Prof. Martin Jäggle und Dechant Ferenc Simone die katholischen Vertreter im Vorstand, der zu je einem Drittel jüdisch, evangelisch und katholisch besetzt sein muss. Von jüdischer Seite sind die Historiker Awi Blumenfeld und Mitchel Ash neu in den Vorstand gewählt worden, sie ergänzen das Wirken von Willy Weisz, der auch als Vizepräsident fungiert. Der evangelische Theologe Stefan Fleischner-Janits ist ebenfalls im neuen Vorstand und ergänzt die Vizepräsidentin Margit Leuthold und Ruth Schelander-Glaser von der evangelischen Kirche.
Im Rahmen der Veranstaltung wurde zudem der ehemalige evangelisch-methodistische Superintendent Helmut Nausner zum Ehrenpräsidenten ernannt sowie dem ehemaligen Oberrabbiner der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, Paul Chaim Eisenberg, die Ehrenmitgliedschaft verliehen. Diese soll ihm im kommenden Frühjahr feierlich übergeben werden.
Von Kardinal Franz König im Oktober 1956 auf Anregung von Prof. Kurt Schubert gegründet, hat der Koordinierungsausschuss nach der Schoah wesentlich dazu beigetragen, dass ein neues Verhältnis zwischen Judentum und Christentum in Österreich möglich wurde. Die Arbeitsbereiche sind Dialog, Bildung, öffentliche Kommunikation und Wissenschaft. Mit der Aufgabe des Geschäftsführers wurde 2020 der jüdische Religionswissenschaftler Yuval Katz betraut.