Krätzl: Laien und gerade Frauen in Kirche mehr mitwirken lassen
Die Mitverantwortung der Laien im Pfarrgemeinderat und darüber hinaus in anderen Räten sind bis heute wirksame Früchte der 50 Jahren beendeten Wiener Diözesansynode. Dieser Einschätzung ließ der emeritierte Wiener Weihbischof Helmut Krätzl die kritische Anmerkung folgen: "Aber vielleicht steht noch aus, dass wir diese Mitwirkung der Laien noch immer zu wenig ernst nehmen, in wichtigen Fragen, und da gerade auch die Frauen noch immer viel zu wenig ernst nehmen." Wie der Bischof, der am 23. Oktober 90 Jahre alt wird, im Interview mit der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" sagte, sollte der Fokus aber nicht nur auf das Kritikwürdige in der Kirche gerichtet werden.
Es sei wichtig, "dass nicht nur das Negative aufgezeigt wird, sondern dass auf die vielen starken Frauen hingewiesen wird, die die Kirche hat und immer gehabt hat. Damit das Negative, das es auch gibt und das natürlich zu verurteilen ist, doch zahlenmäßig geringer wird." Krätzl erinnerte an starke Frauen in der Kirche wie etwa Hildegard Burjan und andere, die die katholische Publizistin Ingeborg Schödl in ihrem Buch "Gottes starke Töchter" porträtierte.
Der Bischof selbst mahnte in seinen zahlreichen Publikationen und Wortmeldungen immer wieder Reformen in der katholischen Kirche ein. "Die Kirche muss immer auf Zukunft ausgerichtet sein", der geforderte Fortschritt sei "nie abgearbeitet". Krätzl äußerte den Eindruck, dass die aktuelle Corona-Pandemie die Kirche zu neuen Wegen zwingt, "um den Menschen Hilfe zu leisten in ihrer existenziellen Bedrohtheit". Hier sei die Kirche gefordert, eine Antwort aus dem Glauben heraus zu geben. Dieser verleihe die Kraft, mit dem eigenen Leid fertig zu werden "und sich auch zu öffnen für das Leid anderer".
Gerade durch die Pandemie habe die Kirche die neue Aufgabe bekommen, Verbindung zu den Einsamen aufzubauen. Krätzl: "Nach außen ist die Distanz wohl verordnet worden. Aber die Kirche war immer noch der Ort, wo sich die Menschen gefunden haben, nicht zuletzt zum gemeinsamen Gebet." Neue Möglichkeiten der Technik hätten es ermöglicht, auch Gottesdienste zu Hause zu feiern und virtuelle Gespräche zu führen.
Der Wiener Weihbischof nannte die Kirche "auch jene Kraft, die noch immer den sozialen Ausgleich schafft zwischen den Bedürftigen und den weniger Bedürftigen". Diese Aufgabe würde zunächst "weniger religiös ausschauen", sei aber wichtig für die Menschen, um die schwere Prüfung der Pandemie zu bestehen.
Quelle: kathpress