Caritas will mit ihren Lerncafes "Vererben der Armut" unterbrechen
Vor zehn Jahren wurde in Oberösterreich das erste Caritas-Lerncafe in Marchtrenk eröffnet. Inzwischen gibt es Lerncafes auch noch in Linz, Wels, Steyr und Vöcklabruck. Die Caritas will damit einen Beitrag leisten, das "Vererben von Armut" zu unterbrechen und den Kindern durch ganzheitliche Förderung und Lernbegleitung Chancen und Perspektiven zu eröffnen, wie der oberösterreichische Caritasdirektor Franz Kehrer bei einer Online-Pressekonferenz am Mittwoch sagte.
Seit der Eröffnung des ersten Lerncafes wurden 610 Kinder von 394 Freiwilligen in Oberösterreich unterstützt. Und das mit großem Erfolg: Jährlich könnten 95 bis 98 Prozent der Kinder zwischen 6 und 15 Jahren das Schuljahr erfolgreich abschließen, hieß es.
Der Ausbau von kostenlosen Förderangeboten nach dem Muster der Caritas-Lerncafes für Kinder aus sozial benachteiligten Familien wäre ein Gebot der Stunde, so Kehrer. Bildung sei die beste Armutsprävention. "Wir müssen gegensteuern, damit Kindern Chancen im Leben eröffnet werden und die Armut von Familien, die durch Corona neu entstanden ist oder verschärft wurde, nicht vererbt wird", forderte der Caritasdirektor. Als wirksames Mittel sah er zudem einen Chancen-Index bei der Vergabe von Ressourcen für Schulen. Einzelne Schulstandorte, die bei der Begleitung der Kinder vor besonderen Herausforderungen stehen, könnten so mehr Unterstützung und finanzielle Ressourcen erhalten.
Die aktuellen Zahlen der Statistik Austria (EU-SILC 2020) zeigen erneut, dass Kinder-und damit Familienarmut in Österreich ein schwerwiegendes Problem ist: Fast ein Viertel aller armutsgefährdeten Menschen in Österreich sind Kinder, das entspricht 350.000 Kindern im Alter bis 17 Jahren. "Wie sich die Situation durch Corona entwickelt hat, werden wir erst im kommenden Jahr sehen. Die Daten wurden von März bis Juli 2020 erhoben", so Kehrer.
Corona habe wie ein Brennglas die ungleich verteilten Chancen von Kindern vor Augen geführt und Probleme verschärft: Durch Distance-Learning seien gerade bei Kindern aus sozial benachteiligten Familien Bildungslücken entstanden, informierte Michaela Lehofer, Leiterin der Caritas-Lerncafes in Oberösterreich: "Weil sich mehrere Kinder einen Laptop teilen müssen oder es in der kleinen Wohnung keinen ruhigen Ort gibt, wo sich die Kinder zum Lernen zurückziehen können." In vielen Familien könnten Eltern aus unterschiedlichsten Gründen auch nicht so unterstützen, wie es nötig wäre. Oft fehle auch das Geld für bezahlte Nachhilfe.
Das Homeschooling habe sich zudem bei Kindern, die in ihrer Zweitsprache Deutsch noch nicht sicher sind, eher negativ ausgewirkt, berichtete Lehofer. Der sprachliche Austausch mit Gleichaltrigen und das "Sprachbad im Präsenzunterricht" fehlten.
Auch virtuelle Unterstützung
Die Lerncafes bieten eine kostenlose Lern- und Nachmittagsbetreuung für Kinder und Jugendliche von 6 bis 15 Jahren aus sozial benachteiligten Familien. Gemeinsam mit vielen freiwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wurden die Kinder auch während der Corona-Zeit beim Lernen virtuell unterstützt. Vor allem im ersten Lockdown hätten die virtuellen Lerncafés den Kindern Struktur und Halt gegeben, meinte Lehofer: "Sie konnten virtuell Zeit miteinander verbringen und bekamen Unterstützung bei den Aufgaben."
Das Erfolgsrezept der Lerncafes: "Hier wird nicht nur Lernstoff vermittelt, sondern das Gelernte auch durch verschiedene Aktivitäten in die Lebensrealität und die Erfahrungswelt der Kinder übersetzt", so Lehofer.
Quelle: kathpress