Theologe: Tiersegnung zeigt Glauben an den Bund Gottes mit Tieren
Am Montag (4. Oktober) endet die fünfwöchige "Schöpfungszeit", in der die christlichen Kirchen auf die Dringlichkeit der Bewahrung der Schöpfung aufmerksam machen. Für den Südtiroler Moraltheologe und Tierethiker Martin M. Lintner bietet diese ökumenische begangene Zeit auch eine Gelegenheit, den menschlichen Umgang mit Tieren zu überdenken. Positiv äußerte sich Lintner im Interview mit Kathpress zu Tiersegnungen am und rund um den 4. Oktober: Es sei ein "guter und richtiger Brauch" und signalisiere, dass Tiere auch zur Schöpfung Gottes gehören und den Menschen von Gott anvertraut seien. Tiersegnungen seien zudem "Ausdruck des christlichen Glaubens, dass Gott mit Menschen und Tieren einen Bund geschlossen hat, mit Pflanzen nicht" (Gen 9,9-11, Hos 2,20-24).
Bei Tieren in der Landwirtschaft seien darüber hinaus die Bauern und Bäuerinnen von den Tieren abhängig, weshalb es wichtig sei, auf sie zu achten. Stelle man Haustiere unter den Segen Gottes, "wird die Verantwortung der Menschen für die Tiere damit unterstrichen", betonte der Brixener Professor. Immer wieder seien Tiere als Begegnungsort mit Gott beschrieben worden, schon im Alten und Neuen Testament. Und Papst Franziskus halte in "Laudato si'" fest: "Alle Lebewesen besitzen vor Gott einen Eigenwert und preisen und verherrlichen ihn durch ihr Dasein", so Lintner unter Bezug auf Nr. 69 im Dokument.
Es sei Jesus gewesen, der "neue Adam", der "in Frieden mit den wilden Tieren" gelebt habe (Mk 1,13). Psalm 104 ist für den Tierethiker "ein besonders eindrucksvolles und aussagekräftiges Zeugnis des Glaubens an diese liebende Fürsorge Gottes gegenüber den Tieren". Er bringe die "Freude Gottes an ihnen" zum Ausdruck. In Psalm 36,7 hilft Gott nicht nur den Menschen, sondern auch Tieren, erläuterte Lintner.
Hl. Franziskus als Vorbild
Wenn am 4. Oktober die kirchliche Schöpfungszeit ende, dann stehe das im Zusammenhang mit dem hl. Franz v. Assisi und seinem Gedenktag. Zudem werde an diesem Tag heuer der 90. Welttierschutztag begangen. Dieser ist seit 1931 international ein Aktionstag und gehe auf den Juden Heinrich Zimmermann zurück, erinnerte der Moraltheologe. Der heilige Franziskus habe als Vorbild nicht an Glanz verloren. Er habe zwar im "Sonnengesang" die Tiere nicht explizit genannt. Dennoch "hat er jedes Geschöpf als Schwester oder Bruder, als Geschwister, gesehen", so Lintner. Auch Legenden über die "Vogelpredigt" und die "Wolfszähmung" faszinieren viele Menschen bis heute.
Der 4. Oktober sei somit ein guter Anlass, "die Mensch-Tier-Beziehung in den Mittelpunkt zu rücken", gerade in Zeiten des Klimawandels. "Wissenschaftlich gesehen ist es eine Tatsache, dass Massentierhaltung große Auswirkungen auf den Klimawandel hat", erklärte Lintner. Insbesondere, wenn man alles betrachte, was damit verbunden sei, etwa bei der Produktion von der Abholzung der Regenwälder, bis zur Wahl des Futtermittels. Aus dieser ökologischen Perspektive halte er es für notwendig, die Produktion in Bezug auf Tiere neu zu denken.
Zudem sei es ein "Gebot der Stunde", den Fleischkonsum zu überdenken. Jene, die auf Fleisch verzichten können, würden mit einem Verzicht ein "prophetisches Zeichen" setzen, unterstrich der Südtiroler. Wenn es etwa aus unterschiedlichen Gründen nicht möglich ist, vollständig auf Fleisch zu verzichten, sei der Konsum aus Sicht des Tierethikers "verantwortbar, wenn man darauf achtet, woher es kommt und, wie es den Tieren geht".
Quelle: kathpress