Caritas: Ein Pflegesystem mit Zukunft braucht Sozialbetreuung
Die Caritas hat einmal mehr ihre Forderung nach einer raschen und umfassenden Pflegereform bekräftigt. Caritas-Präsident Michael Landau benannte am Dienstag im Rahmen einer Online-Pressekonferenz nochmals zentralen Forderungen der kirchlichen Hilfsorganisation. Ein Fachkräftemangel zeichne sich bereits jetzt ab, in nächster Zukunft werde der Personalbedarf aufgrund einer stark alternden Bevölkerung noch einmal deutlich ansteigen, so Landau: "Bis zum Jahr 2030 brauchen wir zusätzlich mindestens 75.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Pflege- und Sozialbetreuungsberufen."
Der Start der Pflegereform mit einer klaren Priorisierung der Personalfrage stehe noch aus: "Wir wünschen uns, dass bei der Umsetzung jetzt der Turbo eingelegt wird", so der Caritas-Präsident in Richtung Regierung und besonders in Richtung des neuen Gesundheits- und Sozialministers Wolfgang Mücksteins.
Unverzichtbarer Teil der Lösung sind für die Caritas dabei die Sozialbetreuungsberufe. Sie müssten in die Ausgestaltung der Pflegereform genauso wie Pflegeberufe aktiv miteinbezogen und berücksichtigt werden. Landau: "Gerade die Sozialbetreuerinnen und -betreuer sind es, die hilfebedürftigen Menschen ein gutes, möglichst selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Durch die Unterstützung im Alltag und einer sinnstiftenden Lebensgestaltung ergänzt Sozialbetreuung den gesundheitlichen Aspekt der Pflege im Sinne eines ganzheitlichen Menschenbilds in bester Art und Weise."
Landau sprach in diesem Zusammenhang auch die zunehmende Vereinsamung von vor allem alten Menschen an, besonders auch, wenn die Pflegebedürftigkeit über einen längeren Zeitraum hinweg andauert. Sozialbetreuerinnen und Sozialbetreuer begleiteten alte Menschen, aber auch Familien und Menschen mit Behinderung teilweise über viele Jahre. Individuelle Bedürfnisse und Lebensentwürfe würden auf Augenhöhe wahrgenommen. "Der Einsatz von Sozialbetreuern muss daher künftig noch weiter an Bedeutung gewinnen, das Potenzial dieses Berufsbildes muss auch im Bereich der Langzeitpflege in Alten- und Pflegeheimen noch stärker wahrgenommen werden", so der Caritas-Präsident.
Im Rahmen der Pressekonferenz wurde als positives Beispiel auf Oberösterreich verwiesen, das als einziges Bundesland bereits jetzt Sozialbetreuungsberufe in seine Personalschlüssel aufnimmt. Der Personalschlüssel ist ein entscheidender qualitativer Parameter, denn er legt fest, wie viele Fachkräfte Bewohnerinnen und Bewohnern von Pflegeeinrichtungen zur Verfügung stehen. Andrea Anderlik, Geschäftsführerin der Caritas für Betreuung und Pflege in Oberösterreich: "Im Gegensatz zu den restlichen Bundesländern sieht die Oberösterreichische Alten- und Pflegeheimverordnung seit Jahrzehnten vor, dass mindestens 55 bis 65 Prozent des Personals Sozialbetreuerinnen und -betreuer sind. Außerdem besteht eine gerechte Lohneinstufung, die sich am Tätigkeitsfeld und nicht an der Berufsausbildung orientiert."
Attraktives Arbeitsumfeld und Ausbildung
Voraussetzung für das Gewinnen des dringend benötigten Personals im Bereich von Pflege und Betreuung sei ein attraktives Arbeitsumfeld: Der Zeitdruck müsse reduziert und mehr Personal eingesetzt werden. Dafür brauche es eine entsprechende Finanzierung der öffentlichen Hand. Die Caritas fordert darüber hinaus kostenlose Ausbildungsangebote, wie es in Oberösterreich seit 2012 der Fall ist, sowie finanzielle Unterstützung für die Zeit der Ausbildung. Wie bei der Polizeigrundausbildung sollten auch Schüler der Bereiche Pflege und Betreuung Beiträge zur Deckung der Lebenshaltungskosten beziehen, so Landau.
Die Ausbildung für Sozialbetreuungsberufe erfolgt an den Schulen für Sozialbetreuungsberufe (SOB) und beinhaltet in drei von vier Berufsfeldern die Ausbildung zur Pflegeassistenz. Die Caritas betreibt 13 solcher Schulen in ganz Österreich. Mehr als die Hälfte aller 6.000 Schülerinnen und Schüler für Sozialbetreuungsberufe absolvierten im vergangenen Schuljahr ihre Ausbildung an einer der Caritas-Schulen.
Quelle: kathpress