Orden und Vereine rufen zum Einsatz gegen Menschenhandel auf
Zum "Internationalen Tag gegen Menschenhandel" (30. Juli) weisen Ordensgemeinschaften und Vereine auf schwere Menschenrechtsverletzungen hin. Marianistenpater Hans Eidenberger von der Initiative "Aktiv gegen Menschenhandel - Aktiv für Menschenwürde in OÖ", berichtete am Mittwoch im Interview mit den Ordensgemeinschaften Österreich vom Problem Österreichs als Transit- und Zielland dieser "modernen Sklaverei". Die Bekämpfung auf internationaler Ebene forderte "Jugend Eine Welt"-Geschäftsführer Reinhard Heiserer in einer Aussendung. Die Hilfsorganisation lenkte den Blick auf Armut, die Kinder zu Opfern von Menschenhandel mache. Mit #CareAgainstTrafficking wollen rund 3.000 Menschen um das Netzwerk "Talita Kum" Zugang zu Bildung, Arbeit, Justiz und Gesundheitsversorgung für Betroffene.
Eidenberger machte deutlich, dass Menschenhandel ein weltweites Problem ist, das auch Österreich als Transit- und Zielland betrifft: Die Opfer werden, meist vom Osten Europas, über Österreich nach Deutschland, England, Spanien oder direkt nach Österreich gebracht. Nur, wenn alle drei Tatsachen aus der UN-"Palermo-Konvention" (2000) zutreffen, trete die Strafe gegen Menschenhandel in Kraft: Als Menschenhandel gelte, wenn Menschen in ein anderes Land gebracht werden, unter Vortäuschung falscher Tatsachen und zum Zweck der Ausbeutung. "Ganz schwer ist die Manipulation, die Täuschung in der Realität nachweisbar", sagte Eidenberger. Dabei laufe Menschenhandel oft nach dem gleichen Muster ab.
Jede und jeder sei zum Handeln aufgerufen: Konzerne könnten etwa auf eine gerechte Produktionskette, keine Ausbeutung und faire Arbeitsbedingungen achten. Persönlich rief er dazu auf, "die Würde einer jeden Person zu sehen. Sobald das geschieht, kaufe ich diese Person nicht". Würde impliziere Respekt und schaffe "Begegnung von Freiwilligkeit und Akzeptanz". "Solange Männer sich Frauen kaufen können, herrscht keine Geschlechtergerechtigkeit", ist er überzeugt. Meist kommen Frauen und Mädchen, Personen von "vulnerablen Gruppen", mit wenig Selbstwertgefühl und Bildung in vollkommene Abhängigkeit.
Moderne Sklaverei
Laut International Labour Organization (ILO) werden weltweit mit Menschenhandel 150 Milliarden Dollar Gewinn gemacht, davon 100 Milliarden Dollar in der Zwangsprostitution und 34 Milliarden im Bauwesen, Tendenz steigend. Neben ökonomischem Druck spielen traditionelle Rollenbilder und Gesellschaftsmodelle eine Rolle. "Es handelt sich um moderne Sklaverei", ist Eidenberger überzeugt: "Heute sind es in der Zwangsprostitution emotionale Ketten, die den Frauen angelegt werden, um sie in der Abhängigkeit zu halten." Ihre Familien würden oft nicht wissen, wenn sie in der Prostitution arbeitet.
Für Menschenwürde
Die Linzer Initiative wurde 2014 von der Salvatorianerin Sr. Maria Schlackl SDS gegründet und gehört zum Verein SOLWODI. Dieser betreibt in Wien ein Schutzhaus für zehn Frauen mit Kindern. Mit einer jährlichen Großveranstaltung am europäischen Tag gegen Menschenhandel (18. Oktober) setzt Schlackl auf Bewusstseinsbildung und das "Nordische Modell" als Vorbild: Entkriminalisierung von Sexarbeitenden, Ausstiegshilfen, kritische Auseinandersetzung in Schule und Bildung und Beweislastumkehr mit dem Bewusstsein, dass es sich um ein Männerproblem handelt. Zudem trägt die Initiative den von Papst Franziskus ins Leben gerufenen Weltgebetstag gegen Menschenhandel (8. Februar) mit.
Kinder in Gefahr
Die Hilfsorganisation "Jugend Eine Welt" lenkte den Blick in einer Aussendung auf zunehmende Armut, die Kinder gefährde, Opfer von Menschenhandel zu werden. Etwa ein Drittel aller Opfer, nämlich mehr als 1,2 Millionen, sind Kinder. Davon gehen Schätzungen von ILO und UNICEF aus. "Jugend Eine Welt" befürchtet eine Verschärfung dieser Situation durch die Pandemie. "Corona brachte einen Rückschlag bei der Bekämpfung von Armut", erklärte Reinhard Heiserer, Geschäftsführer der österreichischen Hilfsorganisation "Jugend Eine Welt". Kinder landen dann als Zwangsarbeiter und -arbeiterinnen auf Plantagen, in Minen oder in Haushalten, werden sexuell ausgebeutet und im Drogenhandel missbraucht.
Auch junge Menschen auf der Flucht seien gefährdet, berichtete die in Tunesien als Partnerin für "Jugend Eine Welt" tätige Don Bosco Schwester Maria Rohrer. "Viele, etwa aus der Elfenbeinküste, die hoffen, in Europa der Armut zu entkommen, werden von Menschenhändlern mit Arbeitsangeboten gelockt", erzählte Rohrer. Sie werden gezwungen, ihre vermeintlichen "Schulden" für die Reise abzuarbeiten. "Diese menschenverachtende Form der Kriminalität muss rigoros und auf internationaler Ebene bekämpft werden", betonte Heiserer. Neben der akuten Corona-Nothilfe brauche es langfristige Armutsbekämpfung. Denn armutsbetroffene Kinder seien "besonders gefährdet, Opfer von Menschenhandel zu werden".
#CareAgainstTrafficking
Rund 3.000 katholische Ordensfrauen und Unterstützer um das Netzwerk "Talita Kum" riefen vergangene Woche in Rom zum Einsatz gegen Menschenhandel auf. Alle Regierungen sollen Opfern von Menschenhandel Zugang zu Bildung, Arbeit, Justiz und Gesundheitsversorgung ermöglichen. Ziel sei es, die systemischen, oft wirtschaftlichen Gründe für Menschenhandel stärker und langfristiger zu bekämpfen. Postings und Banner mit #CareAgainstTrafficking sind auf Instagram, Facebook und Twitter zu finden.
Der Kampf gegen Menschenhandel war heuer auch ein Hauptthema bei der Frühjahrsvollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz. Menschenhandel sei eine "moderne Form der Sklaverei", eine "Schande für die Menschheit", "eines der schlimmsten Verbrechen und ein schmutziges Geschäft ungeheurer Größe", hielten die Bischöfe in einer Erklärung fest.
Quelle: kathpress