Caritas Österreich hilft in "Flüchtlingsdrama vor der Haustür"
In Bosnien-Herzegowina ereignet sich ein "Flüchtlingsdrama vor der Haustür" Österreichs, auf das die Caritas jetzt mit einem Spendenaufruf und dem Ausbau ihrer Katastrophenhilfe reagiert hat. Es sei bereits der dritte Winter, in dem sich die Situation für Flüchtlinge in Bosnien-Herzegowina dramatisch zuspitzt. Die Caritas berichtet in ihrer Aussendung am Mittwoch von "Menschen, eingehüllt in dünne Baumwolldecken, ohne Winterjacke und barfuß in Sandalen im Schnee und bei eisigen Temperaturen". Rasche Hilfe sei jetzt erforderlich, "denn sonst drohen Menschen zu erfrieren", appellierte Caritas-Auslandshilfe-Generalsekretär Andreas Knapp an die Hilfsbereitschaft der Österreicher.
Zu Weihnachten seien hunderte Menschen in die Obdachlosigkeit und damit sich selbst überlassen worden, beklagte Miljenko Anicic, Direktor der Caritas Banja Luka. Bosnien-Herzegowina, wo ein Fünftel der Bevölkerung selbst in Armut lebt, sei mit der Situation überfordert. Soforthilfe für Menschen, die zu wenig haben, sei erforderlich, "um unbeschadet durch die nächsten Tage und über den Winter zu kommen", so Anicic. Mehr als 65.000 Menschen auf der Flucht sollen seit September 2018 nach Bosnien-Herzegowina gekommen sein, doch die staatlich kontrollierten Aufnahmezentren bieten laut Caritas lediglich 6.500 von ihnen Platz. Viele dürften die lebensgefährliche Flucht in andere Länder geschafft haben oder nach Serbien zurückgekehrt sein.
Caritas-Österreich-Generalsekretär Knapp sprach vor dem Hintergrund der akuten Flüchtlingsnot von "alles andere als einer Sternstunde der Europäischen Union", die derzeit erlebbar sei. Er verwies auf kleine Kinder, die auf Samos von Ratten gebissen würden, Familien, die auf Lesbos im Dreck leben müssten, und jetzt auch Menschen, denen in den Wäldern Bosniens der Kältetod drohe.
Allein in Una Sana im Nordwesten des Landes, kaum drei Autostunden von Österreich entfernt, sollen sich aktuell rund 6.000 Geflüchtete aus Pakistan, Afghanistan, Syrien und anderen Krisengebieten aufhalten. "Dass etwa die Hälfte von ihnen kein Dach über dem Kopf haben, in Wäldern lebt und selbst bei Schnee im Freien übernachten muss, ist beschämend", kritisierte die Caritas. "Vor 25 Jahren nahm ganz Europa Kriegsflüchtlinge aus dem zerfallenden Jugoslawien auf. Umgekehrt schafft man es bei uns nicht, einigen hunderten Geflüchteten eine Unterkunft zu bieten", kritisierte Miljenko Anicic. Er wandte sich gegen die Auflösung des Flüchtlingslagers "Bira" in Bihac, wo bis vor kurzem 2.000 Menschen Zuflucht gefunden hätten, und forderte Hilfe unabhängig von Religion oder Herkunft.
Caritas hilft mit Kleidung, Nahrung, Bildung
Aktuell werden Notverteilungen von der Caritas organisiert: warme Bekleidung, Schlafsäcke, saubere Bettwäsche und ein Wäsche-Service für Geflüchtete in noch bestehenden Lagern. Seit fast 30 Jahren unterstützt die Caritas Menschen in Bosnien-Herzegowina. Die Caritas Linz und Caritas Graz setzen vor Ort Pflegeprojekte für ältere und demenzkranke Menschen und deren Angehörige um. Für Jugendliche und junge Erwachsene rief die österreichische Caritas ein Beschäftigungsprojekt ins Leben; es gibt Kindertagesstätten, seit Ausbruch der Covid-19-Pandemie auch Unterstützung beim Distance Learning sowie Essens- und Hygiene-Pakete. Über eine spontane Spendenaktion auf Facebook wurden bereits über 100.000 Euro für die Caritas Nothilfe am Balkan gespendet. "Weitere Spenden werden dringend benötigt. Jede Spende hilft und wärmt und kann in der aktuellen Situation Leben retten", appellierte Knapp.
(Info und Spenden: www.caritas.at/balkan; IBAN AT23 2011 1000 0123 4560, Kennwort: "Menschen auf der Flucht")
Quelle: kathpress