Europarats-Sonderbeauftragter für Zurückziehen der "Islam-Landkarte"
Als "muslimfeindlich und potenziell kontraproduktiv" hat der zuständige Sprecher des Europarates gegen Antisemitismus und Islamophobie, Daniel Höltgen, die von der Österreichischen "Dokumentationsstelle Politischer Islam" herausgegebene "Islam-Landkarte" kritisiert. Das Projekt schieße über das berechtigte Anliegen, gegen die Verbreitung gefährlicher Narrative unter dem Deckmantel des Grundrechts der freien Religionsausübung vorzugehen, hinaus, befand der Sonderbeauftragte gegen Hass und Hassverbrechen aus antisemitischen und antimuslimischen Motiven in einer Stellungnahme vom Montag.
Sorge äußerte Höltgen besonders angesichts von Form und Zeitpunkt der Veröffentlichung der Landkarte, die diese aus der Sicht vieler muslimischer Gläubige als "Generalverdacht gegenüber dem Islam" aufgefasst werde. "Die Landkarte kann somit antimuslimische Ressentiments bedienen", warnte der Sonderbeauftragte. Viele Muslime fühlten sich "stigmatisiert und durch die Veröffentlichung von Adressen und anderer Details in Ihrer Sicherheit bedroht". Die Stellungnahme mündete in die Empfehlung, die Islam-Landkarte in ihrer gegenwärtigen Form zurückzuziehen.
Höltgen ist Leiter der Kommunikationsabteilung des Europarates und war vergangenen November von der Europarats-Generalsekretärin Marija Pejcinovic Buric zu ihrem Sonderbeauftragten ernannt worden. Seine Aufgabe ist es, Initiativen auf europäischer Ebene zu vereinen und den Einsatz der Expertise des Europarates zugunsten gemeinsamer Anstrengung zur Verhinderung antisemitischer und antimuslimischer Handlungen sicherstellen. Fokus des Europarates sind die Sicherstellung von Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.
In Österreich hatte sich zuletzt die evangelische Kirche von der Islam-Landkarte distanziert. Der evangelisch-reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld bezeichnete es am Montag als "fahrlässig und extrem verantwortungslos", das Verzeichnis in einem "islamophoben gesellschaftlichen Klima des Verdachts, der Feindseligkeit und des Hasses" zu veröffentlichen. Statt Transparenz hätten die Betreiber eine "Einladung an Islamhasser zu Angriffen auf muslimische Einrichtungen" geschaffen, so Hennefeld gegenüber dem Evangelischen Pressedienst. Es würde zudem in die Religionsfreiheit einer staatlich anerkannten Religionsfreiheit eingegriffen.
Bereits vergangenen Freitag hatte der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka der Regierung empfohlen, die Islam-Landkarte "schnell wieder vom Netz zu nehmen". Zum einen sei mit der Religionsgemeinschaft der Muslime darüber kein Gespräch geführt worden, zum anderen könne die Landkarte durch die Auflistung muslimischer Einrichtungen, Vereine und Personen Menschen gefährden, warnte Chalupka. Der evangelische Bischof sprach sich zudem für eine Rückverlegung der Religionsagenden vom Integrations- ins Bildungsministerium aus. Dies wäre im Sinne der Religionsfreiheit.
Die Islam-Landkarte ist ein Kooperationsprojekt zwischen dem Fachbereich Islamische Religionspädagogik des Instituts für islamisch-theologische Studien an der Universität Wien und der von Integrationsministerin Susanne Raab eingerichteten Dokumentationsstelle Politischer Islam. Die Universität Wien hat sich von dem Projekt distanziert und die Verwendung des Uni-Logos untersagt.
Quelle: Kathpress