Gründonnerstagliturgien: Bischöfe für weltzugewandte Kirche
Die Kirche im Sinne Jesu muss fähig sein, den Menschen weit entgegenzugehen und wie Jesus selbst keine Berührungen mit der Welt zu fürchten: Das hat Erzbischof Franz Lackner am Beginn des Triduum Sacrum in der Gründonnerstagliturgie im Salzburger Dom betont. In seiner Predigt erinnerte er an die im Johannesevangelium überlieferte Fußwaschung Jesu an seinen Jüngern - nach damaligem Verständnis eine Sklavenarbeit. "Kein Mann, der nur etwas Selbstachtung besaß, wusch einem anderen Mann die Füße", erklärte der Erzbischof. Doch genau diese Art der Zuwendung zu den Mitmenschen entspreche Gottes Plan, der auch für die Kirche heute verbindliche Richtschnur sei.
Die Unterwerfung Jesu unter den göttlichen Willen habe auch Petrus, der Mann, auf den Jesus seine Kirche bauen wollte, und spätere erste Papst drastisch vermittelt bekommen: Seinen Widerstand gegen die vermeintliche Erniedrigung Jesu wies dieser scharf zurück: "Wenn ich dich nicht wasche, hast du keinen Anteil an mir."
Diese unbedingte Übereinstimmung mit dem Willen Gottes sei heute vielfach in den Hintergrund geraten, bedauerte Lackner. Heute werde das Allermeiste nur mit dem Willen der Menschen abgestimmt. "Da sind wir nicht auf der Seite Jesu, sondern wir lassen uns vom Wind des Zeitgeistes drehen", warnte der Erzbischof. "Wer fragt heute noch, ob es der Wille Gottes ist, wie mit dem Menschsein an den ausgezeichneten Momenten des Lebens, wie Anfang und Ende des Lebens, umgegangen wird?"
Sowohl in der Einsetzung der Eucharistie beim letzten Abendmahl - Jesus gab sich dabei selbst als Speise hin - als auch in der Fußwaschung offenbart sich nach den Worten Erzbischof Lackners, wie weit die Liebe zu gehen bereit ist. Zur Eucharistie zitierte Lackner Franz von Assisi, den Gründer des Franziskanerordens, dem der Erzbischof angehört: "Seht die Demut Gottes, wie er sich in der anspruchslosen Gestalt des Brotes verbirgt." Daraus habe der große Heilige die Mahnung an die Gläubigen abgeleitet: "Demütigt auch ihr euch!"
Schönborn: Dienst am Menschen ist "Eucharistie"
Auch Kardinal Christoph Schönborn kam in der Gründonnerstagsmesse im Wiener Stephansdom auf die zwei zeichenhaften Handlungen während des letzten Abendmahls zu sprechen. Zum einen gab Jesus Brot und Wein mit den Worten "Das ist mein Leib" und "Das ist mein Blut" eine neue Bedeutung, als Hinweise auf seinen Tod und seine Auferstehung. Zum anderen wusch er den Jüngern die Füße, "damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe". "Vielleicht", so Schönborn in seiner Predigt, "begreifen wir das Geheimnis der Eucharistie erst, wenn wir das Geheimnis der Fußwaschung begriffen haben". Der Kardinal wies auf das Beispiel einer Ordensfrau hin, die 40 Jahre die Intensivstation in einem Ordenskrankenhaus leitete und ihre Tätigkeit "ihre Eucharistie" nannte.
Elbs: Gott "nicht irgendwo da oben" zu finden
Wer von Gott rede, erhebe oft intuitiv den Blick zum Himmel, sagte der Vorarlberger Bischof Benno Elbs im Gründonnerstags-Gottesdienst im Feldkircher Dom. Die Fußwaschung Jesu zeige jedoch, dass es "im Grunde genau anders" sei: "Gott schwebt nicht in anderen Sphären 'irgendwo da oben', sondern er ist an unserer Seite, er ... macht sich klein und bückt sich". Und Elbs fügte hinzu: "Wenn wir uns bücken und den Menschen zuwenden, die in Not sind und Hilfe brauchen, dann sind wir am Ort Gottes. In den Armen begegnen wir Christus." Nicht herrschsüchtig, hochmütig oder rechthaberisch sollten Christen somit auf Menschen zugehen, "sondern hilfsbereit und verständnisvoll und immer darauf aus, die Kleinen und Schwachen großzumachen".
Auch in der Eucharistie bücke sich Jesus nach den Worten von Bischof Elbs zu den Menschen hinunter "und streckt uns seine Hand entgegen. Er lädt uns ein zur Gemeinschaft mit ihm".
Scheuer: Kirche ist keine Idealgemeinschaft
Bischof Manfred Scheuer nahm "Das Mahl der Sünder" des verstorbenen deutschen Künstlerpriesters Sieger Köder und die darauf zu sehende illustre Gesellschaft zum Ausgangspunkt seiner Gründonnerstagspredigt im Linzer Mariendom. Auch der Kreis der zwölf Apostel beim letzten Abendmahl sei "keine Gemeinschaft von ausschließlich moralisch hochstehenden Idealisten" gewesen. Scheuer nannte neben Judas auch den Jesus verleugnenden, manchmal unverständigen Petrus, den mit Macht und Prestige liebäugelnden "Lieblingsjünger" Johannes und die anderen, die sich beim Kreuzweg Jesu "aus dem Staub gemacht" hätten. Der Zwölferkreis, Säulen der späteren Kirche, sei eine höchst gemischte, menschliche, "allzu menschliche" Gesellschaft.
Das gelte auch für die heutige konkrete Kirche, wies der Linzer Bischof hin. Sie sei keine Gemeinschaft von ausschließlich Gesunden und Reifen, sondern eine höchst gemischte Gesellschaft. Scheuer zitierte Albert Görres, demzufolge die Kirche für alle da sei: für Gerechte und Ungerechte, Sympathische und Unsympathische, Dumme und Gescheite; für Neurotiker, Sonderlinge, für Feiglinge und Helden, zwanghafte Legalisten, für Fanatiker "und auch für eine Minderheit von gesunden, ausgeglichenen, reifen, seelisch und geistig begabten, liebesfähigen Naturen". Scheuer: "In diese Gemeinschaft hinein hat sich Jesus beim Abendmahl verschenkt."
Auch heutige Gläubige hätten Anteil an Verrat und Auslieferung, am Bruch von Vertrauen. "Wir verdunkeln auch durch unser Leben die frohe Botschaft, wir stellen uns auch zwischen Jesus und die Menschen und blockieren den Zugang", gestand der Bischof ein - und fügte ein "Aber auch" hinzu: "Wir lassen an uns die Liebe Gottes geschehen, wir vollziehen die Selbsthingabe Jesu mit, und wir geben den Glauben in Wort und Tat weiter."
Gründonnerstagsriten gekürzt
Der Ritus der Fußwaschung entfiel heuer pandemiebedingt nach einer Anordnung der römischen Gottesdienstkongregation. Dieser Brauch ist seit der Antike bekannt und war ursprünglich Teil des Taufritus. Jahrhundertelang außerhalb der Eucharistie gefeiert, ist er seit der Reform der Osterliturgie durch Papst Pius XII. (1956) Teil des abendlichen Gottesdienstes am Gründonnerstag.
Quelle: kathpress