Der neue Ethikunterricht startet am 6. September
Ab Herbst 2021 gibt es für jene Schülerinnen und Schüler ab der 9. Schulstufe, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, einen verpflichtenden Ethikunterricht im Ausmaß von zwei Wochenstunden. Ethikunterricht gibt es somit künftig für alle, die sich vom Religionsunterricht abmelden oder diesen wegen Konfessionslosigkeit nicht besuchen. Das neue alternative Pflichtfach wird in den Oberstufen von Allgemeinbildenden Höheren Schulen (AHS) und Berufsbildenden Mittleren und Höheren Schulen (BMHS) aufsteigend in den kommenden Jahren implementiert.
Das bedeutet, dass der Ethikunterricht mit dem beginnenden Schuljahr vorerst nur für Schüler der 9. Schulstufe angeboten wird. Im Endausbau soll das Fach ab dem Schuljahr 2025/2026 dann in der gesamten Oberstufe eingeführt sein. Erst danach wird der Ethikunterricht in der Unterstufe schrittweise eingeführt: So sieht es der Beschluss zum Ethikunterricht des Nationalrates vom 20. November 2020 und das daraus hervorgegangene Rundschreiben des Bildungsministeriums (5/2021) vor.
Der Schulversuch Ethik, den Schulen seit dem Schuljahr 1997/98 freiwillig anbieten konnten, läuft aus. Die Schulen haben meist intern für die Lehrfächerverteilung im Mai eine Erhebung durchgeführt, in der die Schülerinnen und Schüler ihre (unverbindliche) Fächerwahl für das anstehende bekannt geben sollten. Eine verbindliche Abmeldung vom Religionsunterricht, und somit seit heuer Anmeldung zum Ethikunterricht, kann laut Religionsunterrichtsgesetz erst in der ersten Schulwoche stattfinden.
Nachdem die westlichen Bundesländer erst eine Woche nach dem Osten das Schuljahr beginnen, wird erst Mitte September feststehen, wie viele Schülerinnen und Schüler der fünften Klasse österreichweit den neuen Ethikunterricht besuchen. Es gibt auch weiterhin für Schülerinnen und Schüler ohne religiösem Bekenntnis die Möglichkeit der Anmeldung zum Religionsunterricht. Erfolgt eine solche nicht, sind die Betreffenden automatisch für den Ethikunterricht angemeldet. Erfolgt hingegen die Anmeldung zu Religionsunterricht, ist dieser für die betreffenden Schüler weiterhin ein Freigegenstand, aber mit gleicher Rechtswirkung, als ob es ein Pflichtgegenstand wäre.
Kritik für die Einführung des Ethikunterrichts als "Ersatzfach" für Religion gab es im Vorfeld unter anderem von den Initiatoren eines Volksbegehrens mit dem Titel "Ethik für alle". Bildungsminister Heinz Faßmann ist hingegen für eine Art Verflechtung der beiden Fächer. Bereits am 7. Juni unterzeichnete er gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der heimischen Kirchen und Religionsgemeinschaften eine Erklärung, wonach ethische Themen auch im Religionsunterricht besondere Relevanz haben. Das ist freilich ohnehin schon längst der Fall. "Mir persönlich ist es wichtig, dass alle Schüler mit ethischen Fragen konfrontiert werden", so Faßmann damals. Es sei angedacht, die beiden Fächer jeweils parallel stattfinden zu lassen, sodass "Spielraum für Kooperationen wie gemeinsamen Projekten und Exkursionen" entstehe, erklärte der Minister.
Ob die geplante Parallelführung der Fächer im Stundenplan funktionieren wird, wird sich erst zeigen, wenn die tatsächlichen Stundenzahlen in der zweiten Schulwoche feststehen. Eine besondere organisatorische Herausforderung wird es für die Schulen auf jeden Fall. Schon bisher war es in vielen Schulen nicht möglich, beispielsweise den katholischen und evangelischen Religionsunterricht parallel laufen zu lassen, da für den evangelischen Unterricht oft Klassen zusammengefasst und der Unterricht am Nachmittag abgehalten werden musste.
Bischof Wilhelm Krautwaschl, in der Österreichischen Bischofskonferenz für Bildungs- bzw. Schulfragen zuständig, betonte zuletzt, dass die Katholische Kirche den Ethikunterricht begrüße, "weil nunmehr allen Schülerinnen und Schülern ethische Bildung ermöglicht wird". Damit sei gewährleistet, "dass niemand die Schule ohne ethisches Fundament verlässt und zugleich, dass alle in ihren Lebensidealen ernst genommen werden". Der Ethikunterricht sei keine Konkurrenz zum Religionsunterricht, "sondern zielt auf kontinuierliche Kooperationen ab", zeigte sich Krautwaschl überzeugt. Nachsatz: "Dass es nun Ethik- und Religionsunterricht gibt, entspricht am besten dem demokratischen Verständnis unserer aufgeklärten Gesellschaft."
Quelle: kathpress