Bischof Glettler: "Hilfe vor Ort reicht nicht aus"
Angesichts der andauernden Notsituation von Flüchtlingen auf der griechischen Insel Lesbos braucht es mehr als nur eine Hilfe vor Ort, diese "reicht nicht aus": Darauf hat der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler, jüngst Besucher des Flüchtlingslagers Kara Tepe auf der griechischen Insel Lesbos, in der ORF-Sendereihe "Orientierung" am Sonntag hingewiesen. Glettler erinnerte daran, dass Kara Tepe als Notfalllager aufgebaut worden sei, dessen Infrastruktur nicht für den Winter taugte. "Wir können und dürfen Menschen darin nicht internieren", mahnte der Bischof. Er bekräftigte damit auch seine Forderung zumindest 100 Familien in Österreich aufzunehmen. Gemeint seien Familien, die ohnehin schon einen positiven Asylbescheid hätten, aber von Lesbos nicht wegkommen.
"Alles, was man unternimmt, damit die Menschen über den Winter kommen ist wichtig", meinte Glettler zu den aktuellen Bemühungen, eine Infrastruktur für die circa 7.500 Flüchtlinge in Kara Tepe aufzubauen. Trotzdem herrsche auf Lesbos ein humanitärer Notstand, der nur durch eine Teilevakuierung - besonders der vulnerablen Gruppen, wie Familien mit Kleinkindern - gelöst werden könne, so der Innsbrucker Diözesanbischof.
Der Vorschlag 100 Familien in Österreich aufzunehmen, sei unabhängig von der Asyldebatte zu bewerten, da es sich um einen humanitären Notfall handle, erläuterte Glettler. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass die Zahl von 100 Familien eine "willkürliche Zahl" sei; es gehe um eine "überschaubare Zahl an Personen, die wir leicht aufnehmen und integrieren können". Schon jetzt gebe es 250 Familien auf Lesbos mit einem positiven Asylbescheid, von dieser Gruppe könnte Österreich eine gewisse Zahl an Schutzsuchenden aufnehmen, lautete sein Vorschlag.
Seinen Einsatz für Schutzsuchende auf der griechischen Ägäis-Insel erklärte Glettler mit der Aufforderung des Evangeliums, dass "Nächstenliebe nicht am Tellerrand der eigenen Befindlichkeit" stehen bleiben soll. Das Christentum habe eine "politische Stoßkraft" und auch als Bischof müsse er auf "soziale Wunden schauen". Als christlich-soziale Politik bezeichnete es Glettler in diesem Zusammenhang, Menschen zu Hilfestellungen zu ermutigen, "zu schauen, dass alle Ressourcen der Menschlichkeit freigesetzt werden können". Zudem sei es christlich-sozial die sozialen Zusammenhänge zu betrachten und gegen Ängstlichkeit zu motivieren.
Orientierungshilfe zu Lesbos
In einer eigens herausgegeben Orientierungshilfe reagiert der Innsbrucker Diözesanbischof nun auch auf Fragen über das Flüchtlingselend auf der griechischen Insel Lesbos. Man wolle damit eine "Hilfestellung für jene bieten, die sich selbst politisch oder mit einer konkreten Hilfsmaßnahme engagieren möchten", erläuterte die Diözese in einer Aussendung am Sonntag. Glettler, der im Dezember selbst das Flüchtlingslager Kara Tepe auf Lesbos besucht hat, beantwortet auf der Homepage der Diözese Innsbruck Anfragen, wie z.B.: "Was ist die wirkliche Situation auf Lesbos?", "Es gibt so viel Elend auf der Welt. Warum sich nur um Lesbos kümmern?" oder "Was kann die österreichische Regierung/Politik tun? Nehmen wir nicht ohnehin schon sehr viele Flüchtlinge auf?".
Hintergrund seien die vielen Fragen, die die Kommunikationsabteilung der Diözese Innsbruck und das Büro von Bischof Glettler erreicht hätten, hieß es. Die Orientierungshilfe werde laufen ergänzt und aktualisiert. "Der Bischof ist bemüht, aus seiner Perspektive eine Orientierung zu geben", so die Diözese.
Breite Unterstützung
Unterstützung erhalte er auch vonseiten der Bischofskonferenz (Biko), bekräftigte Glettler. Sowohl im pfingstlichen Hirtenwort, als auch in der Vollversammlung im November, hätte sich die Biko zu Wort gemeldet und die Situation auf Lesbos als "Schande innerhalb Europas" bezeichnet und dazu aufgerufen aktiv zu werden.
Zuletzt hatten sich zahlreiche Kirchenvertreter, darunter Kardinal Christoph Schönborn und Erzbischof Franz Lackner, für die rasche Aufnahme besonders Notleidender aus Kara Tepe ausgesprochen. Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen schloss sich dem Appell an den türkisen Teil der Bundesregierung an. Zuletzt hatten auch christliche Initiativen dazu aufgerufen, Flüchtlinge aus Lesbos aufzunehmen, etwa die "Solidarregion Weiz". Eine breite Bewegung in ganz Österreich wünscht sich mittlerweile eine humanitäre Aufnahme der Notleidenden, wies Glettler zuletzt in der "Tiroler Tageszeitung" (3.1) hin.
Quelle: kathpress