Vulnerable schützen, Missbrauch verhindern
Beim Thema Sterbehilfe "unabdingbar" sind geeignete Rahmenbedingungen für einen Tod in Würde und Sicherheit, "der Schutz vulnerabler Gruppen, die Verhinderung von Missbrauch sowie die Freiheit von Zwang bei der Entscheidung über das eigene Lebensende". Das haben der Dachverband Hospiz Österreich und die Österreichische Palliativgesellschaft (OPG) in einer gemeinsamen Stellungnahme zum Gesetzwerdungsprozess rund um das vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) aufgehobene absolute Verbot des assistierten Suizids festgehalten. Der VfGH hatte ja dem Gesetzgeber eine Neugestaltung des betreffenden Paragrafen 78 StGB bis zum Beginn des kommenden Jahres auferlegt.
"Zentrale Eckpunkte" aus Sicht der beiden Organisationen sind dabei die Aufwertung von Hospiz und Palliative Care, die für das "Prinzip eines würdevollen und lebenswerten Lebens bis zum Lebensende durch aktive und umfassende Betreuung und Begleitung" stünden, betonte Hospiz-Dachverbands-Präsidentin Waltraud Klasnic in der Aussendung am Freitag. Zugleich versicherte sie, dass "hoher Respekt vor dem Selbstbestimmungsrecht jedes Menschen" die gemeinsame Haltung in der aktuellen Debatte leite.
Die langjährige Forderung, die Hospiz- und Palliativversorgung in Österreich mit adäquaten Ressourcen auszustatten, gewinne mit Blick auf die künftige Möglichkeit des assistierten Suizids zusätzlich an Dringlichkeit, betonen der Dachverband und die Palliativgesellschaft: Die aktuelle Unterversorgung in diesem berge das Risiko, dass Menschen sich der Option des assistierten Suizids zuwenden. "Mehr denn je" müsse deshalb sichergestellt werden, dass alle, die es benötigen, Zugang zu Hospiz- und Palliativversorgung haben - "leistbar, flächendeckend, unabhängig vom Wohnsitz, rund um die Uhr", wie es in der Stellungnahme der beiden Organisationen heißt. (Link: www.hospiz.at oder www.palliativ.at)
"VfGH hat es sich zu leicht gemacht"
Die Juristin Stephanie Merckens, die im Auftrag der Bischofskonferenz zuletzt am die Regierung beratenden "Dialogforum Sterbehilfe" teilnahm, meinte im Interview des "Oberösterreichischen Volksblatts" (Freitag), es werde nicht leicht sein, die Vorgaben des VfGH bei der Gesetzes-Neuformulierung umzusetzen. "Schon gar nicht, wenn man grundsätzliche Bedenken gegen die Entscheidung hat." Die Bioethikerin am von der Bischofskonferenz eingerichteten "Institut für Ehe und Familie" kritisierte den VfGH dafür, es sich mit seinem Entscheid zu leicht gemacht zu haben: Das bisherige Verbot der Suizidbeihilfe "war für mich eher ein Garant der Selbstbestimmung als eine Knebelung", so Merckens. Außerdem sei es eine Absicherung der Suizidprävention.
"Was wir einander in Krisen schulden, sollte das Ermöglichen von Lebensperspektiven und Lebensqualität sein, nicht eine vereinfachte Selbsttötung", hielt die Juristin fest. Der VfGH habe den Zugang nun umgedreht. Statt bei Suizidgedanken grundsätzlich zuerst davon auszugehen, dass der betroffene Mensch eine verengte Wahrnehmung seiner Lebensperspektiven haben könnte, forciere er "das Primat des Rechts auf Suizidbeihilfe". Aus ihrer Sicht habe das Höchstgericht damit "Schutzmauern niedergerissen, ohne zu zeigen, wie man den Gefahren, die er selbst erkennt, vorbeugen kann".
Quelle: kathpress