Katholische Jungschar: "Klimakrise ist eine Kinderrechtskrise"
"Der Verlust der Biodiverisität gefährdet Zukunftsperspektiven und Rechte von Kindern und den nachfolgenden Generationen. Damit ist die Klimakrise auch eine Kinderrechtskrise": Darauf hat Sigrid Kickingereder, Bundesgeschäftsführerin der Katholischen Jungschar (KJS), am Mittwoch bei einem Pressegespräch in Wien hingewiesen. Zu diesem eingeladen hatte ein NGO-Bündnis, zu dem außer der KJS auch Greenpeace, Attac, Fridays for Future und der Österreichischen Bergbauernvereinigung-Via Campesina Austria angehören. Die Organisationen forderten einen "Kurswechsel" im Umgang mit der Natur und präsentierten ein gemeinsames "Manifest zur Erhaltung der Biodiversität".
Das Forderungspapier "Kurswechsel - Mit der Natur und nicht gegen sie, Grundsätze einer globalen transformatorischen und sozial-ökologischen Wende zur Erhaltung der Biodiversität" umfasst 13 Punkte- u.a. den effizienten Vollzug für die Erhaltung der Biodiversität, nachhaltiges Wirtschaften, Schutz der Ozeane, ein Kinderrecht auf gesunde Umwelt sowie die Anerkennung und Umsetzung indigener und bäuerlicher Rechte. Anlass ist die bevorstehende UN-Biodiversitätskonferenz CBD (Convention on Biological Diversity) von 11. bis 15. Oktober. Die Organisationen appellierten an die österreichische Bundesregierung, das Manifest auch bei der Konferenz einzubringen und sich für starke Biodiversitätsziele einzusetzen.
Österreich solle die UN Resolution zur "Verwirklichung von Kinderrechten durch eine gesunde Umwelt" umsetzen und sich auch für die bevorstehende Resolution im Menschenrechtsrat zu einem "Menschenrecht auf eine gesunde Umwelt" einsetzen, forderte Jungschar-Geschäftsführerin Kickingereder. Sie betonte, dass "Kinderrechte als Wertekompass für die politischen Entscheidungen besonders wichtig sind, weil wir wissen, dass Kinder und Jugendliche extrem von der Arten- und Klimakrise betroffen sind". Hier sei die Politik im Besonderen gefordert, "politische Entscheidungen im Sinne der Kinder und der nächsten Generationen zu treffen".
Dieser Solidaritätsgedanke sei für Kickingereder auch dem Solidaritätsgedanken der Umweltenzyklika "Laudato si" von Papst Franziskus, der auch weltweit gelebt werden sollte, denn "wir haben auch in Österreich etwas davon, wenn beispielsweise der Amazonas intakt ist". Sie wünsche sich, dass die Kirche in Richtung der politischen Entscheidungsträger einwirke, die Jungschar tue dies zum Beispiel mit der Sternsingeraktion. "Wo gibt es Handlungsbedarf? Ich denke hier ist das Manifest auch noch mal eine gute Möglichkeit das Thema breit darzustellen", so die Jungschar-Geschäftsführerin.
Rasante Trendwende gefordert
Auch Naturschützer schlagen angesichts des rasanten Artensterbens Alarm. "Weltweit sterben jeden Tag 150 Tier- und Pflanzenarten aus. Allein in Österreich sind 39 Prozent aller Tierarten gefährdet, jedes zweite Wirbeltier ist bedroht. Wenn wir jetzt nicht eine rasante und nachhaltige Trendwende einleiten, verlieren wir viel mehr als die bunte Vielfalt - wir verlieren unsere Lebensgrundlage", warnte bei dem Pressegespräch Greenpeace-Wirtschaftsexpertin Ursula Bittner. Die Organisationen fordern deshalb, "dass Energieversorgung, Verkehr, Landwirtschaft, Handel und Fischerei so gestaltet werden, dass Artenvielfalt gefördert wird und Ökosysteme intakt bleiben". Beispielsweise sei dringend ein "starkes Waldschutz- und Lieferkettengesetz" nötig, so die Expertin.
Die nächsten Monate würden für die Zukunft der Artenvielfalt entscheidend sein, zeigte sich Bittner überzeugt; schließlich diskutiere die internationale Staatengemeinschaft im Rahmen der CBD die globalen Biodiversitätsziele für die Dekade bis 2030..
Der massive Artenverlust sei das Ergebnis von verfehlter nationaler und internationaler Wirtschafts-, Agrar- und Handelspolitik, kritisierte Alexandra Strickner von Attac Österreich. Statt konsequenter gesetzlicher Vorgaben sei bisher "schon zu lange auf falsche Maßnahmen wie Zertifizierungen gesetzt" worden. Dabei gelte jedoch, dass Lebensräume und die Artenvielfalt sind nicht "durch eine Art Ablasshandel ersetz- und austauschbar" wären. Bei der kommenden UN-Biodiversitätskonferenz sei Österreich daher gefordert, gemeinsam mit den anderen Staaten "dieser Scheinlösung eine klare Absage zu erteilen".
Die weithin unterschätzte Bedeutung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft hob Franziskus Forster von der Berg- und Kleinbauernvereinigung - Via Campesina Austria. hervor. Die Kleinbauern hätten die "Schlüsselrolle" für die Sicherstellung der Welternährung in Zukunft sowie auch für den nachhaltigen Erhalt der Biodiversität. Diese könnten sie aber nur dann wahrnehmen, wenn die Existenzgrundlagen und die Rechte der Kleinbauern und Kleinbäuerinnen auch gesichert sind. "Die UN-Deklaration für die kleinbäuerlichen Rechte ist die menschenrechtliche Basis für die notwendige agrarökologische Wende. Wir fordern ihre Verankerung in der Biodiversitätspolitik", sagte Forster.
Natur für künftige Generationen erhalten
"Die Politik muss endlich begreifen, dass die Klima- und Artenkrise eng miteinander verknüpft sind", forderte Philipp Laubender von der Protestbewegung "Fridays for Future". Rasche konkrete Maßnahmen müssten sicherstellen, "dass noch meine Generation eine lebenswerte Zukunft mit einer bunten Artenvielfalt erleben kann", so Laubender.
(Das "Manifest für mehr Biodiversität" zum Download: https://act.gp/Manifest)
Quelle: kathpress