IMABE zu Suizidprävention: Hilfe zum Leben statt Suizidassistenz
Suizidgefährdete Menschen brauchen Hilfe zum Leben, nicht Assistenz zur Tötung: Das hat die Wiener Ethikerin Susanne Kummer in einer Stellungnahme zum am Freitag begangenen Welttag für Suizidprävention hervorgehoben. Wer keinen Sinn mehr im Leben sieht, sich als Last fühlt und in einer existenziellen Krise keinen anderen Ausweg mehr wahrnimmt, als sich das Leben zu nehmen, brauche ein "heilsames Gegenüber, jemand, der Nöte ernst nimmt und lebensbejahende Auswege aufzeigt, anstatt sich mit Suizidgedanken zu solidarisieren", so die Geschäftsführerin des kirchlichen Bioethikinstituts IMABE, das soeben zwei Dossiers zum aktuellen Sterbehilfe-Duskurs publiziert hat.
Suizid ist eine der häufigsten Todesursachen weltweit. Im Jahr 2020 nahmen sich in Österreich 1.072 Personen das Leben - das entspricht drei Personen pro Tag und bedeutet mehr als 2,5mal so viele Suizide wie Verkehrstote. Suizidgefährdet sind insbesondere ältere Menschen: Mehr als ein Drittel aller Suizide in Österreich entfallen auf Menschen über 65 Jahre. Suizide gehörten zu den "wichtigsten vermeidbaren Todesursachen", verwies Kummer auf die Ergebnisse der Suizidforschung. Bekannt sei auch, dass bis zu 90 Prozent der vollendeten Suizide im Zusammenhang mit Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen stehen. In der Gruppe der Senioren spielten unentdeckte Altersdepressionen eine große Rolle.
Diese Fakten gelte es auch bei der Ausformulierung der Gesetzesregelung für die Unterstützung beim Suizid durch Dritte (Suizidassistenz), die in Österreich ab 1. Jänner 2022 unter noch zu klärenden Bedingungen möglich sein wird, zu beachten. Denn letztlich bedeute Beihilfe zum Suizid "keine Ermöglichung von Selbstbestimmung, sondern de facto Fremdbestimmung durch unterlassene Hilfeleistung in der Sackgasse der Verzweiflung", so die Wiener Ethikerin, und weiter: "Wer die Hand zur Tötung reicht, zeigt sich nicht solidarisch mit dem Kranken, Verzweifelten oder Einsamen, sondern lässt ihn mit seinen Nöten alleine - ein Verhalten, das den Erkenntnissen aus der Suizidforschung eklatant widerspricht". Der Gesetzgeber sei daher dringend aufgefordert, neue und weitgehendere Konzepte vorzulegen, wie man Suiziden vorbeugen kann.
Kummers Bioethik-Institut hat aus aktuellem Anlass mit zwei "IMABE-Infos" zur Sterbehilfe-Debatte veröffentlicht. Bei einem geht (Ausgabe 3/21) es um eine kritische Analyse zur Rolle der Ärzte in der Suizidbeihilfe, die Ambivalenz von Suizidwünschen, die Rolle des Staates sowie gesamtgesellschaftliche Folgen von Tötung auf Verlangen/Beihilfe zum Suizid im internationalen Vergleich. In einem weiteren Themendossier geht es um ethische Aspekte der Behandlung am Lebensende, wobei Fragen wie Übertherapie am Lebensende, Schmerzlinderung oder Palliative Sedierung angesprochen werden. Auch eine ethische Differenzierung zwischen Sterben Zulassen, Palliative Care und Beihilfe zur Selbsttötung/Tötung auf Verlangen wird dabei vorgenommen.
Eine weitere Publikation zur Debatte ist ein bereits vorab publizierter Beitrag der Zeitschrift "Imago Hominis", bei dem es um das von den Suizidbeihilfe-Befürwortern vor allem verwendete Autonomie-Argument geht. Der Philosoph, Theologe und Jesuit Stefan Hofmann unterzieht den Begriff einer kritischen Analyse. Sein Fazit: Das Hauptaugenmerk des Gesetzgebers im pluralen Staat müsse in Hinblick auf Menschen mit suizidalen Wünschen klar in der Suizidprävention und im Ausbau der Palliativangebote liegen. Der Eindruck "qualitätsgeprüfter" Normalität des Suizids sollte unbedingt vermieden werden, so Hofmann. (Link: www.imabe.org)
Quelle: kathpress