
Kirchenrechtler: Corona trifft Kirche finanziell "mit voller Wucht"
Die Corona-Pandemie trifft die Kirche hart nicht nur im Blick auf entfallene oder nur unter Auflagen zu feiernde Gottesdienste, sondern auch im Blick auf finanzielle Einbußen - wobei diese Folgen "in voller Wucht erst in den nächsten Jahren zu spüren" sein werden. Das hat der Wiener Kirchen- und Religionsrechtler, Prof. Andreas Kowatsch, im Interview mit der Nachrichtenagentur Kathpress (Mittwoch) betont. Heute müsse man daher bereits "klug planen, welche Schwerpunkte wirklich wichtig sind". Schließlich werde "vieles, was heute möglich ist, bald nicht mehr so möglich sein". Die Kirche tue daher gut daran, zu überlegen, wie sie ihren Auftrag "auch mit weniger finanziellen Ressourcen kraftvoll erfüllen kann", so Kowatsch.
Anlass des Interviews war eine von Kowatsch als Leiter des Instituts für Kirchenrecht und Religionsrecht an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien initiierte Tagung zum Thema "Vom Ererbten und Anvertrauten. Die kirchliche Vermögensverwaltung auf dem Prüfstand". Die international besetzte Online-Tagung am 3./4. Mai führte Kirchenrechtler und Vertreter unterschiedlichster Praxisfelder, die allesamt mit der kirchlichen Vermögensverwaltung zu tun haben, zusammen - darunter der Münchener Kirchenrechtler Helmuth Pree, der Innsbrucker Finanzkammerdirektor Rainer Kirchmair, Caritas-Wien-Geschäftsführer Alexander Bodmann, der Banker Günter Bergauer, Martin Van Oers von der Unitas-Solidaris Wirtschaftstreuhandsgesellschaft, der Grazer Generalvikar-Stellvertreter und Kirchenrechtler Gerhard Hörting und die Leiterin der Kontrollstelle der Erzdiözese Wien, Rita Kupka-Baier.
Kirchliches Vermögen sei stets "zweckgebunden", erinnerte Kowatsch im Interview. Das müsse man sich stets klarmachen, wenn Vorstellungen von einer "reichen Kirche" die Fantasie beflügelten und zu falschen Annahmen führten. Gewiss, die Glaubwürdigkeit der Kirche hänge spätestens seit Aufbrechen der Missbrauchskrise auch an ihrem Umgang mit ihren Vermögenswerten; das bedeute, Kirche stehe in der Pflicht, verantwortungsvoll zu wirtschaften - "zumal, wenn das Vermögen ererbt oder anvertraut ist". Anstößig sei das Thema Kirche und Geld daher nur, "wenn man der Kirche die Berechtigung abspricht, öffentlich zu wirken", so Kowatsch. Kirche dürfe in gewisser Weise nur "an zwei Orten verschwenderisch sein: im Gottesdienst und in der Unterstützung der Armen".
Die aktuell verfügbaren statistischen Daten zu den Kirchenfinanzen beziehen sich auf das Jahr 2019 - und damit auf das Jahr vor dem Ausbruch der Corona-Krise. Demnach betrug das Kirchenbeitragsaufkommen im Jahr 2019 knapp 481 Millionen Euro - dies entsprach etwa 75 Prozent der Gesamteinnahmen der Katholischen Kirche. Zwei Drittel der Budgets sichern die kirchliche Basisstruktur und die Seelsorge. So wurden laut Rechenschaftsbericht für die Pfarren und die pastoralen Aufgaben insgesamt über 412 Millionen Euro aufgewendet, was einem Anteil von rund 64 Prozent an den Gesamtausgaben entspricht.
Quelle: kathpress