Burgenland: Bischofsvikar ruft zum Offenhalten der Kirchen auf
"Geschlossene Kirchen sind ein Widerspruch, gepaart mit Gedankenlosigkeit, Verantwortungslosigkeit und Bequemlichkeit": Das betont der Eisenstädter Bischofsvikar P. Karl Schauer in einem Kommentar für die aktuelle Ausgabe der burgenländischen Kirchenzeitung "martinus". Hintergrund ist die anhaltende Debatte darüber, wie Pfarren den Spagat zwischen dem Offenhalten der Kirchen auch außerhalb von Gottesdienstzeiten und der Sorge vor Vandalismus und Einbrüchen bewältigen können. Als Lösung schlägt Schauer eine Erneuerung des kirchlichen Dienstes der sogenannten Ostiarier vor. Zu ihren Aufgaben zählten vor dem Zweiten Vatikanum u. a. das Bewachen der Kirchentüren. "Diese gibt es nicht mehr, aber es braucht die Kirchenöffner", appelliert der Bischofsvikar.
"Ein burgenländischer Pfarrer sagte mir, seit er seine Kirchen öffnet, gehen die Menschen hinein und entzünden Opferlichter", berichtet Schauer, der in der Diözese Eisenstadt für das Wallfahrtswesen zuständiger Bischofsvikar ist. Speziell in Zeiten der Corona-Pandemie hätten sich Kirchen als Zufluchtsorte erwiesen, heißt es zudem in einem den Kommentar begleitenden Artikel der "martinus"-Redaktion. Als Beispiel genannt ist etwa die Wallfahrtskirche Maria Bild im Dekanat Jennersdorf, wo der Pfarrer und sein Team mit dem Auffüllen der Desinfektionsmittelspender kaum nachkommen würden. Auch die Basilika Loretto verzeichnet demnach trotz diverser Lockdowns und Corona-Beschränkungen anhaltend viele Besucher. Es würden so viele Kerzen "wie noch in belebten Vor-Corona-Zeiten" angezündet.
Kirchen und Gotteshäuser seien keine Museen und auch mehr als Veranstaltungsräume, sondern "belebte, von Gott und seiner Gegenwart durchdrungene Räume", betont auch Bischofsvikar Schauer. Sie seien Orte von Gebet, Trauer, Zweifel und Schweigen. Dafür notwendig seien aber offene Kirchentüren. Das Gotteshaus gehöre allen, "auch den Kirchenfernen, und nicht nur frömmelnden Spezialisten, die den Kirchenraum zum Schaufenster ihrer eigenen Frömmigkeit machen möchten", so Schauer kritisch.
Die Angst vor Diebstählen ist nach Einschätzung des Benediktiners, der vor seinem Wechsel ins Burgenland lange Jahre die Geschicke von Österreichs bekanntester Wallfahrtsbasilika in Mariazell leitete, "oft nur eine Ausrede, um den Dienst des Öffnens zu unterlassen".
Wiewohl Schauer bewusst ist, dass der riesige Betrieb in Mariazell nicht mit einem kleinen Wallfahrtskirchlein in einem spärlich besiedelten Dorf vergleichbar ist, appelliert er an alle Priester eindringlich, "die Kirchen offen zu halten". In vielen Pfarren habe sich gezeigt, wie dankbar die Menschen für den Zugang zu den Gotteshäusern sind, so der Bischofsvikar: "Die Leute wollen ein Kerzerl anzünden und beten."
Sicherheitsbedenken im Zusammenhang mit dem Offenhalten der Kirchen gibt es laut "martinus" weniger in größeren, gut besuchten Wallfahrtsorten, die meist bereits über ein Videoüberwachungssystem verfügen, sondern vor allem in kleinen Pfarren mit wenigen Ehrenamtlichen, fehlender Videoüberwachung oder einer abgelegenen Kirche. Einige von ihnen setzen auf Eisengitter oder Glastüren in den Kirchenräumen, damit Gläubige nicht vor einer verschlossenen Tür stehen.
In der Wallfahrtskirche Maria Bild, deren gleichnamiger Ort knapp 200 Einwohner zählt, wirke auch die Nachbarschaft als eine Art "Wachdienst", berichtet Pfarrer Anton Pollanz in der Kirchenzeitung. Das System funktioniere sehr gut. Ungewöhnliches falle schnell auf und auch fremde Autokennzeichen würden gemeldet, so der Geistliche. Aktuell ist die Kirche täglich von 8 Uhr bis 19 Uhr geöffnet und im Sommer speziell bei Rad-Touristen ein beliebter Wallfahrtsort. Ein Kirchenbesuch sei für Menschen speziell in Krisenzeiten noch immer wichtig, so Pollanz. Mit einem etwaigen Schaden durch Vandalen oder Diebe "muss man leben".
Quelle: kathpress