P. Wallner: Priester brauchen ein Umfeld, das zu ihnen steht
Zu mehr Unterstützung für Priester hat der Nationaldirektor der Päpstlichen Missionswerke in Österreich (missio), Pater Karl Wallner, aufgerufen. Zwar hätten sich katholische Priester als "Hauptbeziehung" im Leben für Jesus Christus und seine Nachfolge entschieden, doch bräuchten sie darüber hinaus auch "ein gesundes Umfeld von Menschen, die hinter uns und zu uns stehen, die bereit sind, das Leben mit uns zu teilen", sagte der Zisterziensermönch am Freitagabend bei einem Online-Gespräch zur Streaming-Premiere der deutschsprachigen Version der Kino-Doku "Der letzte Gipfel", in welcher der spanische Filmemacher Juan Manuel Cotelo einen Priester porträtiert.
Oft würden Priester als "entmenschte Wesen" wahrgenommen, bedauerte Wallner. "Für die einen schweben wir in einer anderen Sphäre, für die anderen sind wir Ursache allen Übels." In Wahrheit seien die dem Zölibat verpflichteten Priester jedoch genauso beziehungsbedürftig wie jeder andere Mensch. "Anders als Verheiratete, die den Ehepartner frei ausgesucht haben, nicht jedoch die Schwiegermutter, haben Priester auf Erden lauter Schwiegermütter", zog der missio-Nationaldirektor Vergleiche.
Besonders verwies Wallner auf einen von Regisseur Cotelo gegen Ende des Filmes geäußerten Satz: "Lieber Priester, ich habe dich noch nie gefragt, wie es dir geht, habe dich noch nie auf ein Bier eingeladen". "Wenn beim Publikum allein diese Botschaft bleiben würde, so wäre das eine tolle Sache", so der Nationaldirektor. Was Priester wünschten, seien weiters auch mehr Rückmeldungen für ihr Tun - von Lob bis hin zu konstruktiver Kritik.
Übernatürlicher Blick
Priester seien mehr als bloß durch eine bestimmte Ausbildung geformte, über bestimmte Seelsorgefähigkeiten verfügende "Religionsfunktionäre", betonte der frühere Rektor der Hochschule Heiligenkreuz, der dort weiterhin als Professor für Dogmatik und Sakramententheologie lehrt. Mit der Priesterweihe durch den Bischof werde nach katholischer Auffassung ein Mensch mit seiner Gesamtheit in den Dienst für Gott genommen und zu einem "wandelnden Sakrament", in dem Jesus selbst gegenwärtig sei.
Der hier von den Gläubigen abgeforderte "übernatürliche Blick" auf Priester verkenne nicht, dass diese zugleich fehlerhafte Menschen seien, so der Nationaldirektor weiter. In der früher geläufigen Anrede "Hochwürden" komme dies zum Ausdruck. Wallner: "Es ist in Wahrheit eine Demütigung, da die Gläubigen wohl wissen, dass sie damit den bezeichnen, der zu lange predigt, gerne im Wirtshaus sitzt und über seine Verhältnisse lebt." Doch auch Jesus habe bewusst "schwache Werkzeuge" ausgewählt: Die ausführlichen Schilderungen der Verfehlungen der Apostel in den Evangelien machten nur deutlich, dass deren Wirken von Jesus statt von den jeweiligen Menschen ausgehe.
Kritik an Priestern sei zulässig, doch dürfe das Maß nicht verloren gehen, forderte Wallner. In jüngster Vergangenheit hätten die Medien nur negative Seiten von Priestern oder den Priestermangel dargestellt, wodurch die Wertschätzung für das Priestertum "geschrumpft" sei. Der Film "Der letzte Gipfel" schaffe hier einen Ausgleich, indem von einem "sensationell guten Priester" erzählt werde, resümierte der missio-Nationaldirektor. Dabei sei die reale Hauptfigur - der 2009 verstorbene Pablo Dominguez - aber keine Ausnahme: Positives lasse sich in vielen Priestern entdecken, wenn man nur darauf achte, so Wallner, der dazu aufrief, "auch einmal gut über den Pfarrer zu reden".
Regisseur: Gott setzt auf Teamwork
Der Filmregisseur Juan Manuel Cotelo bestätigte Tage zuvor in einem weiteren Filmgespräch, er habe mit seinem Werk zu einer Positiv-Korrektur des Priesterbildes beitragen wollen. Viele Priester würden einen "großartigen" Dienst verrichten, allerdings im Stillen und von der Öffentlichkeit unbemerkt. "Priester sind gewöhnliche Menschen, die Gott auserwählt, um Wunder zu tun, weil er einfach gerne im Team arbeitet", so der Filmemacher. Dazu zählten auch die "alltäglichen Wunder", die etwa in der Eucharistie oder im Sakrament der Versöhnung geschähen.
Auch rund um den Film "Der letzte Gipfel" - der seit dem Start in Spanien 2010 in 19 Ländern gezeigt wurde - habe es viele wundersame Ereignisse gegeben, berichtete Cotelo: Mehr als 50 Männer seien davon veranlasst in das Priesterseminar eingetreten und ein vor etlichen Jahren aus dem Priesteramt Geschiedener habe seinen Bischof um Wiederaufnahme gebeten, gehe aus Rückmeldungen hervor. Auch habe sein Studio "Infinito+1" etliche Fotos von Babys erhalten, deren geplante Abtreibungen nach dem Kinobesuch abgesagt wurden. Der Film dokumentiert u.a., wie die priesterliche Hauptfigur eine Freundin durch eine schwierige Phase begleitet, in der sie eine Abtreibung erwog.
Er selbst habe durch die filmische Beschäftigung mit dem Priester und Philosophen Pablo Dominguez - dem er zu Lebzeiten nur einmal flüchtig begegnet war, ehe er nach dessen tödlichen Bergunglück mit 42 Jahren einen Nachruf über ihn erstellte - entdeckt, "dass Heiligkeit nicht in dem besteht, was ich für Gott tue, sondern darin, was er für mich tut", erklärte Cotelo. Der Mensch müsse sich dazu nur Gott zur Verfügung stellen und im Alltag der "guten Stimme" Folge leisten. Wertschätzend über einen Priester zu reden sei relativ leicht "wenn wir Jesus in diesem Priester begegnen", so der katholische Filmemacher. Andernfalls stünden nur die - meist negativen - menschlichen Eigenschaften im Vordergrund.
Der Start der deutschsprachigen Synchronversion von "Der letzte Gipfel" stand ursprünglich im März des Vorjahres in Dutzenden Kinos auf dem Programm, dann kam jedoch der Corona-Lockdown dazwischen. Seit 26. Dezember läuft der Film als Streaming-Version unter www.derletztegipfel.com. Zwischen 3. und 10. Jänner werden im Anschluss die bisherigen Premieren-Filmgespräche - darunter außer mit Cotelo und P. Wallner auch mit Priestern aus Deutschland und Österreich, Film-Übersetzer Christian Platzer und dem Churer Weihbischof Marian Eleganti - erneut gezeigt. Das Online-Ticket für das Ansehen des Filmes auf dem eigenen Endgerät kostet 7,50 Euro.
Quelle: kathpress