Scheuer betont jüdische Wurzeln der hl. Teresa von Avila
Der Linzer Diözesanbischof Manfred Scheuer hat die jüdischen Wurzeln der Hl. Teresa von Avila (1515-1582) betont. In seiner Sonntagspredigt beim nicht öffentlich zugänglichen Gottesdienst bei den Karmelitinnen in Linz ging der Bischof auf das Leben und spirituelle Werk der Heiligen und Kirchenlehrerin ein. Diese war selbst Karmelitin und hat den Orden wesentlich mitgeprägt. Teresa war die Tochter eines jüdischen Konvertiten, erinnerte Scheuer:
Teresa war sich ihrer jüdischen Abstammung bewusst, wenn sie darüber auch nie sprach. Ihr Schweigen ist verständlich, da die Judäo-Konvertiten trotz ihrer Bekehrung von der nichtjüdischen spanischen Gesellschaft schwer benachteiligt wurden.
Das habe auch die Orden betroffen. Nur wenige hätten damals überhaupt Konvertiten aufgenommen, räumte Scheuer ein. Die Karmeliten waren dahin gehend eine positive Ausnahme. Teresa trat 1535 in den Karmel in Avila ein.
Bischof Scheuer wies in seiner Predigt darauf hin, dass man in Teresas Schriften auch einen jüdischen Hintergrund erkennen könne, vor allem in ihrer Schrift "Die innere Burg". Darin gibt sie ihren Mitschwestern Hilfestellungen für deren Gebete. Der von ihr beschriebene Stufenweg macht die unterschiedlichen Glaubenseinstellungen und Glaubensfähigkeiten anschaulich. Sie beschreibt dies als eine Burg mit sieben Räumen, ein Bild, das als Rahmen für die Beschreibung der Seelenreise auf der Suche nach der Vereinigung mit Gott dient. Dasselbe Bild finde sich auch im Sohar, dem klassischen Buch der jüdischen Mystik, so Scheuer: Die Parallelen zwischen dem Sohar und der "Inneren Burg" seien ein Beleg dafür, dass Teresa sich der jüdischen Lehre bewusst gewesen sein musste, auch wenn sie das Sohar selbst wohl nicht gelesen hatte.
Ein Abschnitt des Sohar heiße Hekalot oder Wohnungen. Er beschreibt sieben Kammern, durch die ein Mystiker gehen muss, um zur Schau des Thrones Gottes zu gelangen. Engel bewachen die Türen von der einen zur nächsten, außer der sechsten, die keine Tür zur siebten hat. Der Schauende erbittet sich ein magisches Siegel, um durch die Türen gehen zu können. Gottes Thron in der siebten Kammer ist aus Kristall, wie ein Diamant, Feuer und Licht strömen von ihm aus und erleuchten alle die Kammern. Das Ende der Seelenreise ist die liebende Vereinigung mit Gott, versinnbildlicht durch den Liebeskuss, der die Seele unter Umständen vom Leib trennen und daher tödlich sein kann.
Die Kirchen begingen am Sonntag den "Tag des Judentums", an dem in den Gottesdiensten auf die Wurzeln des Christentums im Judentum hingewiesen wurde. Bischof Scheuer ist zudem in der Österreichischen Bischofskonferenz führend für den offiziellen Dialog bzw. die Beziehungen zum Judentum zuständig.
Bachler: Erst seit Shoah Umdenken in Kirchen
Die evangelische Oberkirchenrätin Ingrid Bachler hat am Sonntag dazu aufgerufen, "nicht über das Judentum zu lernen, sondern vom Judentum und besonders mit Jüdinnen und Juden". In der Ö1-Sendung "Zwischenruf" sah Bachler, die Kirchen "auf dem Weg, den spirituellen und theologischen Reichtum des Judentums als Fundament unseres eigenen Glaubens neu zu entdecken."
Die theologische Verachtung und gesellschaftliche Abwertung des Judentums hätten über Jahrhunderte hinweg jenen Nährboden geschaffen, auf dem der Antisemitismus wachsen konnte: "Erst seit den Verbrechen der NS-Zeit, der Schoa, hat in den Kirchen ein Umdenken begonnen."
Das Judentum sei die Wurzel des Christentums, so Bachler. Sie verwies auf die die Überlieferungen des Ersten (Alten) Testaments und insbesondere die Geschichten der Frauen, "die vom Aufbrechen in Unbekanntes, von Gottvertrauen und Mut zeugen". Bachler zitierte als Beispiele etwa Ester oder Judit, die durch ihr Handeln das jüdische Volk retteten. Und auch Jesus sei Jude gewesen: "Er ist im jüdischen Volk beheimatet. Seine Vorfahren, seine innige Beziehung als geliebter Sohn zu seinem Vater im Himmel, sein Beten und seine Botschaft - alles wurzelt tief in der Glaubenstradition Israels."
Quelle: kathpress