Kirchenzeitungen mobilisieren ihre Leser für Corona-Schutzimpfung
An den zuletzt immer dringlicheren Aufrufen für die Teilnahmen an der Corona-Schutzimpfung beteiligen sich auch die katholischen Kirchenzeitungen. So gut wie alle diözesanen Blätter thematisieren mit Leitartikeln und Kolumnen die stagnierende Impfbereitschaft teils mit freundlichen Hinweisen auf die Wirksamkeit und Vorzüge der Immunisierung auf Einzel- und Gesellschaftsebene, teils jedoch auch mit Forderungen nach strengeren Konsequenzen für Ungeimpfte. Das zeigt ein Blick auf die aktuellen bzw. letzten Ausgaben der katholischen Wochenzeitungen. Hintergrund dafür ist die unter dem EU-Durchschnitt liegende Impfquote in Österreich, die aktuell bei 62 Prozent (bzw. Vollimmunisierung 59,6 Prozent) liegt.
Im Kärntner "Sonntag" (9. September) schrieb Chefredakteur Gerald Heschl von einem "Akt der Solidarität". Er sei dankbar für die Segnungen von Medizin und Pharmazie, und die rasche und erfolgreiche Reaktion auf Erregerkrankheiten halte er für "immens erfreulich" trotz aller Unwägbarkeiten. Auch wenn nicht alles perfekt sei und ihm bewusst sei, "dass mich die Impfung nicht immun macht und ich angesteckt werden kann", stehe für ihn fest: "Dass die Krankheit dann [mit Impfung] leichter ausfällt und dass ich vor allem nicht nur mich, sondern meine Familie, Kollegen und Freunde schütze" - was für ihn dieselbe "eigentlich zur solidarischen Selbstverständlichkeit" mache.
"Warum sollte diese Impfung kein Geschenk Gottes sein?" fragte im "Martinus" (8. September) Bischofsvikar Karl Schauer. Er halte die Vorgabe im Vatikan, dass sich dortige Angestellte einer Impfverpflichtung nicht entziehen dürfen, für einen denkbaren "Maßstab für alle Kirchenbediensteten", so der nun in der Diözese Eisenstadt tätige frühere Mariazeller Superior. Jeder Geimpfte schütze sich selbst und andere, womit er einen "Dienst der Nächstenliebe" vollbringe. Gefährlich seien hingegen "die Verschwörungstheoretiker, die meinen, dass sie aus christlichem Geist handeln".
Nach den Hintergründen der Impfressentiments fragte Monika Slouk in den Medien der Kirchenzeitungs-Kooperationsredaktion. "Welche geheimen Mächte profitieren eigentlich davon, dass sie so viele vom Impfen abhalten", ist in den aktuellen Ausgaben vom 9. September zu lesen. Viele Menschen würden nichts sehnlicher wünschen als dass Corona der Vergangenheit angehöre - was angesichts der immer neuen in anderen Ländern auftauchenden Virusvarianten jedoch global noch länger nicht zutreffen werde. Dem Umstand, dass auch im mit medizinischem Höchststandard gesegneten Österreich die Verbreitung wachse und die Intensivbetten belegt seien, berechtige jedoch weder zur "Schwarzmalerei" noch zur "Wurstigkeit". Beide seien "Verbündete des Virus", so die Redaktionsleiterin.
Ungeimpfte sollen länger warten
Wiederholt und vehement für die Impfung hatte sich schon im Sommer der Chefredakteur des burgenländischen "Martinus", Franz Josef Rupprecht, ausgesprochen. "Die zugespitzte Frage könnte demgemäß so lauten: Jahrelang weiter ständig testen gehen, fallweise die ganze Nation oder Teile in Lockdowns zu schicken und die öffentlichen wie privaten Debatten weiterhin nur um 'das eine' Thema kreisen zu lassen. Oder jenen, die ohne medizinische Notwendigkeit auf die Impfung verzichten, zu sagen: 'Wenn es Euch trifft und es hart auf hart geht, dann steht Ihr bei den Intensivbetten nur auf einer Warteliste'", so sein bereits auf die Ausgabe vom 11. August datierender Vorschlag.
Zwei Wochen später (25. August) meldete sich Rupprecht erneut mit einem "ceterum censeo" in gleicher Materie: Er plädiere dafür, "das Bekenntnis der Impfgegner echt ernst zu nehmen. Sie entscheiden sich (wenn sie keine gesundheitlichen Gründe haben) mit ihrer Haltung gegen die Segnungen der modernen Medizin. Das soll ihr gutes Recht sein!" Aber wer A sage, müsse dann auch B sagen: "Wenn es auf Intensivstationen zu Engpässen kommt, dann dürfen sie sich nicht wundern, wenn die Gesellschaft sich dazu entschließt, sie erst in zweiter Reihe dort aufzunehmen, denn sie haben ihren Selbstschutz gröblich vernachlässigt."
Über die Entscheidung von Eltern für oder gegen eine Impfung ihrer Kinder gegen Covid-19 schrieb im "Vorarlberger Kirchenblatt" (2. September) Karin Schindler-Bitschnau. Grundsätzlich sei diese Entscheidung - und die Überlegung, ob das Risiko einer Ansteckung oder der Impf-Nebenwirkung größer sei - eine schwierige, auch sei eine Diskriminierung von Kindern im Falle eines Nicht-Impfens vorstellbar. Das Plädoyer der Religionslehrerin: "Alle Kinder sind gleich. Das ist ein grundlegendes Kinderrecht. Kinder tragen die Entscheidungen ihrer Eltern mit, ob sie wollen oder nicht. In den Schulen werden wir im Herbst vor der großen Aufgabe stehen, hier keinerlei Diskriminierung zu erlauben, besonders in dem Fall, dass eine Gruppe von Kindern Maske tragen muss und die andere nicht."
Aus globaler Sicht "Luxusprobleme"
Jenseits der Landesgrenzen machte im Südtiroler "Katholischen Sonntagsblatt" (11. August) Hans Karl Peterlini erneut auf fehlenden Solidarität aufmerksam - allerdings auf globaler Ebene. Die Debatte um eine drohende "Zweiklassengesellschaft" mit privilegierten Geimpften und vom Ausschluss in vielen Bereichen bedrohten Nichtgeimpften sei ein "Luxusproblem", denn: "Sorgen bereiten sollten uns weniger die 40 Prozent Nicht-Geimpften in Europa als vielmehr die 99 Prozent Ungeschützten in Asien und Afrika. Wo weder Tests noch Impfstoffe da sind, um sich darüber zu streiten, tötet das Virus ungehemmt. Und ungehemmt können sich neue Varianten bilden, gegen die bald vielleicht kein Impfstoff mehr hilft", schrieb Peterlini.
Der reiche Teil der Welt habe, "im Eifer, sich selbst zu schützen, wohl ein paar Impfalmosen verteilt, das meiste aber für sich behalten". Hoffnungen auf Lerneffekte durch Corona hätten sich nicht erfüllt, denn statt internationaler Solidarität sei die Realität doch viel eher von nationalem Egoismus und Turbowachstum gezeichnet. "Shoppen, Reisen und Massenereignisse müssen wieder unseren inneren Hunger stillen", so der Südtiroler Journalist.
Quelle: Kathpress