Spitzenwerke zeitgenössischer Kunst in Tiroler Kirchen
"Gebt mir Bilder!" Unter diesem Titel sind demnächst Spitzenwerke zeitgenössischer Kunst in Tiroler Kirchen zu sehen - darunter Arbeiten von international bekannten Größen wie Christo, Elke Krystufek, Guillaume Bruère und Andrej Tarkowskij. Die Leitung dieses Projekts im Rahmen des laufenden Petrus-Canisius-Jahres mit Ausstellungen in Innsbruck und Hall hat der Innsbrucker Bischof und studierte Kunsthistoriker Hermann Glettler inne, der auch selbst künstlerisch tätig ist. Eröffnet wird die Schau in fünf Barockkirchen in Innsbruck und Hall sowie an drei weiteren kirchlichen Orten am 8. Mai mit einem Parcours von 10 bis 17 Uhr.
Der vor 500 Jahren geborene Innsbrucker Diözesanpatron Petrus Canisius, ein leidenschaftlicher Volksmissionar des 16. Jahrhunderts, wusste um die Bedeutung von Bildern, wie es in einer Ankündigung am Dienstag hieß. Er habe seinen Zeitgenossen nicht nur die Inhalte des Glaubens lehrmäßig vor Augen stellen wollen, "sondern auch ihre Seelen berühren - und sie so zu einem persönlichen geistlichen Weg einladen". Diesem bildtheologischen Anliegen folge nun die Präsentation von rund 50 Werken aus bedeutenden internationalen Sammlungen und prominenten Galerien, die erstmals in Tirol bei freiem Eintritt zu sehen sind.
"Neue Kunst, in der erstaunlich viele Aspekte christlicher Spiritualität vorkommen", treffe dabei auf Vertrautes und eröffne neue Räume des Staunens, der Nachdenklichkeit und vielfältiger Inspiration, versprechen die Veranstalter. Die von Kurator Hubert Salden zusammengestellte Ausstellung stehe für einen intensiven Dialog rund um existenzielle Themen des Menschseins und des Glaubens.
Vielfältige Kunst als Denkanstoß
Einige Highlights wurden bei einem Presseparcours am Dienstag gezeigt: Im Innsbrucker Jakobsdom steht eine lebensgroße männliche Figur mit dem Titel "Ecce Homo" mit gebundenen Händen und einem Kranz aus vergoldetem Stacheldraht an den Stufen zum Altarraum. Mark Wallinger (GB) stellt mit dieser Skulptur die Frage: "Sehen wir einen gewöhnlichen Menschen oder einen verborgenen Gott?" Petrus Canisius zeigt auf ihn und fordert uns auf, mit den Worten des Pilatus genau hinzuschauen: "Seht da, der Mensch!"
Das Künstlerduo SUSI POP greift in der Innsbrucker Spitalskirche das Thema Flucht und Migration auf. In einer Eins-zu-eins-Übertragung des 1816 entstandenen "Floss der Medusa", gemalt vom französischen Romantiker Théodore Géricault (1791-1824) zeigt das höchst dramatische Szenario des Schiffbruchs und Untergangs von Flüchtenden auf hoher See - ein "an Aktualität nicht zu überbietendes apokalyptisches Schreckensbild unserer Zeit", so die Ausstellungsgestalter.
In der Franz-Xaver-Kapelle der Jesuitenkirche in Hall befinden sich aneinandergereihte Gestalten, die wie Zuschauer im Stadion wirken oder wie zeitgenössisch Involvierte in das geistige Ringen, das sich im gesamten Kirchenraum entfaltet: Die Malerin Elke Krystufek zeigt eine Renaissance-Dame vom 5-Mark-Schein, daneben den Schmerzensmann, eine afrikanische Heilerin, die Apostel Markus und Paulus nach Dürer samt einem indischen Prinzen wie "unbeholfene Gäste, die aus der Zeit gefallen sind", verbunden durch Songtexte der Musikgruppe R.E.M.
Petrus Canisius als Begleiter
Die gezeigten Bilder und Skulpturen "wollen trösten, herausfordern, überwältigen und in eine Entscheidungssituation führen". Petrus Canisius, zu dessen 500. Geburtstag am 8. Mai die Eröffnung der Schau mit einem freien Parcours geplant ist, habe Bildung, Religiosität und soziales Verhalten immer als zusammengehörig verstanden; er soll den Betrachter "wie ein vertrauter und zugleich herausfordernder Freund" durch die Ausstellung begleiten.
Ausstellungsorte sind in Innsbruck der Jakobsdom, die Spitals- und Jesuitenkirche sowie das Bischofshaus, in Hall die Jesuitenkirche, die Pfarrkirche St. Nikolaus, die Schneiderkirche und der Friedhof. Kuratorenführungen im Mai und Juni 2021 finden an jedem Freitag und Sonntag um 16 Uhr in Innsbruck (Treffpunkt Domplatz) bzw. an jedem Samstag um 16 Uhr in Hall (Treffpunkt Jesuitenkirche) statt. Die Ausstellung dauert bis 30. September 2021.
Quelle: kathpress