Bischof Elbs: Alles tun für Unterstützung aufgeklärter Muslime
Angesichts der Situation in Afghanistan trifft die Katholische Kirche in Vorarlberg bereits Vorkehrungen, mögliche Flüchtlinge aufzunehmen. Der Feldkircher Bischof Benno Elbs hat alle Pfarrgemeinden angeschrieben, um Optionen für konkrete Hilfe auszuloten, wie er im Interview mit den "Vorarlberger Nachrichten" (Donnerstag) bestätigte. Zugleich rief der Bischof im Interview die Regierung auf, "alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um den betroffenen Menschen zu helfen". Das Beispiel Afghanistan bzw. die Taliban würde auch einmal mehr zeigen, wie notwendig es sei, aufgeklärte Muslime zu unterstützen.
Elbs: "Eines muss gesagt werden: Es geht nicht ohne den Islam. Der Islam ist Teil der Lösung." Die entscheidende Frage werde sein, wer sich in der islamischen Welt durchsetzt. "Wir müssen alle alles tun, damit die aufgeklärten Muslime, die die Trennung von irdischem und göttlichem Gesetz als Bedingung für Demokratie, Freiheit und Menschenrechte akzeptieren, Unterstützung erhalten", appellierte der Bischof an die internationale Gemeinschaft.
Das Problem Afghanistan lasse sich nicht von außen lösen. "Es geht nur mit den Menschen, die dort sind, und da spielt der Islam die Schlüsselrolle", so Elbs. Gleichzeitig werde es den Dialog mit jenen brauchen, die an der Macht sind, brauchen. Elbs: "Das wird viel Sensibilität erfordern, vor allem aber, und das lebt Papst Franziskus vor, großen Respekt auch jenen gegenüber, die anders denken."
Die aktuellen Bilder aus Afghanistan seien erschütternd. "Zugleich erinnern sie uns als internationale Gemeinschaft aber auch an unsere Verantwortung, die wir gegenüber den Menschen in Afghanistan haben", betonte der Bischof. Er erinnerte an die jüngste Enzyklika von Papst Franziskus "Fratelli tutti", in der dieser den Gedanken der einen Menschheitsfamilie sowie die unabdingbaren Werte menschlicher Geschwisterlichkeit betont. Elbs: "Diese Geschwisterlichkeit gilt es jetzt international zu leben. Niemand - keine Einzelpersonen, keine Kultur und kein Volk - darf von Solidarität und Nächstenliebe ausgeschlossen werden." Dies beinhalte u.a., dass der Westen in dem verbleibenden Zeitfenster "noch retten muss, was zu retten ist. Alle anderen Fragen stellen sich danach."
Angesichts der humanitären Katastrophe in Afghanistan appelliere er an die politisch Verantwortlichen in Österreich, aber auch die internationale Gemeinschaft, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um den betroffenen Menschen zu helfen. "Wir brauchen jetzt entschiedenes Handeln, um Menschen vor drohender Folter und Hinrichtung zu schützen."
Kirche zu konkreter Hilfe bereit
Wie auch schon in den vergangenen Jahren stehe die Kirche "selbstverständlich auch jetzt zur Verfügung, wo Unterstützung benötigt wird", hielt der Bischof fest. Man stehe für den Fall bereit, dass Menschen konkrete Hilfe brauchen. "Wir bereiten uns so vor, dass wir sagen können, wir können unser Möglichstes tun."
Vorarlberg habe grundsätzlich einen guten Umgang mit Geflüchteten, erinnerte der Bischof. Daran hätten Kirche, Caritas und Pfarrgemeinden einen sehr großen Anteil, ebenso die Zusammenarbeit mit der Landespolitik. "Es gibt diese Gastfreundschaft in den Herzen der Menschen. Wir können mit Quartieren, mit Unterstützung, mit Integration helfen", so Bischof Elbs.
Er sei überzeugt, "dass die Verantwortlichen auch bei uns sich der humanitären Verantwortung bewusst sind". Die Diskussionen um Abschiebungen halte er persönlich hingegen für eine "Scheindebatte, allein schon, weil sich die Frage derzeit gar nicht stellt".
OÖ: Aufruf ruft zur Rettung von Frauen
Besonders die Lage von Frauen in Afghanistan spitze sich dramatisch zu, erklärte auch die Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung in Oberösterreich, Paula Wintereder, am Donnerstag. Es sei eine "moralische Verpflichtung", in Österreich gezielt jenen Menschen Schutz anzubieten, die sich für demokratische Werte wie Gleichberechtigung, Menschenrechte und Zugang zu Bildung eingesetzt haben, forderte sie in einer Aussendung die Aufnahme von Journalistinnen, Richterinnen und Politikerinnen mit ihren Ehemännern und Kindern.
Österreich könne zwar nicht alle Flüchtlinge aufnehmen, aber einen "Beitrag leisten und das uns Mögliche tun", so Wintereder. Auch Familienangehörige von bereits hier lebenden Afghanens sollten nach Österreich kommen können.
Bei einem diözesanen Aufruf hätten schon mehr als 100 Pfarrgemeinden zurückgemeldet, Wohnraum zur Verfügung stellen zu können. "Wir appellieren an die Bundesregierung, auf die Hilfsbereitschaft dieser Bürgerinnen und Bürger zu setzen und nicht jenen das Wort zu reden, die für Angstmache und Abschottung stehen", sagte Wintereder.
Quelle: kathpress