Hilfsorganisationen ziehen Bilanz über ersten Corona-Winter
Mit Maskenpflicht, regelmäßigen Corona-Tests, Trennwänden und einer Reduktion von Betten versuchen Hilfsorganisationen wie Caritas und "VinziWerke", Corona-Erkrankungen unter Obdachlosen entgegenzuwirken. Bisher mit Erfolg: Die befürchteten Cluster in Notschlafstellen oder Tageszentren für Obdachlose blieben im ersten Corona-Winter ausgeblieben, berichtete "Die Presse" am Samstag. Einen Zuwachs habe es hingegen bei der Inanspruchnahme der Caritas-Winterhilfe gegeben, informierte Klaus Schwertner, geschäftsführender Direktor der Caritas Wien. So sei allein im November der Zustrom in die Caritas-Wärmestuben - wo es Verpflegung und geheizte Aufenthaltsräume gib - wesentlich stärker als in den Jahren zuvor gewesen.
Betroffene kämen in die Wärmestuben aufgrund der sozialen Folgen der Pandemie. "Mir haben die Leute unter anderem erzählt, dass sie ihren Job verloren hätten und alleinerziehend seien. Viele hätten sich nie gedacht, dass sie einmal in diese Situation kommen würden", berichtete Schwertner. Die Caritas-Winterhilfe wurde als Folge der Pandemie im letzten Jahr auf 365 Tage im Jahr verlängert. "Das ist eine der wenigen positiven Dinge, die Corona mit sich gebracht hat", so der Caritas-Direktor.
Aktuell gebe es zwar noch Delogierungsstopps und Stundungen, nach deren Ablauf werde es aber einen Anstieg an Hilfe suchenden Menschen geben. "Wir spüren jetzt schon langsam seit dem Herbst, dass sich neue Gesichter bei unseren Anlaufstellen zeigen", so die "VinziWerke". Betroffen seien vor allem die "Working poor", also Menschen aus der Arbeitswelt, denen aber unter anderem durch die Kurzarbeit das Geld zu knapp wird.
Kaum Erkrankungen
Anders als in Paris, wo laut Meldungen teils 40 Prozent der Obdachlosen mit dem Coronavirus infiziert waren, habe es in Wien nur vereinzelte Corona-Erkrankungen unter Wohnungslosen gegeben, so Schwertner. Zwar stelle die Pandemie die Hilfsorganisation vor eine "Mega-Herausforderung", doch habe man solche Zustände "in Österreich und Wien bisher nicht wahrgenommen". Nur vereinzelt habe es positive Fälle in den Einrichtungen der Caritas gegeben, jedoch keinen Cluster. Ein ähnliches Bild zeichneten die "VinziWerke".
Zurückzuführen sei dies auf die Corona-Maßnahmen, aber auch auf die bereits reduzierten sozialen Kontakte bei Obdachlosen. Viele Betroffene hätten zudem Vorerkrankungen, durch die sie zur Risikogruppe gehören und sich daher noch intensiver schützen würden. Hinzu komme die Angst vor der Ansteckung, aufgrund der fehlenden Sozialversicherung, so die "VinziWerke".
Die laut Presse "wohl kleinste Teststraße der Stadt" liege in der Einrichtung "VinziBett"in Wien Ottakring. Die Notschlafstellenleiterin Ingrid Giller lässt jede Woche die Gäste der Vinzi-Einrichtung auf das Coronavirus testen. Das Material dafür wird von der Stadt Wien zur Verfügung gestellt, die Testungen werden von Ehrenamtlichen durchgeführt und sind für die Obdachlosen freiwillig. Am Anfang seien einige skeptisch gewesen, mittlerweile würden sich aber alle ganz selbstverständlich testen lassen, so Giller.
Als positive Auswirkungen die Viruserkrankung bezeichnen die "VinziWerke" die "Welle an Hilfsbereitschaft", die sich sowohl bei Spenden als auch bei der Mitarbeit bemerkbar mache. Zwar seien in der ersten Coronawelle rund 60 Prozent der ehrenamtlichen Helfer weggefallen, jedoch seien sehr viele Interessierte und österreichweit 270 neue ehrenamtliche Mitarbeiter dazubekommen.
Caritas-Chef im Radio
Aktuell gibt der Kärntner Caritasdirektor Ernst Sandriesser in der Sendung "Morgengedanken" der ORF-Regionalradios bis Samstag (13. März) täglich persönliche Impulse für den Tag. Im Mittelpunkt stehen Gedanken zur Obdachlosigkeit und Armut, zu Flucht und Leid und zur Chancengleichheit im Leben. "Es gibt auch viele Menschen, die ihr Leben für andere einsetzen", so Sandriesser im ORF-Sendeformat, das täglich um 5.40 Uhr beginnt.
Quelle: kathpress