Caritas fordert rasche Umsetzung einer umfassenden Pflegeform
Keine weiteren Ankündigungen, Versprechungen oder Applaus mehr, sondern eine umfassende Pflegereform, die so schnell wie möglich angegangen wird - das forderte die Caritas bei einer Pressekonferenz am Mittwochvormittag im Caritas-Pflegehaus Schönbrunn in Wien. "Nach Jahren der Ankündigungen, nach eineinhalb Jahren Pandemie und im Angesicht des sich zuspitzenden Pflegenotstands sagen wir heute: Papier ist geduldig. Aber die Pflege ist es nicht. Der Pflegenotstand ist längst Realität", betonte Caritas-Präsident Michael Landau.
Es brauche dringend eine umfassende Reform der Pflege in Österreich, um "im Alltag der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, der Betreiber von Einrichtungen und nicht zuletzt im Alltag der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen eine Verbesserung zu erreichen", so Landau. Man könne nicht weitere 15 Jahre warten ohne nennenswerter Verbesserungen im Pflegebereich, verwies Landau auf "die vielen Ankündigungen, Strategiepapiere, Presseaussendungen und Regierungsprogramme der letzten Jahre, die allesamt ergebnislos blieben". Die großen Pflege-Trägerorganisationen hätten immer wieder Signale ausgesendet und ihren Beitrag geleistet, "jetzt sind der Bund und die Länder gefordert, tragfähige Lösungen zu finden", betonte der Caritas-Präsident die Dringlichkeit der Situation.
Mehrere hundert offene Stellen
Dass der Pflegenotstand in Österreich längst Realität ist, bekräftigte Caritas-Generalsekretärin Anna Parr: "Mehrere hundert offene Stellen in den Pflegeeinrichtungen der Caritas können aktuell nicht besetzt werden. In Niederösterreich mussten in der mobilen Pflege deshalb 2020 an die tausend neue Klienten abgewiesen werden - die jedoch dringend Pflege und Betreuung bräuchten. In Kärnten kam es in einer stationären Einrichtung bereits zum Aufnahmestopp von Bewohnern", so Parr die beteuerte, dass die Betten zwar da wären, diese aber nicht vergeben werden können. "Es fehlt schlicht an Personal und Abstriche in der Qualität sind keine Option."
"Eine Pflegereform steht und fällt damit, ob es gelingt, den Pflegeberuf endlich attraktiver zu gestalten", so Parr. "Es braucht ein umfassendes Bündel an Maßnahmen und zwar jetzt." Zum einen müsse der Einstieg in den Pflegeberuf durch unterschiedlichste Ausbildungswege möglich sein - für junge Menschen, berufsbegleitend und auch für potenzielle Quereinsteiger. Und zum anderen müssten Ausbildungskosten abgeschafft werden. Was für angehende Polizisten längst Normalität ist, müsse auch für die Pflegekräfte von morgen möglich sein: "Ein Ende von Schulgeld und Studiengebühren und stattdessen finanzielle Unterstützung bei der Deckung der Lebenshaltungskosten." Außerdem wäre es wichtig, den Berufseinstieg für ausländisches Personal zu erleichtern, ergänzte Parr.
"Dass es bis 2030 zusätzlich 100.000 Pflegekräfte braucht, ist bekannt. Und aus unseren Pflegewohnhäusern können wir ergänzen: Rund ein Fünftel der heute aktiven Pflege- und Betreuungskräfte gehen spätestens in zehn Jahren in Pension", betonte der geschäftsführende Caritasdirektor der Erzdiözese Wien, Klaus Schwertner. Zudem sei davon auszugehen, dass der derzeit wichtigste Pflegedienst Österreichs - die pflegenden Angehörigen - in den nächsten Jahren rückläufig sein wird. "Allein ein Rückgang von 10 Prozent bei den pflegenden Angehörigen bedeutet, dass nach Schätzungen zusätzliche 20.000 Pflege- und Betreuungskräfte gebraucht werden", so Schwertner.
Praxisbeispiele zeigen Pflegenotstand
Dass sich der Pflegenotstand längst auf den Berufsalltag der Pflegefachkräfte auswirkt, zeigten Beispiele aus der Praxis: So berichtete Birgit Poier, Direktorin der Pflegeschulen der Caritas Steiermark, von fehlenden Ausbildungsmöglichkeiten sowie bestehenden Hürden, sich für den Weg in den Pflegeberuf zu entscheiden. Barbara Riegler, eine Pflegefachkraft aus Niederösterreich, erzählte außerdem vom Zusatzaufwand der Mitarbeiter durch die Pandemie und den auch schon vor der Pandemie bestehenden enormen Belastungen im Arbeitsalltag.
"Die Regierung muss jetzt liefern"
"Unser Pflegesystem wird bald selbst zum Pflegenotfall werden, wenn uns die Reform nicht rasch gelingt", betonte Caritas-Präsident Landau abschließend. Es sei klar, dass die Verantwortung zur politischen Umsetzung nicht allein beim Gesundheits- und Sozialminister liege. Vielmehr brauche es die gemeinsame Anstrengung des Gesundheits-, des Arbeits-, des Bildungs- und natürlich auch des Finanzministeriums. Gleichzeitig müssten neben der Bundesregierung auch die Länder ihre Verantwortung wahrnehmen, forderte Landau: "Ein Pflegegipfel, bei dem gemeinsam Priorisierungen vorgenommen, Arbeitsaufträge und ein Stufenplan zur Umsetzung vereinbart werden - das wäre ein Weg. Als Caritas sind wir jedenfalls bereit, einen Beitrag zu leisten."
(Offene Stellen in der Pflege: www.caritas-pflege.at/jobs)
Quelle: kathpress