Zulehner: Synodalisierung der Kirche "epochale Reformchance"
Der von Papst Franziskus ausgerufenen synodale Prozess stellt eine epochale Reformchance für die Katholische Kirche dar: Dieses Fazit hat der Wiener Pastoraltheologe Paul M. Zulehner in der Wochenzeitung "Die Furche" (aktuelle Ausgabe) gezogen. Hintergrund ist die XVI. Ordentliche Generalversammlung der Bischofssynode in Rom im Oktober 2023 - auch Weltbischofssynode genannt. Speziell daran ist dieses Mal der zweijährige weltkirchliche Vorlauf der Synode, die sich dem Thema "Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Partizipation und Mission" widmen wird.
"Der ererbte Zentralismus hat zu einer fatalen Stagnation und evangeliumswidrigen Entfernung von den Menschen geführt", konstatiert Zulehner. Folglich sei eine synodale Kirche "nicht nur Gott, sondern auch den Menschen näher. Und darin liegt die Chance. Vor allem für die Welt von heute".
Die Kirche sei von ihrem Ursprung her eine "in der eucharistischen Versammlung geborene Gemeinschaft, die von Gott eine Sendung in die Welt von heute erhält". All das finde sich auch in dem von Papst Franziskus gewählten Untertitel für den synodalen Weg - "Gemeinschaft, Partizipation und Mission". Die Sendung der Christen sei durch das Evangelium und dessen "österliche Grundmelodie" geprägt. "Der Auftrag wird aber konkretisiert durch die Freuden und Hoffnungen, die Trauer und die Ängste der Menschen in der heutigen Welt", folgert der Theologe.
Gottes Geist belehrte die Kirche demnach sowohl durch Schrift und Tradition, aber auch durch die sogenannten "Zeichen der Zeit". Daher müsse auch die Bischofssynode "darauf hören, welchen Auftrag Gottes Geist der Kirche heute zumutet". Der synodale Prozess bedeute somit "ein Hinhören auf das, 'was der Geist den Gemeinden' heute sagt".
Weiters gilt es laut Zulehner zu erkunden, "in welcher Gestalt und mit welchen (rechtlichen) Strukturen die Kirche den 'gehörten' Auftrag in der Welt von heute am besten erfüllen kann". Dabei stehe schon seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil fest, dass "eine feudal-autokratische Kirchengestalt ohne wirksame Partizipation", diesem Auftrag hinderlich im Weg stehe. Dazu gehöre auch, dass nicht nur "das geistliche Amt" dazu eingeladen sei, auf den Geist zu hören und die "Geister zu unterscheiden".
Bei der Einladung von Papst Franziskus zu einem synodalen Weg gehe es damit "um nichts weniger als um das Wesen der Kirche - und dieses war und ist synodal", schreibt der Theologe und Geistliche Assistent der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ). Letztere hat die Einladung des Papstes aufgegriffen und einen eigenen entsprechenden Prozess gestartet.
KAÖ "macht sich auf den Weg"
Die KAÖ "macht sich auf den Weg", wie es Zulehner beschreibt. Dazu gehört u.a. in einem ersten Schritt eine Ideensammlung, zu der Gruppierungen, Bewegungen, Organisationen, Diözesen und interessierte Einzelpersonen Stellung nehmen, diese ergänzen, streichen und auch neue ihrer Meinung nach wichtige Themen anführen können. Dabei gebe es "keine thematischen Eingrenzungen, sondern es zählen allein Geistesgegenwart und Offenheit der Ohren des Herzens", so der Theologe. Die Themen des Arbeitspapieres reichen von Migration, Digitalisierung, bis hin zu Geschlechtergerechtigkeit und zur Kluft zwischen Arm und Reich. Innerkirchlich steht etwa zur Debatte, wie die fundamentale Gleichheit aller in alle Vorgänge der Kirche zu implementieren sei.
Die bis 31. Juli zurückgeschickten Eingaben werden dann aufbereitet im Internet veröffentlicht - mit der Bitte an die Teilnehmer des Prozesses, die Themen zu priorisieren. Diese Priorisierung soll bis 15. September erfolgen. In einem dritten Schritt werden zu den hoch bewerteten Themen in Zusammenarbeit mit Expertinnen und Experten Beschlusstexte erstellt. Und schließlich kommt es Ende September zu einer synodalen Versammlung der KAÖ, in welcher diese Beschlusstexte beraten und abgestimmt werden.
(Informationen unter https://www.kaoe.at)
Quelle: kathpress