
In Österreich zwei landesweite synodale Versammlungen seit Konzil
Wenn Papst Franziskus Synodalität zum Top-Thema der weltkirchlichen Agenda macht, dann kann die Katholische Kirche in Österreich auf zwei landesweite synodale Projekte zurückblicken, die seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) stattgefunden haben. Die Delegiertenversammlung im September 1998 in Salzburg war im Rahmen des von der Österreichischen Bischofskonferenz initiierten "Dialogs für Österreich" die letzte derartige Initiative, mit einigen Impulsen, die bis heute nachwirken. Weit bedeutender war verglichen damit der "Österreichische Synodale Vorgang" (ÖSV), der 1974 in Wien abgeschlossen wurde. Ihm waren Diözesansynoden in ganz Österreich vorausgegangen. Hintergrund dafür war das Konzil bzw. die Umsetzung seiner Beschlüsse auf diözesaner und landesweiter Ebene.
Am 11. Oktober 1974 wurden die Arbeiten des Österreichischen Synodalen Vorganges durch die feierliche Promulgation der Beschlüsse durch Kardinal Franz König abgeschlossen. Die Feier im Wiener Stephansdom bildete gleichzeitig den Auftakt zum Österreichischen Katholikentag 1974, der in Form eines Delegiertentages am 13. Oktober 1974 unter dem Motto "Versöhnung" stand.
Beim "Österreichischen Synodalen Vorgang" hatten die Bischöfe gemeinsam mit Priestern, Ordensleuten und Laien Richtlinien für die künftige Arbeit der Kirche erstellt. Inspiriert von den Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils wurden gemeinsame künftige Aufgaben formuliert und notwendige organisatorische und strukturelle Veränderungen im kirchlichen Bereich besprochen. Der Österreichische Synodale Vorgang stand unter dem Leitwort "Kirche für die Menschen". Insgesamt wurden in den mehr als einjährigen Beratungen vier große Themenbereiche, die die Bischofskonferenz festgelegt hatte, behandelt. Die Themen lauteten: Träger kirchlicher Dienste; Kirche in der Gesellschaft von heute; Bildung und Erziehung; Kirche und Massenmedien.
Das Resultat der Beratungen der "Österreich-Synode" wurde - nach Modifikationen durch die Bischofskonferenz - der Kirche in Österreich als Gesetz und Richtlinie zur Kenntnis gebracht. Der Abschluss des ÖSV bildete das Ende der Synodenarbeit in den einzelnen österreichischen Diözesen.
Dialog für Österreich
Die nächste österreichweite Kirchenversammlung fand 24 Jahre später statt und stand im Kontext der Kirchenkrise rund um die Missbrauchsvorwürfe gegen Kardinal Hans Hermann Groer und das daraufhin stattgefunden "KirchenVolksbegehren" 1995. Die Antwort der Österreichischen Bischofskonferenz unter ihrem damaligen Vorsitzenden, dem Grazer Bischof Johann Weber, war der "Dialog für Österreich". Höhepunkt dabei war die Delegiertenversammlung vom 23. bis 26. Oktober 1998 im Salzburger Bildungshaus St. Virgil. Rund 280 von den Bischöfen ernannte Delegierte aus allen Teilen Österreichs nahmen daran teil. In zwölf nach Themen geordneten Dialoggruppen wurden "Voten" zu theologischen und gesellschaftspolitischen Fragen erarbeitet.
Angesichts der innerkirchlichen Konflikte hatte die Österreichische Bischofskonferenz im Herbst 1995 beschlossen, für 1996 zu einer "Wallfahrt der Vielfalt" nach Mariazell einzuladen. Die positiven Erfahrungen einer "lagerübergreifenden" Gesprächsfähigkeit bei den Fachtagungen rund um diese Wallfahrt sowie die Wallfahrt selbst ermutigten die Bischöfe, im November 1996 einen "Dialog für Österreich" ins Auge zu fassen. Im November 1997 starteten 30 Fachtagungen zum "Dialog", der dann schließlich im Oktober 1998 in Salzburg seinen Höhepunkt fand.
Die Teilnehmer befassten sich in zwölf Gruppen mit den Themen "Gott suchen - Gott erfahren", "Die frohe Botschaft heute verkünden", "Verantwortung aus Liebe", "Anspruch und Scheitern. Schuld und Vergebung", "Kirche - unsere gemeinsame Berufung", "Berufung und Leben der Priester", "Frauen in der Kirche", "Kirche als Ortskirche und Weltkirche", "Kultur des Lebens", "Lebensraum Familie", "Sozial wirtschaften" sowie "Solidarität kennt keine Grenzen".
Zu den in den Arbeitsgruppen erstellten Vorschlägen wurden Voten abgegeben, die das Meinungsbild der Delegierten widerspiegelten. So sprach sich etwa die Mehrheit der Teilnehmer für die Einführung des Frauendiakonats oder die Priesterweihe von verheirateten bewährten Männern aus. Zugleich wurden aber weitergehende Vorstellungen wie die Zulassung von Frauen zur Priesterweihe oder die Aufhebung des Pflichtzölibats zurückgewiesen.
Die österreichischen Bischöfe setzten Projektgruppen ein, von denen einige weiterführende Ergebnisse lieferten. Die Projektgruppe "Erwachsenenkatechumenat" erarbeitete beispielsweise einen entsprechenden Leitfaden, der im Jahr 2000 herausgegeben wurde. Die Projektgruppe "Allianz für den Sonntag" vernetzte sich mit vielen Gruppierungen in Kirche und Gesellschaft zugunsten dieses Anliegens. Die in Folge gegründete "Allianz für den freien Sonntag" ist zu einem gesellschaftspolitisch starken Faktor geworden.
Das Projekt "Sozialwort" wurde mit der Einladung an die verschiedenen christlichen Kirchen in Österreich, gemeinsam daran zu arbeiten, auf eine neue Basis gestellt. Das ökumenische Sozialwort, das 2003 erschien, ist eines der ökumenischen Vorzeigeprojekte, nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa.
Aus der Projektgruppe "Jugend" entwickelte sich der "Dialog X", eine Plattform aller in der kirchlichen Jugendarbeit engagierten Gruppierungen. Daraus entstanden mehrere Projekte wie etwa die österreichweite Aktion "72 Stunden ohne Kompromiss".
Diözesane Prozesse
Eine dezidierte Nacharbeit zum "Dialog für Österreich" auf diözesaner Ebene gab es in der Diözese Eisenstadt. So setzte Bischof Paul Iby damals mit dem "Dialog für das Burgenland" ein deutliches Zeichen.
In den letzten Jahren gab es in Österreich - mit Ausnahme des Militärordinariates im Jahr 2013 - keine Diözesansynoden im engeren Sinn. Dennoch kam es in den meisten Diözesen vor allem im Zusammenhang mit anstehenden Strukturreformen zu Prozessen mit synodalen Elementen im Sinne von Beteiligung und Mitbestimmung der Betroffenen.
So startete beispielsweise die Erzdiözese Salzburg 2016 den "Zukunftsprozess 2018". Einen intensiven und breit angelegten Prozess der Strukturreform durchläuft gerade die Diözese Linz. Nach vier Diözesanforen steht derzeit die Umsetzung des Linzer Zukunftsweges zur Reform der territorialen Seelsorge an.
Noch intensiver und zeitlich aufwendiger ist der 2008 von Kardinal Christoph Schönborn vorgestellte Wiener diözesane Erneuerungsprozess unter dem Titel "Apostelgeschichte 2010". Nach insgesamt vier Diözesanversammlungen ist er nach wie vor in der Umsetzung und soll die Erzdiözese nicht nur eine zeitgemäße Struktur (Stichwort "Pfarre Neu"), sondern auch eine missionarische Dynamik verleihen.
Quelle: kathpress