Brasilien: Waidhofner "Bischof der Armen" wird 80
Kritik an der wachsenden Konsumgesellschaft und Ungerechtigkeit Brasiliens übt der emeritierte austro-brasilianische Bischof Alfredo Schäffler, der am 18. Jänner seinen 80. Geburtstag feiert. Brasilien mit mehr als 200 Millionen Einwohnern sei reich, aber "mit sehr vielen armen Menschen, die am Rande der Gesellschaft ihr Leben fristen", so der gebürtige Niederösterreicher in einem Interview der Kirchenzeitung "Kirche bunt" (aktuelle Ausgabe). "Die am Lebensanfang oder Lebensende stehen, werden vielfach vergessen, weil sie noch nichts produzieren oder nichts mehr produzieren." Sein Einsatz gelte daher besonders den Kindern und alten Menschen, erklärte Dom Schäffler, der seit über 50 Jahren als Priester in Brasilien wirkt, davon 16 Jahre als Bischof der Diözese Parnaiba (2001-2016).
Soziale Strukturen könnten dann verbessert werden, "wenn wir die Menschen zu einem überzeugten Glaubensleben führen", so der Missionsbischof. Anlässlich seines 80. Geburtstages ist aktuell auch ein Buch unter dem Titel "Ein Leben für die Kirche - Dom Alfredo Schäffler" im Verlag Editora Nova Alianca erschienen.
Der gebürtige Waidhofner (Ybbs), der 1966 nach Brasilien ging, nannte eine Reportage über Dom Edilberto, den damaligen Bischof von Oeiras im Nordosten Brasiliens (1959-1977), als Auslöser für sein Engagement in Brasilien. "Da ist der Funke übergesprungen, der mich nicht mehr losgelassen und mein Leben voll verändert hat."
Nach dem Studienabschluss wurde er als 27-Jähriger 1968 zum Priester geweiht. In seiner Laufbahn als Priester und späterer Bischof der Diözese Parnaiba soll er mehr als 60.000 Kinder getauft und 7.000 Paare getraut haben.
Messe unter Mangobäumen
Als damals jüngstem Priester der Diözese Picos habe ihm der Bischof die größte Pfarre anvertraut, die flächenmäßig zweimal so groß war wie Vorarlberg, berichtete Schäffler. Im Zuge seiner Tätigkeit entstanden u.a. Basisgemeinden und Jugendgruppen; großes Augenmerk legte Schäffler auf eine aktive Familienseelsorge und die Gründung der Cursillo-Bewegung.
"Ich habe an vielen Orten unter einem Mangobaum die heilige Messe zelebriert, aber eine Gemeinde bildet sich nicht im Schatten von einem Baum", stellte der noch 79-Jährige fest. Da die Menschen nach "einer konkreten Referenz" suchten, seien um die 30 Kirchen und Kapellen entstanden.
2001 wurde Dom Schäffler zum Bischof der Diözese Parnaiba geweiht, die er bis 2016 leitete. Die Diözese Parnaiba wurde 1944 gegründet; sie umfasst heute ein Gebiet von rund 20.800 Quadratkilometern. Zum Nachfolger Schäfflers ernannte Papst Franziskus 2016 den damaligen Koadjutor Bischof Juarez Sousa Da Silva.
Priestermangel in Brasilien
Fokus seiner Tätigkeit sei als Bischof die Förderung des Priesterberufes gewesen, so Schäffler. Den Priestermangel führt der Bischof im "Kirche bunt"-Interview u.a. auf eine fehlende Seelsorgestruktur zurück: "Bedingt durch die geringe Zahl an Priestern in einem Land mit kontinentaler Ausdehnung konnte die Verkündigung der Frohen Botschaft die Menschen nicht zu einer Glaubensvertiefung führen." Besonders betroffen sei das Amazonasgebiet; ein Thema das auch in der Amazonien-Synode 2019 zur Sprache gekommen sei. Mittlerweile seien die regionalen Priesterseminare im Nordosten Brasiliens "voll besetzt".
Als Bischof habe er zwar auch immer versucht, die Familienseelsorge und die Katechese zu fördern, "aber die Verkündigung muss auch stets von konkreten Zeichen der Nächstenliebe getragen werden." Als Konsequenz gründete er mit Hilfe aus Österreich und Bayern u.a. Sozialzentren für Kinder. Dank empfindet Schäffler dabei auch gegenüber "den vielen Menschen in der westlichen Welt, die sich immer für eine gerechtere Welt eingesetzt haben und einsetzen".
Zu seinem 80 Geburtstag gebe es weder große Feierlichkeiten noch Festessen, kündigte Schäffler an. Die Gegend der Diözese Parnaiba sei von großen Trockenperioden gezeichnet, an der auch Menschen sterben. Täglich würden zu ihm Menschen kommen, "die in der Hoffnung auf etwas Reis und Bohnen kilometerweit zu meinem Haus gehen". "Wie soll ich mich an eine gefüllte Tafel setzen, wenn so viele Menschen, die wie der biblische arme 'Lazarus', der vor der Tür herumliegt, vom Hunger gezeichnet sind?" Zudem werde man am Lebensabend "nach der Liebe, die wir geben, gerichtet und nicht nach Titeln oder sonstigen Bezeichnungen", so der Bischof abschließend.
Aktuell ist Schäffler noch als Kaplan in einer Pfarre mit 40 Außenstellen tätig. "Solange der Herr mir die Gesundheit erhält, gehört mein Leben der Kirche hier", so der emeritierte Bischof.
"Ein Leben für die Kirche - Dom Alfredo Schäffler" von Eneas Barros ist im Verlag Editora Nova Alianca herausgekommen. Das Buch mit limitierter Auflage kann u.a. in der Stadtpfarre Waidhofen/Ybbs (pfarrewaidhofen@speed.at) gegen eine Spende erworben werden.
Quelle: kathpress