Corona: Zusammenwirken von Staat und Kirchen hat sich bewährt
Das Zusammenwirken von Staat und Kirchen bzw. Religionsgemeinschaften hat sich in der Corona-Krise bewährt. In dieser Einschätzung waren sich Vertreter von Politik und Kirchen beim traditionellen ökumenischen Mittagessen einig, zu dem die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner am Dienstag ins St. Pöltner Landhaus geladen hatte. Kardinal Christoph Schönborn erinnerte daran, dass seit Ausbruch der Pandemie alle nötigen Schutzmaßnahmen "in Respekt vor unserer wechselseitigen Eigenständigkeit" mitgetragen würden. Gastgeberin Mikl-Leitner äußerte den Wunsch, Politik und Kirchen mögen auch in anderen Bereichen zusammenstehen, um "jene Werte zu pflegen, die ein friedliches Miteinander in der Gesellschaft ermöglichen".
Seitens der katholischen Kirche waren neben dem Wiener Erzbischof auch der St. Pöltner Bischof Alois Schwarz, die Wiener Weihbischöfe Franz Scharl und Stephan Turnovszky sowie die Äbte der Stifte in Niederösterreich der Einladung gefolgt. Die evangelisch-lutherische Kirche vertrat der niederösterreichische Superintendent Lars Müller-Marienburg.
Landeshauptfrau Mikl-Leitner nannte das ökumenische Mittagessen eine lange und gute Tradition, die durch die Pandemie leider unterbrochen worden sei. Zu deren Beendigung rief die VP-Politikerin erneut zu einem Schulterschluss auf: "Wir alle sind gefordert, Überzeugung zu leisten, dass sich Menschen impfen lassen, weil sich Impfverweigerer auch in allen Teilen der Gesellschaft finden."
Die Politik habe sich gegen die Folgen der Pandemie gestemmt - in vielem erfolgreich, wie die Landeshauptfrau hinwies: Durch die Kurzarbeit habe viel Arbeitslosigkeit verhindert werden können, jetzt gebe es wieder eine gute wirtschaftliche Entwicklung. Nichtsdestotrotz sei nach wie vor viel Unsicherheit zu spüren - auch im Blick auf den Klimawandel, die Zukunft der EU, Migration und Integration, wie Mikl-Leitner erklärte. Als bleibende Aufgabe bezeichnete sie es, sozial Schwache zu unterstützen.
Je mehr Verunsicherung herrsche, umso mehr Orientierung und Halt bräuchten die Menschen, betonte Mikl-Leitner. Die Zehn Gebote bezeichnete sie als wichtige ethische Leitlinien, die auch nach 3.000 Jahren nichts an Aktualität verloren hätten: "Wenn die Zehn Gebote und ihre Werte nicht mehr gelten, verliert die Gesellschaft ihre Grundlage, die sie zusammenhält."
Schönborn: Mut zu Schulden war richtig
Kardinal Schönborn erinnerte in seinem Statement an jenes Gespräch vom 13. März 2020 zwischen Bundesregierung und Religionsvertretern, in dem einmütig festgelegt worden sei, öffentliche Gottesdienste im Lockdown auszusetzen. Es sei ein Hoffnungszeichen, dass sich die gemeinsame Verantwortung von Staat und Kirchen in der Krise bewährt hätten.
Der Wiener Erzbischof dankte der Politik für das "mutige Risiko", die Corona-Krise durch massive finanzielle Unterstützung abzufedern. Schulden zu machen, um die Folgen der Pandemie für die Bevölkerung zu mildern, habe sich in dieser "extrem ernsten Situation" als erfolgreicher Weg erwiesen.
Alle Folgen der Krise seien längst noch nicht absehbar - ihre Auswirkungen für die Psyche, für Kinder, für Alte etc., wies Schönborn hin. Dennoch sei Dankbarkeit angebracht für die bewährten Institutionen der Gesellschaft "und vor allem für das grundlegende Vertrauen zueinander". Auch über Partei- und Religionsgrenzen hinweg sei der Weg zueinander gefunden worden. "Daher meine Bitte", so Schönborn: "Pflegen wir den Geist des Miteinanders, denn er ist nicht selbstverständlich, wie ein Blick in andere Länder zeigt."
Diese Bitte richte sich auch konkret an die Kirchen, denn gerade im Blick auf das Streitthema Migration bestehe die Gefahr gesellschaftlicher Gräben. Es brauche gelingende Integration, so der Kardinal. Die Kirche bemühe sich hier vor allem im Bildungsbereich, dass diese gelingt. Die Stifte und Pfarren nannte Schönborn ein "wunderbares Netzwerk im Land, das Menschen verbindet und ein gemeinsames Leben ermöglicht".
75 Jahre Superintendentur Niederösterreich
Superintendent Müller-Marienburg blickte auf das Jubiläumsjahr 2022 voraus, in dem die Superintendentur Niederösterreich 75 Jahre alt wird. Der Prolog erfolge dazu im Dezember 2021 mit der Evangelischen Generalsynode in St. Pölten. Am 23. Jänner folge ein Festgottesdienst in Baden, wo der erste Sitz der Superintendentur NÖ war. In St. Pölten werde weiters die neu renovierte Superintendentur eröffnet und im Herbst werde es eine Festsitzung der Superintendentialversammlung geben.
Mit Corona sei "Unvorstellbares Realität" geworden, erinnerte Müller-Marienburg an die gottesdienstlose Zeit. Dass die Pandemie ein "Katalysator für Digitalisierung" war, sehe er mit gemischten Gefühlen: Gleichzeitig habe man in der Kirche gesehen, dass Jugendliche nur real erreichbar sind.
Quelle: kathpress