Katholische Arbeitnehmer warnen vor weiteren Sonntagsöffnungen
Heftige Kritik am Vorstoß der NEOS, die Öffnungszeiten im Handel auszuweiten, kam am Mittwoch von der Katholischen Arbeitnehmerbewegung. "Wir brauchen keine Ausweitung der Öffnungszeiten im Handel, und schon gar nicht auf den Sonntag", so Anna Wall-Strasser, die Bundesvorsitzende der Katholischen Arbeitnehmerbewegung Österreich (KABÖ).
Die NEOS wollten am Mittwoch im Nationalrat einen Antrag auf "flexible Öffnungszeiten auf freiwilliger Basis" einbringen. Bei einem bis zum Jahresende laufenden Pilotversuch sollen demnach Händler selbst entscheiden können, wie lange sie abends geöffnet haben und ob sie sonntags aufsperren.
Für Wall-Strasser verbirgt sich hinter der von den NEOS geforderten "Flexibilisierung" aber eine massive Attacke auf den arbeitsfreien Sonntag. "Der aktuelle Vorstoß der NEOS ist ein Angriff auf verlässliche gemeinsame freie Zeit von über 400.000 im Handel Beschäftigte und ihre Familien. Die, ohnehin oft prekär Beschäftigten, davon mehrheitlich Frauen, brauchen Planungssicherheit und nicht eine zusätzliche Belastung nach der ohnehin schwierigen Zeit während der Lockdowns in der Coronapandemie", so Wall-Strasser. Das Argument der Freiwilligkeit sei eine Farce.
Arbeiten an den Tagesrändern und am Sonntag zerstöre Familien- und Freundschaftsbeziehungen und verhindere gesamtgesellschaftliche Rhythmen der Pausen und der Erholung, davon könnten viele Menschen in Tourismusgebieten ein Lied singen.
"Die Regelungen in den Tourismuszonen sind ausreichend und bedürfen keiner Ausweitung", so auch der Bundesvorstand der KABÖ, der am Dienstag getagt hatte. Die KABÖ ist Gründungsmitglied der Allianz für den freien Sonntag Österreich und setzt sich seit über 20 Jahren gemeinsam mit Gewerkschaften, Arbeiterkammer, Kirchen und zivilgesellschaftlichen Vereinen für den arbeitsfreien Sonntag ein.
Wall-Strasser: "Wir brauchen gemeinsame freie Zeiten für Familie, Vereine, Glaubensgemeinschaften und Ehrenamt." Der Kreislauf von Arbeiten und Konsumieren müsse für diese Werte immer wieder unterbrochen werden. Die Wirtschaft müsse den Menschen dienen und nicht umgekehrt, so ein Grundprinzip der Katholischen Soziallehre."
Alle Studien hätten zudem gezeigt, dass die Sonntagsöffnung die Dominanz der großen Ketten noch vergrößere, zu Lasten der kleinen Geschäfte und Familienbetriebe, so Wall-Strasser. Daher lehne die KABÖ jeden weiteren Vorstoß, die Sonntagsruhe zu durchlöchern und die Geschäftsöffnungszeiten auszuweiten, entschieden ab.
Auch Evangelische dagegen
Gegen den NEOS-Vorstoß hat sich auch der Wiener evangelische Superintendent Matthias Geist ausgesprochen. Die Überforderung des Einzelnen treffe immer mehr Menschen, erinnert Geist. Eine Forderung nach "immer mehr" im Konsumverhalten entspreche weder einer nötigen Nachhaltigkeit im Lebensvollzug noch dem Recht auf Bildung, Familie und Freizeit, so Geist gegenüber dem Evangelischen Pressedienst: "Unsere Gesellschaft benötigt ein gemeinsames Innehalten.
Nicht nur in den Abendstunden, sondern auch am Sonntag gibt es das Gegengewicht zu den Anforderungen des Alltags. Der immer dichtere Termindruck und das geforderte Wachstum in jeder Hinsicht bereiten mir persönlich Sorge für Mensch und Natur." Geist vertritt die Evangelische Kirche in der "Allianz für den freien Sonntag".
Quelle: kathpress