"Himmel über dem Camino": Jakobsweg bleibt beliebter "Filmstar"
Der neuseeländische Dokumentarfilm "Himmel über dem Camino" (Camino Skies) schildert ab 6. August in Österreichs Kinos die inspirierende Reise von sechs Pilgern aus Ozeanien nach Santiago de Compostela. Der beschwerliche, 800 Kilometer lange Jakobsweg durch Nordspanien zwingt die Gruppe, ihrem Alter und ihren körperlichen Problemen zu trotzen, während sich alle Teilnehmer gleichzeitig mit ihren jüngsten Verlusten auseinandersetzen müssen. "Sie suchen etwas in ihrem Leben, weil sie eine persönliche Krise gehabt haben", heißt es im Trailer zu dem bereits 2019, vor Corona, gedrehten Streifen Fergus Grady und Noel Smyth. Der Filmverleih verspricht einen berührenden Film darüber, "wie man lernt, mit Trauer zu leben, ohne den Lebensmut zu verlieren".
"Himmel über dem Camino" setzt eine Reihe von Filmen mit ähnlicher Ausrichtung fort, die allesamt die verändernde, persönlichkeitsbildende Kraft der traditionsreichen Fußwallfahrt in das neben Jerusalem und Rom wichtigsten Pilgerziel der christlichen Tradition, der lange vor Lourdes, Fatima und Medjugorje von Tausenden aufgesucht wurde. Am bekanntesten zumindest im deutschsprachigen Raum ist "Ich bin dann mal weg" (2015), basierend auf dem gleichnamigen Bestseller (2006) des Entertainers Hape Kerkeling, der selbst genau vor zwanzig Jahren am 16. Juli Santiago erreicht hatte. Auch dort muss eine der Protagonistinnen, Stella, mit dem traumatisierenden Verlust ihrer Tochter zurechtkommen.
In "Dein Weg" (The Way, 2010) von Emilio Estevez ist es der dem Jakobsweg tödlich verunglückte Sohn Daniel, der den von Martin Sheen gespielten Vater Tom zur Fortsetzung der abgebrochenen Wallfahrt motiviert. Auf dem Weg dorthin will Tom die Asche Daniels am Wegesrand verstreuen.
Noch jüngeren Datums ist der als Komödie angelegte Film "Saint Jacques ... Pilgern auf Französisch" (Saint-Jacques... La Mecque) von Regisseurin Coline Serreau aus dem Jahr 2005. Drei zerstrittene Geschwister werden darin von ihrer Mutter veranlasst, den Fußmarsch auf sich zu nehmen, um an das beträchtliche Erbe zu kommen.
Ein untreuer Ehemann ist Anstoß für Anna, sich in "Ich trag dich bis ans Ende der Welt" (D 2009) mit ihrem von Elmar Wepper gespielten Vater Horst aufzumachen. Aber auch in diesem deutschen Filmdrama von Regisseurin Christine Kabisch spielt der Tod eine große Rolle: Der krebskranke Horst stirbt am Fuße des Cruz de Ferro, eines Eisenkreuzes am Jakobsweg, in den Armen seiner Tochter.
Suche nach Entscheidung und Veränderung
Gemeinsames Thema dieser und ähnlicher Filme: Läuterung durch das Sich-Einlassen auf den Lebens-Weg zum Grabmal des Apostels Jakob. Der neuen Dokumentation "Himmel über dem Camino" attestiert Tommi Mendel, Schweizer Religionswissenschaftler, Ethnologe und Filmemacher, "einen guten Einblick in das Unterwegs-Sein" auf dem Jakobsweg zu vermitteln. Menschen jeglichen Alters aus aller Herren Länder sowie quer durch jegliche soziale Schichten seien auf dem Camino unterwegs. "Dabei haben sie selten nur ein Motiv für die Reise. Der kleinste gemeinsame Nenner der Pilgermotivation ist die Suche nach Erfahrung, Entscheidungsfindung und Veränderung", erklärte Mendel im Interview des Schweizer Portals kath.ch.
Auf Pilgerwegen Wandernde lernen abseits des Alltags Menschen aus der ganzen Welt kennen, "bei denen wir unbefangen so sein können, wie wir sind", so der Religionswissenschaftler über das oft entstehende Gemeinschaftsgefühl. "Es fällt viel leichter, sich hier zu öffnen und vielleicht auch über Fragen oder Herausforderungen zu reden." Beim Pilgern könne man quasi in den Tag hineinleben und einfach laufen - mit viel Zeit nachzudenken, ohne sich ablenken zu lassen. Auch die Begegnung mit anderen Menschen und Lebensentwürfen verändere den eigenen Blick auf die Dinge.
Allerdings: Die große Erkenntnis, das Leben ganz anders und neu auszurichten, können die meisten - anders als in Filmen - dann doch nicht umsetzen, weiß Mendel. Ihre Realität hole viele doch ganz schnell wieder ein. "Dafür resultieren aus der Erfahrung oft kleine Dinge, die den Alltag erleichtern."
Quelle: kathpress