Caritas pocht auf rasche Umsetzung des "Programm Kinderchancen"
Einen "positiven ersten Schritt" in der Bekämpfung von Kinderarmut sieht Caritas-Generalsekretärin Anna Parr im nun in Österreich startenden "Programm Kinderchancen". In einer Aussendung begrüßte Parr am Montag den Start der Umsetzung der EU-Kindergarantie, gleichzeitig rief sie angesichts hoher Armutsbetroffenheit bei Kindern, jedoch zu raschem Handeln und der Klärung der Finanzierungsfrage auf. In Österreich ist das Gesundheits- und Sozialministerium für die Koordination des EU-Programms verantwortlich.
Die EU-Mitgliedsstaaten hatten im Juni die entsprechenden Empfehlungen der EU-Kindergarantie angenommen. Das Programm läuft bis 2030, bis dahin soll sich die Situation für Kinder und Jugendliche merklich verbessert haben. Kinder sind in der EU die Gruppe, die am stärksten von Armut und sozialer Benachteiligung betroffen ist - fast ein Viertel ist armutsgefährdet.
"Es ist zu begrüßen, dass sich die Verantwortlichen damit zum Problem bekennen, dass wir auch in einem vergleichsweise reichen Land wie Österreich mit Kinderarmut konfrontiert sind. Immerhin ist jeder vierte armutsgefährdete Mensch in Österreich ein Kind", so Caritas-Generalsekretärin Parr:
291.000 Kinder und Jugendliche sind betroffen. Dass in den angesprochenen Bereichen Maßnahmen umgesetzt werden sollen, ist somit positiv. Doch es kommt jetzt vor allem auch auf rasches Handeln an.
Angesichts dessen, dass sich Armut auf alle Lebensbereiche der Kinder auswirke, appelliere die Caritas für einen breiten Ansatz, der neben monetären Leistungen auch Sachleistungskomponenten beinhaltet, so Parr: "Kinderarmut kann man nur bekämpfen, indem man an mehreren Schrauben gleichzeitig dreht. Erstens, an der finanziellen: Es muss sichergestellt sein, dass Familien auch in Notsituationen ausreichend Geld zum Leben haben". Es brauche unbedingt eine "armutsfeste" Ausgestaltung der Sozialhilfe. Außerdem sei es dringend notwendig, den "Familienbonus" auch für Familien mit kleinen Einkommen zugänglich zu machen - "denn in der derzeitigen Form ist der Familienbonus kein geeignetes Instrument in der Bekämpfung von Kinderarmut".
Zweitens sei ein starker Fokus auf Bildung notwendig, so Parr: "Wir wissen, dass Kinder, die keine ausreichende Bildung erhalten, auch im Alter von Armut betroffen sind. Bildung ist also eine ganz wichtige Armutsprävention und Bildung fängt bereits im Kindergarten an." Parr appelliert in diesem Zusammenhang für einen Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz und einen weiteren zügigen Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen. Außerdem fordert die Caritas seit vielen Jahren ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr.
Um die Zukunftschancen von Kindern und Jugendlichen langfristig zu verbessern, spricht sich die Generalsekretärin zudem für ein flächendeckendes Ausrollen des Chancen-Index für Schulen sowie für kostenlose Lernangebote aus: "Es braucht mehr Mittel, auch für den Ausbau von qualitativ hochwertigen, außerschulischen und kostenlosen Lernbetreuungsangeboten. In den Caritas-Lerncafés sehen wir, welche lebensverändernden Chancen kostenlose Nachhilfe und Begleitung darüber hinaus bergen. 96 Prozent der Kinder konnten durch die Unterstützung des Lerncafés das Schuljahr positiv abschließen. Jedoch warten rund 1000 Kinder auf einen Platz in einem Lerncafe."
Zuletzt wäre es notwendig, in die Gesundheit der Kinder zu investieren: "Wir wissen, dass armutsbetroffene Kinder öfter krank sind und sich vergleichsweise schlechter entwickeln. Das müssen wir mit konkreten Maßnahmen verhindern - angefangen bei gesundem Essen und der Möglichkeit, gratis an Freizeit- und Sportangeboten teilnehmen zu können bis zu einer ausreichenden Anzahl an Psychotherapieplätzen auf Krankenschein", so die Caritas-Generalsekretärin.
Finanzierung ist Voraussetzung für Erfolg
Für den Erfolg der Umsetzung der Kindergarantie sei jedenfalls die Finanzierungsfrage und die Einbindung aller Beteiligten entscheidend, so Parr: "Ernüchternd ist, dass noch kein eigenes Budget für die Umsetzung definiert wurde." Es sei zwar zu begrüßen, dass hier mehrere Ministerien zusammenarbeiten, aber es bedeute auch, dass jede Maßnahme vom jeweiligen Ressort finanziert werden müsse. Zu befürchten sei laut Parr, dass es für weitreichende, flächendeckende Maßnahmen im Kampf gegen Kinderarmut am Ende an den Ressourcen scheitern könnte.
"Als Caritas arbeiten wir seit Jahren mit strukturell benachteiligten Kindern und Jugendlichen, in den Familienberatungsstellen, der mobilen Familienberatung und den Lerncafés". Man kenne die Herausforderungen der Betroffenen und wisse um die Hürden: "Gerne stellen wir den beteiligten Verantwortlichen unsere Expertise zur Verfügung", so die Caritas Generalsekretärin abschließend.
Quelle: kathpress