Caritas warnt vor Hungerkatastrophe im Südsudan
Die Caritas warnt vor einer dramatischen Hungerkatastrophe im Südsudan. Sieben Millionen Menschen, rund zwei Drittel der Bevölkerung, sind unterernährt, besonders schlimm betroffen sind die Kinder. Nach Angaben der UN sind im Südsudan derzeit allein 1,4 Millionen Kinder unter fünf Jahren von akuter Unterernährung bedroht. "Die Situation im Südsudan ist dramatisch: Jedes dritte Kind hat ein zu geringes Körpergewicht, um sich gesund entwickeln zu können. Diese Kinder brauchen dringend Nahrungsmittel und Trinkwasser", so Caritas-Präsident Michael Landau: "Ohne Hilfe werden viele dieser Kinder sterben." Und auch den Überlebenden würden bleibende körperliche, geistige und seelische Schäden drohen.
Landau äußerte sich am Donnerstag im Rahmen einer "Pressereise" in den Südsudan, die coronabedingt allerdings nur virtuell stattfinden konnte. Landau hat in früheren Jahren das Land mehrmals bereist und Caritas-Hilfsprojekte besucht: "Diese Bilder vergisst man nicht mehr. Kinder, die viel zu klein und zu leicht sind für ihr Alter. Kinder, deren Haut viel zu groß ist für ihren Körper."
Immer noch Gewaltausbrüche
Krieg, der Klimawandel und Corona führten das Land an den Rand des Abgrunds, wie Caritas-Auslandshilfechef Andreas Knapp darlegte. "Jahrelang herrschte Bürgerkrieg im Südsudan, noch immer kommt es zu Gewaltausbrüchen", so Knapp: "Wenn Kämpfe ausbrechen, verlassen Familien ihr Zuhause und werden zu Vertriebenen im eigenen Land oder flüchten in die Nachbarländer. Zurück bleiben Felder, die verdorren und Nutztiere, die verenden."
Hunger sei zudem auch im Südsudan eine direkte Folge des Klimawandels: Dürren würden länger und intensiver, Regenzeiten unvorhersehbarer, Überschwemmungen immer extremer.
Dazu komme schließlich noch Corona: "Im Südsudan haben viele Menschen in der Pandemie ihre Arbeit und damit ihre Lebensgrundlage verloren und können sich Nahrungsmittel kaum noch leisten", so der Auslandshilfechef. Dazu waren die Schulen ein Jahr komplett geschlossen. Die Kinder hätten nicht nur einen sicheren Ort zum Lernen verloren, sondern auch die Schulmahlzeit - ihre einzige regelmäßige Mahlzeit.
Hilfe im Südsudan
Die Caritas unterstützt im Südsudan u.a. zwei Ernährungszentren, wie Helene Unterguggenberger, Bereichsleiterin für Entwicklungszusammenarbeit der Caritas Österreich, erläuterte. "Für Babys und Kleinkinder bis fünf Jahre gibt es dort dreimal wöchentlich ein nahrhaftes Essen mit Linsen, Bohnen, Reis und Gemüse. Damit können wir den schlimmsten Mangelerkrankungen vorbeugen und die Kinder können sich gesund entwickeln", so Unterguggenberger.
In der Hauptstadt Juba unterstützt die Caritas zudem in einem Flüchtlingslager 9.000 durch den Bürgerkrieg vertriebene Menschen mit Lebensmittelpaketen. In einer weiteren Region wird ebenfalls Nothilfe in Form von Lebensmittelpaketen für 600 Familien geleistet.
Zur Nothilfe kommt aber auch langfristig Hilfe zur Selbsthilfe: 2.000 Bauernfamilien erhalten von der Caritas Saatgut, Schulungen und Werkzeug, wie Unterguggenberger berichtete. Bei diesen Projekten stünden vor allem die Frauen im Fokus, die die Hauptlast bei der Ernährung der Familien zu tragen hätten.
Hilfe für Frauen und Kinder kommt an
Beiträge direkt aus dem Krisenland machten bei der virtuellen Pressereise die Hilfe der Caritas anschaulich. Frau Susan berichtete über ihre Arbeit im Baby Feeding Center in Juba. Die unterernährten Kinder bekommen dort nicht nur zu essen, sie werden auch untersucht, gewogen und gemessen. "Der Krieg geht weiter. Dieses Projekt hilft und rettet das Leben von Kindern", so Frau Susan.
Frau Siluah floh vor acht Jahren mit ihren Kindern vor den Kämpfen und fand Zuflucht im Flüchtlingslager Gumbo in Juba. Hier bekommt sie Mehl, Salz, Kochöl und Seife. "Die Verteilungen sind wichtig für mich. Ich plane die Rationen so, dass wir bis ans Ende des Monats auskommen", erzählte sie: "Zum Frühstück bereite ich den Kindern oft Bohnen zu und am Abend essen wir, was davon übrig ist." Sie selbst sei nicht zur Schule gegangen, "aber ich will, dass meine Kinder die Möglichkeit haben. Ich bin froh, wenn die Schulen wieder geöffnet sind."
Bei einem virtuellen Besuch in einem Gartenprojekt in Yambio, der Hauptstadt des Bundesstaates Western Equatoria, berichtete Eunice Kabash, wie ihr die Caritas mit Saatgut, Lebensmitteln und Landwirtschaftskursen hilft. In den Kursen lerne sie, wie sie Gemüse nachhaltig ertragreich anbauen kann. "Der Garten ist eine große Hilfe. Ich kann die Kinder mit unterschiedlichem Gemüse versorgen und sie können sich gut entwickeln", so Frau Eunice. Den Gemüse-Überschuss könne sie verkaufen und damit die Schulgebühren und Kleidung für die Kinder bezahlen.
Landau fordert "Pandemie-Rettungspaket"
Caritas-Präsident Michael Landau appellierte an die österreichische Bundesregierung, die Mittel für den Einsatz gegen den weltweiten Hunger aufzustocken. Die kürzlich beschlossene Erhöhung der Entwicklungshilfeausgaben sei ein erster Schritt, aber es brauche zusätzlich ein "Pandemie-Rettungspaket". Die Ausgaben für Entwicklungshilfe müssten endlich 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens ausmachen, Handelsbeziehungen müssten fairer gestaltet und der Einsatz gegen den Klimawandel intensiviert werden, so weitere Forderungen des Caritas-Präsidenten. Eine Zukunft ohne Hunger sei möglich, so Landau, "das ist keine Frage des Könnens, sondern des Wollens".
Zahl der Hungernden steigt
Weltweit leiden 690 Millionen Menschen an chronischem Hunger. Seit 2015 steigt die Zahl der hungernden Menschen wieder an. Die Corona-Pandemie wirkt laut Caritas als "Brandbeschleuniger" und verschärft die Ernährungssituation. Vor allem die Länder Sub-Sahara Afrikas sind betroffen.
Im Rahmen von 70 Ernährungsprojekten (Nothilfe und langfristige Hilfe) weltweit erreicht die Caritas zurzeit rund 280.000 Menschen. Im Rahmen der aktuellen Caritas-Hungerkampagne bittet die Caritas dringend um Spenden. Die Kampagne steht unter dem Motto "Deine Spende = meine Ernte".
(Caritas Spendenkonto: Erste Bank, IBAN: AT23 2011 1000 0123 4560, Kennwort: Hungerhilfe. Online spenden unter www.caritas.at/hunger)
Quelle: kathpress