Katholische Sozialakademie: Künftig weniger Personal und neuer Fokus
Vorerst kleiner und personell schlanker, aber ihrem Gründungsauftrag nach wie vor treu, soll die reformierte Katholische Sozialakademie (ksoe) künftig tätig sein. Das hat der derzeitige interimistische Direktor Markus Schlagnitweit im Rahmen eines "Online Jour fixe" des Verbandes Katholischer Publizisten betont. Ein großes Anliegen sei es ihm, so der ksoe-Direktor, dass auch künftig Frauen stark in der ksoe vertreten sein werden.
Der Gründungszweck, der schon vor über 60 Jahren formuliert wurde, bleibe im Wesentlichen erhalten, nämlich die Erforschung und Verbreitung der katholischen Soziallehre als zentrale Aufgabe; allerdings mit einem stärkeren Fokus auf der Erarbeitung und Entwicklung wissenschaftlicher Expertise zur katholischen Soziallehre. Zusätzlich werde die ksoe sicher auch weiterhin Bildungsaufgaben wahrnehmen, aber wohl mit neuen Formaten.
Interdisziplinäre Grundlagenforschung
Die ksoe werde in Zukunft mit einem viel kleineren Team weiterarbeiten, kündigte Schlagnitweit an. Dabei werde es sich zumindest am Anfang wohl nur um eine Handvoll Leute handeln, wobei der Fokus auf junge Wissenschaftlerinnen liegen soll, die in Disziplinen arbeiten, die von der katholischen Soziallehre adressiert werden; also etwa Wirtschaft, Soziologie oder Politikwissenschaft. Diese Brückenfunktion zu anderen Wissenschaftsdisziplinen hin solle künftig eines der Wesensmerkmale der ksoe sein.
Zum einen sollte es künftig um Grundlagenforschung zur katholischen Soziallehre geben, zum anderen aber auch um angewandte Forschung. Hier wären etwa die Armutsforschung oder die Sozialpolitik angedachte Aufgabenfelder.
Weiters soll ein wissenschaftlicher Beirat eingerichtet werden, in dem u.a. Delegierte der Bischofskonferenz, aber auch der Caritas und eventuell auch anderer Wissenschaftsdisziplinen vertreten sind, und der die großen Leitlinien bzw. das grundsätzliche Arbeitsprogramm vorgeben soll.
Was er dem jetzigen Reformprozess u.a. positiv abgewinnen könne, sei die Tatsache, dass sich die Bischofskonferenz "so intensiv wie schon seit Jahrzehnten nicht mehr mit der ksoe auseinandersetzt". Mit der Bischofskonferenz müsse es eine enge Verbindung geben, zugleich müsse die ksoe ein unabhängiges Institut mit eigenständiger Rechtspersönlichkeit bleiben, weil man sonst auch in der wissenschaftlichen Community jede Voraussetzung verlieren, ein adäquater Kooperationspartner zu sein. "Die ksoe wird also sich nicht einfach nur ein Büro der Bischofskonferenz", hielt Schlagnitweit fest.
Er gehe davon aus, dass die Bischofskonferenz ihre finanziellen Zuwendungen in etwa im gleichen Ausmaß weiterführen werde wie bisher, so der ksoe-Direktor. Zudem hoffe er auf eine zusätzliche Anschubfinanzieung in den ersten Jahren der neuen ksoe. Fix sei das aber alles noch nicht.
Die goldenen Jahre der ksoe sind freilich längst vorbei. Schon seit der Finanz- und folgenden Wirtschaftskrise ab 2008 sei der finanzielle Druck auf die ksoe enorm gewesen, erinnerte Schlagnitweit. Zuvor, in den guten Jahren, hatte die Basisfinanzierung der Bischofskonferenz oft gerade einmal 20 bis 25 Prozent des ksoe-Budgets ausgemacht. Dann seien viele bisherigen Projekte und Kunden über Nacht weggebrochen. Das habe etwa den Bereich der Organisationsberatung betroffen; aber auch die Lehrgänge.
Eine weitere inhaltliche Neupositionierung, die Schlagnitweit ansprach: Die ksoe sollte zu einer "kirchlichen Dialog- und Diskursplattform in alle gesellschaftspolitischen Lager hinein" werden. Er habe den Eindruck, so der ksoe-Direktor, "das ist etwas, was unsere Gesellschaft immer mehr fehlt. Es wird nicht mehr miteinander diskutiert, sondern man richtet sich die Sachen über Twitter oder sonstige Medien aus."
Neuer Direktor wird im Juni bestimmt
Markus Schlagnitweit, Linzer Priester, Sozial- und Wirtschaftsethiker, hat im vergangenen November interimistisch die Leitung der ksoe übernommen. (Er war bereits von 2005 bis 2009 ksoe-Direktor.) Neben ihm wirkt Julien Fenkart als zweiter Direktor, der für den Zeitraum des Reformprozesses vor allem für die finanzielle Sanierung bzw. Abwicklung der Organisation zuständig ist. Sein Mandat läuft im Sommer aus. Und auch Schlagnitweits Leitungsamt ist bis August befristet. Ob er verlängert wird, oder ein neuer Direktor oder eine Direktorin bestellt wird, soll bei der Sommervollversammlung der Bischofskonferenz im Juni entschieden werden, sagte Schlagnitweit.
Die ksoe befindet sich derzeit in einem internen Reformprozess. Grundlage für diesen Prozess ist ein Beschluss der Österreichischen Bischofskonferenz vom Juni 2020. Die Neuaufstellung wird durch eine bischöfliche Lenkungsgruppe begleitet, der die Bischöfe Werner Freistetter, Hermann Glettler und Josef Marketz angehören. Gemeinsam mit den Bischöfen hat eine Expertengruppe inhaltliche Zukunftsperspektiven für die ksoe erarbeitet. Die Gruppe nahm im vergangenen Oktober ihre Arbeit auf.
Quelle: kathpress