"Moria brennt noch": Kirchen fordern Rettung aus Flüchtlingscamps
Exakt ein Jahr nach dem Brand von im Flüchtlingscamp Moria auf der Insel Lesbos sitzen nach wie vor tausende Menschen in griechischen "Elendslagern" fest. Mit einem offenen Brief und einer Mahnwache am Donnerstag vor dem Bundeskanzleramt erneuerten Caritas, Diakonie, "Ärzte ohne Grenzen" und die Initiative "Courage - Mut zur Menschlichkeit" ihre Forderung an die Bundesregierung, Verantwortung zu übernehmen und die bisherige Position zur Aufnahme Schutzsuchender aus Griechenland zu überdenken. Denn "Moria brennt noch", wie es hieß. Trotz versprochener "Hilfe vor Ort" habe sich die Lage so gut wie nicht gebessert. Mit einem symbolischen Feuer wurde an weitere Grundrechtsverletzungen erinnert. Prominente Unterstützung kam von Schauspieler Cornelius Obonya als Vertreter von "Courage".
Die Kirchen in Österreich setzen sich seit langem für einen menschenwürdigeren Umgang mit in Griechenland gestrandeten Flüchtlingen ein. Es müsse um beides gehen - um wirksame Hilfe vor Ort und die Evakuierung von Menschen, die an Leib und Leben bedroht sind, betonte Daniela Pamminger, Leiterin der Katastrophenhilfe der Caritas Österreich. "Das Recht auf Asyl in Europa muss weiterhin gewährleistet werden. Schließlich behaupten wir noch immer, die EU sei ein Menschenrechtspakt", sagte Pamminger. Sie forderte eine "nachhaltige und menschenrechtskonforme Ausgestaltung der Asyl- und Migrationspolitik".
Die Namen der Camps hätten sich geändert, die Zustände nicht, hieß es. Es sei unverständlich, warum Menschen in der Europäischen Union im 21. Jahrhundert in Zelten ohne Strom wohnen müssen. Flüchtlinge menschenwürdig unterzubringen, sei eine Frage des Willens und der "Solidarität im Weltmaßstab, nicht nur für den Hausgebrauch". Die Zustände in griechischen Flüchtlingslagern seien so verheerend, dass die Katastrophenhilfe der Caritas dort immer noch tätig ist, obwohl das EU-Mitgliedsland kein klassisches Schwerpunktland der Katastrophenhilfe im Ausland sei, wie Pamminger im Interview mit der Nachrichtenagentur Kathpress betonte: "Ich kenne Flüchtlingscamps in Burundi, wo die Zustände ähnlich sind."
EU-Recht in Griechenland "täglich gebrochen"
Auch die Diakonie sieht "keinen Grund, warum schutzsuchende Menschen in Griechenland anders untergebracht werden sollten, als in Österreich oder Deutschland", sagte der Diakonie-Experte für Asyl und Menschenrechte, Christoph Riedl. In der gesamten Europäischen Union würde dasselbe Recht gelten. "Dieses Recht wird in Griechenland täglich gebrochen", betonte Riedl.
Schauspieler Cornelius Obonya verwies auf die "überwältigende Solidarität mit Geflüchteten und eine große Hilfsbereitschaft" in Österreich. "Wir wollen wirklich helfen! Wir lassen die Menschenwürde nicht in den Flammen von Moria verbrennen. Auch ein Jahr danach nicht. Lassen Sie uns helfen", rief er in Richtung der Regierenden. Obonya erinnerte an die "Landkarte der sicheren Plätze in Österreich", die klar aufzeige: "Wir haben Platz für Menschen aus Moria."
Der Mime zitierte auch den Heiligen Augustinus: "So etwas Schlimmes kann ich meinem Nächsten gar nicht antun, dass das schlimmer wäre als die Zerstörung, die ich dabei in meinem eigenen Herzen anrichte." Obonya erklärte dazu, "wenn wir Menschenrechte nicht mehr achten, verlieren wir die Achtung vor uns selbst".
Suizidversuche auch von Kindern
Laura Leyser, Geschäftsführerin von "Ärzte ohne Grenzen Österreich", sagte, "die Flammen in Moria mögen erloschen sein, doch das Leid in den griechischen Elendslagern lodert weiter." Die Notlage auf den griechischen Inseln halte bereits seit fünf Jahren an. "Die Lebensumstände sind akut gesundheitsgefährdend: Unsere Teams berichten von gravierenden medizinischen und psychologischen Folgen für die Patientinnen und Patienten."
Von 1.369 Menschen, die 2019 und 2020 in den Kliniken von "Ärzte ohne Grenzen" auf Chios, Lesbos und Samos psychologisch betreuen mussten, hätten 180 Selbstverletzungen oder Suizidversuche hinter sich gehabt. "Zwei Drittel waren Kinder - das jüngste war erst sechs Jahre alt. Als Hauptgrund nannten die Betroffenen ihre Lebensumstände und die ständige Angst, in der sie lebten", berichtete Leyser. (Kurzlink zum offenen Brief: https://bit.ly/3E8HrCa)
Quelle: kathpress