Aufnahme von Lesbos-Flüchtlingen: Ministerin Raab für EU-Gesamtlösung
Angesichts der nicht zuletzt von kirchlicher Seite vehement eingeforderten Aufnahme von Flüchtlingskindern und -familien aus Lesbos in Österreich hat die u.a. für Integrationsagenden zuständige Kanzleramtsministerin Susanne Raab (ÖVP) auf eine europäische Lösung gepocht: Angesichts der Bilder aus den Lagern sei es augenscheinlich, dass man helfen müsse - das sei "überhaupt keine Frage", schließlich lasse dies "niemanden kalt", sagte Raab im Interview mit der Wochenzeitung "Die Furche" (aktuelle Ausgabe). "Aber wir haben auch fernab von Lesbos in vielen Teilen der Welt schreckliche Zustände - vor allem für Kinder und Jugendliche." Es brauche daher "eine europäische Gesamtlösung."
Die jede Aufnahme von zusätzlichen Flüchtlingen ablehnende Haltung der Regierung rechtfertigte die Ministerin u.a. mit dem Hinweis, dass man überzeugt sei, "dass es am besten ist, vor allem die Zustände vor Ort zu verbessern". Entsprechend habe man etwa vor Weihnachten noch eine Tagesbetreuungsstätte mit den SOS-Kinderdörfern ins Leben gerufen, Gelder aus dem Auslandskatastrophenfonds zur Verfügung gestellt und 50 Tonnen an Hilfsgütern nach Griechenland geschickt, so Raab. Zudem verwies die Ministerin darauf, dass Österreich allein im vergangenen Jahr 5.730 Kindern und Jugendlichen Asyl, subsidiären Schutz oder humanitäres Bleiberecht gewährt habe: "Und wir werden natürlich weiter unseren asylrechtlichen Verpflichtungen nachkommen und zusätzliche Hilfe vor Ort leisten."
Ende des vergangenen Jahres hatten die österreichischen Bischöfe und zahlreiche weitere kirchliche und zivilgesellschaftliche Organisationen die Aufnahme von zumindest 100 Flüchtlingskindern oder -familien aus den desolaten Lagern auf Lesbos gefordert. Besonders engagierte sich dabei der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler, der selbst zu einem Lokalaugenschein nach Lesbos gereist war.
Konsequent gegen "politischen Islam" vorgehen
Weiters verteidigte Raab einmal mehr das Vorgehen gegen den "politischen Islam". Es gehe dabei keineswegs um ein Vorgehen gegen den "Islam als Religion" bzw. um einen "Generalverdacht gegen die Muslime in Österreich", so Raab, sondern gegen eine "gefährliche Ideologie": Wo der Islam für extremistische Haltungen "missbraucht" werde, und sich dies "gegen unsere Werte und die Demokratie stellt", müsse man "tätig werden": "Und ich weiß aus zehn Jahren Integrationsarbeit, dass es auch in Österreich Organisationen und Moscheen gibt, in denen der 'politische Islam' verbreitet wird, der auch der Nährboden für gewaltbereiten Extremismus ist".
In diesem "Kampf" setze der Staat auf die "professionelle Zusammenarbeit" etwa mit der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ), die im Übrigen im Vorfeld des umstrittenen "Extremismuspakets" durchaus eingebunden gewesen war, unterstrich die Ministerin. In diesem Zusammenhang verteidigte Raab auch die "Operation Luxor" aus dem vergangenen November, bei der in Form von Hausdurchsuchungen im Umfeld der IGGÖ und anderen muslimischen Organisationen nach Kontakten zur Muslimbruderschaft und einem Konnex zum Wiener Anschlag von Anfang November gesucht wurde. "Wir müssen gegen alle Organisationen konsequent vorgehen, die einen 'politischen Islam' verbreiten - und ich bin froh, dass der Innenminister gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft das tut", so Raab.
In der Integrationspolitik setzt Raab laut eigener Aussage auf einen Mix aus Sanktionen und Förderung: "Zum einen braucht es klare Sanktionen, denn das, was wir in der Silvesternacht erlebt haben, dass Gewalt auf Österreichs Straßen verbreitet wird, ist absolut nicht zu tolerieren. Wo Werte und Grenzen verletzt werden, können wir nicht einfach die Augen verschließen. Das andere ist, wie wir junge Menschen erreichen. (...) Jeder Mensch, ob mit oder ohne Migrationshintergrund, findet in Österreich großartige Chancen vor. Diese Chancen den jungen Menschen zu vermitteln, ihnen den nötigen Rucksack mit Deutschkenntnissen und sozialer Kompetenz mitzugeben und insbesondere Mädchen auch Möglichkeiten aufzuzeigen, selbstbestimmt zu leben und etwa in technische Berufe zu gehen, die besser bezahlt sind: Diesen Weg möchte ich in der Integrationspolitik gehen."
(Wortlaut des Interviews unter: https://www.furche.at/politik/susanne-raab-das-ist-kein-angriff-auf-muslime-4513199)
Quelle: kathpress