CoV-Krise: Diakonie-Chefin Moser gegen permanente Schuldzuweisunge
Ein "Spiel mit der Schuld, in dem die Pflegeheime immer das Bummerl haben", ortet Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser in der laufenden Corona-Krise. In einem Gastkommentar für die Zeitung "Der Standard" (Dienstag, 2.2.2021) identifizierte Moser fünf "Ohrfeigen", für die Pflegekräfte seit Ausbruch der Pandemie die Wange hinhalten hätten müssen. Das beginne bei der heftigen Kritik an den strengen Besuchsregelungen zu Beginn des ersten Lockdowns im März 2020, gehe weiter über Schuldzuschreibungen für hohe Fallzahlen, den Aufschrei angesichts der geringen Impfbereitschaft des Personals und der Impfungen etwa für Bürgermeister und münde im Kopfschütteln über weggeworfene Impfdosen.
Moser, deren evangelisches Hilfswerk Diakonie selbst zahlreiche Pflegeeinrichtungen betreibt, rückte diese Punkte aus ihrer Sicht zurecht. So sollten zum Beginn der Impfungen die Heime dafür Verantwortung tragen, dass Impfdosen nicht weggeworfen werden. Gleichwohl: "Konkrete Vorgaben, an wen übrig bleibende Dosen verimpft werden sollen, gibt es keine. Klar ist nur: Gelieferter Impfstoff kann maximal fünf Tage im heimeigenen Kühlschrank gelagert werden; ist ein Fläschchen angebrochen, muss der Inhalt binnen drei Stunden verimpft werden."
Es sei nicht zulässig, dass mehr Impfstoff bestellt würde, um "Prominente" wie Bürgermeister vorzeitig zum Zug kommen zu lassen, betonte Moser weiter. Gleichzeitig rief sie zu nüchterner Betrachtung auf: Da die Impfstoffe eine Woche vor Impfung bestellt werden müssten, ließe es sich nicht vermeiden, dass Dosen übrig blieben. Heimbewohnerinnen und -bewohner könnten in der Zwischenzeit erkranken, andere ihre Entscheidung überdenken. "Es kann nicht die Aufgabe der Pflegekräfte sein, die über 80-Jährigen in einer Gemeinde durchzutelefonieren", hielt die Diakonie-Direktorin fest. Daher hätten die Heime ihnen bekannte Personen, "die im Fall des Falles zuverlässig greifbar sind", auf die Listen gesetzt. Ein Aufschrei war die Folge.
"Fragt Pflegeheime, wie es ihnen geht"
"Skandalisieren ist ja auch einfacher, als Verantwortung zu übernehmen. Verantwortung übernehmen heißt handeln: unter konkreten Umständen und in unübersichtlichen Situationen, unter Zeitdruck und Zeitknappheit, mit Vorgaben, die aber nicht alles abdecken, angesichts von Dilemmata und der Notwendigkeit abzuwägen, immer in der Gefahr Fehler zu machen", so Moser in ihrem Gastkommentar. Den Kritikern rät sie: "Bevor ihr aufschreit - fragt die Pflegeheime, wie es ihnen geht. Fragt nach ihrer Situation und den Umständen. Vor allem wenn ihr die Pflegekräfte nicht verlieren wollt." Denn gegen deren zunehmende Frustration, so die Diakonie-Direktorin, helfe keine Kampagne zur Attraktivierung des Pflegeberufs.
Quelle: kathpress