Graz-Seckau: Geldsorgen durch Corona und Demografie-Entwicklung
Die Corona-Krise, vor allem aber die demografische Entwicklung in der Steiermark bereiten der Diözese Graz-Seckau Geldsorgen. Das Corona-Jahr habe die katholische Kirche schwer getroffen, sagte Wirtschaftsdirektor Andreas Ehart laut einem Bericht der APA bei einem Hintergrundgespräch Donnerstagabend in Seggauberg. Trotz der staatlichen Zuschüsse an Non-Profit-Organisation habe 2020 erstmals mit einem negativen Ergebnis abgeschlossen werden müssen. Absehbar sei auch, dass die Zahl der steirischen Katholiken und damit der Kirchenbeitragszahlenden weiter zurückgeht. Ehart sprach von notwendigen Einsparungen von etwa 1,5 Millionen Euro pro Jahr in den kommenden zehn Jahren.
"Dank der Treue aller Beitragszahlenden, dank dem NPO-Fonds des Bundes, dank der engagierten Mitarbeit in der Katholischen Kirche Steiermark und mit einigen Maßnahmen konnte man die Finanzlage stabilisieren", ergänzte die Diözese am Freitag den ausführlichen APA-Bericht. Nach dem Krisenjahr 2020 habe man die Diözese wieder in ein ruhigeres Fahrwasser geführt, gleichzeitig werden Strategien zur längerfristigen Absicherung entworfen.
Der Grazer Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl stellte sich bei dem Pressegespräch hinter den Sparkurs, auch wenn mit Spannungen in den Pfarren zu rechnen sei. Angesichts der großen finanziellen Herausforderungen "muss man reinen Wein einschenken", zitierte die APA den Bischof. Krautwaschl halte es etwa für schwer möglich, dass angesichts der Pfarrmitglieder in Bruck an der Mur (wo die Bevölkerungsentwicklung seit 50 Jahren rückläufig ist) alle dort bestehenden Kirchen erhalten werden können.
Der Katholikenanteil an der steirischen Bevölkerung sank laut Andreas Ehart von knapp 75 Prozent im Jahr 2010 auf nunmehr knapp 65 Prozent - insgesamt rund 800.000 Menschen. Setze sich die Entwicklung fort, werden es 2030 nur noch 55 Prozent und um die 700.000 Katholiken sein. Das ist nach den Worten des Wirtschaftsdirektors "noch immer sagenhaft viel, aber der Anteil ist dann deutlich anders, als wir gewohnt sind". Die "Babyboomer"-Generation wechsle zunehmend in Pension oder scheide dahin, somit werde es ab 2030 einen "deutlichen Einbruch im Kirchenbeitragsaufkommen" geben.
Größte Posten: Personal und Gebäude
Derzeit lukriert die Diözese Graz-Seckau rund 73 Millionen Euro pro Jahr aus Kirchenbeitragseinnahmen, durch weitere Einnahmen wie öffentliche Gelder, Spenden und Erträge aus der Forstwirtschaft standen zuletzt um die 95 Millionen Euro an Gesamteinnahmen zur Verfügung. Damit müssen rund 2.000 Gebäude erhalten und auch rund 400 aktive und pensionierte Priester sowie mit Diakonen und Laienangestellten insgesamt rund 1.200 Mitarbeiter der Diözese versorgt werden. Hinzu kämen rund 700 Menschen, die in den 388 steirischen Pfarren als Mesner oder in den Pfarrkindergärten arbeiten.
Ehart geht davon aus, dass das Kirchenbeitragsaufkommen 2030 ungefähr gleich hoch wie heute sein wird, allerdings betrage der Kaufkraftverlust in den zehn Jahren geschätzt zwei Prozent pro Jahr. "Es muss daher kostenseitig eingespart werden. Zehn bis 15 Millionen Euro, sprich etwa 1,5 Millionen Euro pro Jahr." Vor allem beim Gebäudebestand müsse man nun neue Wege gehen. "Wir können viel davon nicht einfach abgeben, schon gar keine sakralen Bauten, außer vielleicht an andere christliche Glaubensgemeinschaft wie die orthodoxe Kirche", wies der Wirtschaftsdirektor hin. "Kirchen haben keinen Verkehrswert. Sie sind kein handelbares Gut, keine Immobilie im klassischen Sinn." Die Erhaltungskosten seien aber enorm und es stecke sehr viel ideeller Wert in ihnen, sagte Ehart.
"Was wird noch gebraucht?"
Etwas einfacher werde man sich mit den profanen Gebäuden im Eigentum der Kirche tun: Pfarrgebäude, Kindergärten, Friedhofsgebäude. Die Frage nach dem pastoralen Wert muss laut Ehart gestellt werden: "Was wird noch gebraucht - vor allem in zehn oder 20 Jahren?" Es gelte auch neue Nutzungsformen für nicht mehr benötigte Gebäude ins Auge zu fassen. Denkbar wäre etwa, dass Gemeinden ihre Kindergärten in leer stehenden Pfarrgebäude einrichten. Die Diözese bevorzuge Mietmodelle und langfristige Nutzungsvergaben, doch auch Verkäufe seien nicht ausgeschlossen.
Bischof Krautwaschl kündigte die Straffung des diözesanen Baubudgets an. Die derzeit dafür veranschlagten fünf Millionen Euro pro Jahr seien "für 2.000 Gebäude nicht unbedingt fett", aber man werde bei Bauvorhaben noch mehr prüfen, ob sie notwendig seien oder auf einen späteren Zeitpunkt hinausgezögert werden können. Auch die Renovierungszyklen sollen verlängert werden, so Ehart.
Schwierig werde es, der Bevölkerung und den Pfarren zu vermitteln, warum nun Sparmaßnahmen eingeleitet werden, weil die Diözese derzeit auf finanziell stabilen Beinen stehe. Ehart verglich die Diözese mit einem Öltanker, der wegen seines langen Bremsweges auch schon zehn Kilometer vor der Küste das Bremsmanöver einleiten muss. "Kosmetische Maßnahmen" würden in zehn Jahren jedenfalls nicht mehr reichen.
Corona verursachte große Finanzlücken
Das Corona-Jahr habe sich finanziell stark ausgewirkt, teilte der Wirtschaftsdirektor mit: Gottesdienste waren so gut wie nicht möglich, die Kollekten in den Pfarren brachen um 30 bis 40 Prozent ein. Das Defizit der Diözese lag laut Ehart 2020 im höheren einstelligen Millionen-Euro-Bereich - das der Staat zu einem großen Teil. Dennoch wurde das Jahr erstmals mit einem negativen Ergebnis von 600.000 Euro bei einem Gesamtbudget von 105 Mio. Euro abgeschlossen. Einbußen habe es auch durch abgesagte Pfarrfeste, Jungscharlager, Bildungsveranstaltungen und Haussammlungen gegeben. "Es tut weh, gleich zwei Mal das höchste kirchliche Fest, Ostern, nicht feiern zu können. Das ist, als ob man einem Unternehmer das Kerngeschäft nimmt", sagte Ehart.
Über anstehende Spar- und Umstrukturierungsvorhaben teilte die Diözese am Freitag ergänzend mit: Neues Personal werde nur aufgenommen, wenn Stellen nachzubesetzen sind, die dem Stellenplan entsprechend unbedingt erforderlich sind. Schwerpunkte wolle man in den Bereichen Digitalisierung und Nachhaltigkeit setzen: "Die 'digitale Kirche' soll etwa Amtswege vereinfachen." Weiters soll ein neues Bildungs- und Kulturzentrum die dazugehörenden Abteilungen an einem Ort zusammenfassen und langfristig die Kosten senken. Im Projekt "KIB3" werde schließlich die Elementarpädagogik der Diözese Graz-Seckau neu aufgestellt und in einer Trägerorganisation gebündelt. (Infos: www.katholische-kirche-steiermark.at)
Quelle: kathpress