Diözese Linz: Multireligiöse Feier bei Gedenkort für NS-Opfer
Die Bedeutung von Gedenkorten hat der Linzer Bischof Manfred Scheuer bei einer multireligiösen Feier beim neuen Gedenkort für NS-Opfer in Lungitz (OÖ.) hervorgehoben: "Das Grauen, die Verbrechen, die Brutalität, die Barbarei, aber auch der Widerstand und das Zeugnis gegen die Nationalsozialisten, haben eine Topografie und Geografie." Der NS-Terror brenne sich ein "wie leibliche Wundmale", seine Spuren würden im Gedächtnis nachwirken, sagte Scheuer am Sonntag als einer von rund 30 Teilnehmenden an einer Gedenkwanderung vom Memorial Gusen nach Lungitz, veranstaltet vom "Papa Gruber Kreis" und der Plattform Johann Gruber. "Zugleich wächst aber auch im buchstäblichen Sinn Gras über die Zeit von 1938 bis 1945", wies der Bischof auf die Notwendigkeit einer "Kultur der Erinnerung" hin.
Beim neuen Denkmal in Lungitz nördlich von Mauthausen, wo Aschereste aus der Zeit des Nationalsozialismus bestattet liegen, erfolgte das multireligiöse Gedenken an Opfer der Konzentrationslager Mauthausen-Gusen wie den KZ-Häftling Johann Gruber, einen katholischen Priester und von den Nazis denunzierten gewaltlosen Widerstandskämpfers. Neben Scheuer wirkten an dem Gedenken die Superintendentialkuratorin der Evangelischen Kirche A. B. Renate Bauinger und Charlotte Herman, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Linz, mit.
Anlass des gemeinsamen Gedenkens war der Fund von Asche und Skeletten im September 2018, den die ÖBB bei Bauarbeiten am Bahnhof Lungitz machten. Die Skelette stammen aus dem frühen Mittelalter, die Asche aus dem 20. Jahrhundert. Claudia Theune, Institutsleiterin für Archäologie an der Universität Wien, untersuchte die Funde. Die Wissenschaftlerin geht davon aus, dass es sich um Asche aus der Zeit des Nationalsozialismus handelt. Im ehemaligen KZ Mauthausen hatte man ähnliche Funde gemacht. Während der NS-Zeit wurde wiederholt Asche als Unterbau für Straßen und Bahngleise verwendet. Dass die letzten Überreste von toten KZ-Häftlingen auf diese Weise verwendet wurden, ist eine weitere Gräueltat der Nationalsozialisten. Die Funde wurden an einem neu geschaffenen Gedenkort in Lungitz beigesetzt. Das Denkmal wurde im Mai 2021 eröffnet.
Nazis setzten Akt der "Verhöhnung Gottes"
Das Grauen von Gusen sei durch die Asche von Menschen Bestandteil der Erde von Lungitz geworden und habe den Boden durchtränkt, so Bischof Scheuer in seiner Ansprache. "Versteckt unter Bahnanlagen, ohne es zu wissen, ohne es vor Augen zu haben, war und ist das Grauen von Gusen präsent." Die Verwendung menschlicher Asche als Bausubstanz sei "ein Akt der Barbarei, der Verachtung des menschlichen Lebens, der Verhöhnung Gottes". (Info: www.johann-gruber.at)
Quelle: kathpress