Kardinal Schönborn: "Himmlisches" oft näher, als wir meinen
Den Behauptungen, dass "mit dem Tod alles aus" sei, hat Kardinal Christoph Schönborn Erfahrungen gegenübergestellt, die auf eine Verbindung zwischen Himmel und Erde hinweisen. Der Wiener Erzbischof nannte beim Festgottesdienst am Stephanitag im Stephansdom Nahtoderlebnisse mit dem Wahrnehmen eines Glück auslösenden Lichts, sprachlos machende Schönheiten der Natur bzw. Schöpfung oder als "himmlisch" erlebte Genüsse durch Musik und Kunst. All dies sei ein "Hereinleuchten der anderen Welt" und keine "Vertröstung", so Schönborn. Er wies darauf hin, dass "uns das Jenseits oft näher ist, als wir es im Alltag wahrnehmen".
In dem via ORF III und "radio klassik" live übertragenen Gottesdienst, mit dem auch das Jubiläum "50 Jahre Ständiger Diakonat in der Erzdiözese Wien" gefeiert wurde, meditierte der Kardinal über einen Satz des ersten christlichen Märtyrers, des heiligen Diakons Stephanus. Kurz vor seinem Tod durch Steinigung sagte der Namenspatron der Wiener Bischofskirche laut der Apostelgeschichte des Neuen Testaments: "Ich sehe den Himmel offen und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen" (Apg 7,55). Dieses Wort sei wie ein Echo auf die Erfahrung der Hirten in Betlehem bei der Geburtsverkündung durch die Engel. "Was wäre Weihnachten, was wäre der Tod des Stephanus, ja, was wäre unser Leben ohne diesen 'offenen Himmel'?", fragte Schönborn.
Ihn schmerze die Haltung mancher Zeitgenossen, die den Tod als endgültiges Aus betrachten. Zur oft zu hörenden Begründung dafür: "Ich kann mir den Himmel nicht vorstellen", verwies der Erzbischof auf das Hochaltarbild des Stephansdoms, auf dem Frühbarockmaler Tobias Pock 1647 die Steinigung des Stephanus mit einer lebendigen Szenerie auf Erden und einem demgegenüber etwas blass bleibenden Himmel dargestellt habe. "Meister Pock konnte sich den Himmel offenbar auch nicht vorstellen", meinte Schönborn dazu. Jesus habe aber nicht gefragt: "Glaubst du an den Himmel?", sondern "Liebst du deinen Nächsten?" Und auch viele, die nicht an ein Weiterleben nach dem Tod glauben, würden diese Nächstenliebe überzeugend praktizieren.
Die anwesenden Diakone aus der Erzdiözese Wien, die in der Nachfolge des Stephanus und der weiteren ersten Diakone aus der Zeit der Urkirche stehen, bat Kardinal Schönborn, ihren diakonalen Dienst am Nächsten so zu gestalten, "dass viele mit Stephanus sagen: Ich sehe den Himmel offen".
Er selbst habe eine enge Verbindung zum Ständigen Diakonat: Vor 50 Jahren hatte Kardinal Franz König die ersten, vom Zweiten Vatikanischen Konzil als kirchliches Amt wieder eingeführten Ständigen Diakone geweiht, und auch Schönborn wurde im Dezember 1970 von König zum Priester geweiht, erzählte der Kardinal.
Derzeit gibt es 220 Ständige Diakone in der Erzdiözese Wien; in seiner 25-jährigen Zeit als Erzbischof von Wien weihte Schönborn 170 Ständige Diakone, wie es beim Festgottesdienst hieß. In ganz Österreich üben 750 Männer - darunter etliche verheiratete - dieses Amt aus, das nicht als Vorstufe zum Priesteramt verstanden wird.
Heiliger Stephanus starb zwischen 34 und 37
Der Stephanitag am 26. Dezember, dem zweiten Weihnachtsfeiertag, ist dem heiligen Stephanus gewidmet. Er gilt als erster bekannter Märtyrer der Christenheit. Der Überlieferung nach soll er ein hellenistischer Jude gewesen sein und als einer der sieben Diakone der christlichen Urgemeinde von Jerusalem angehört haben. Diese unterstützten die Apostel in ihrer Arbeit. Stephanus erwies sich als hervorragender Prediger, der eines Tages von den Juden der Gotteslästerung beschuldigt wurde.
Trotz einer der Legende nach glänzenden Verteidigungsrede ordnete der Richter die Steinigung an. So wurde er von einer wütenden Menschenmenge durch die Straßen Jerusalems getrieben und vor der Stadtmauer gesteinigt. Das Todesjahr wird zwischen 34 und 37 vermutet.
Im Hochmittelalter förderten vor allem die deutschen Kaiser und Könige die Verehrung Stephanus, ebenso die ungarischen Herrscher. Dargestellt wird der Heilige oft mit Palmzweig und Steinen.
Erneuter Gottesdienst-Lockdown
Ab Montag, 28. Dezember, wird wieder täglich außer an Sonn- und Feiertagen um 8 Uhr die Eucharistiefeier aus der Andreaskapelle im Wiener erzbischöflichen Palais via Livestream übertragen. Den Gottesdiensten, die über die Onlinekanäle der Erzdiözese Wien empfangen werden können, wird Kardinal Christoph Schönborn vorstehen. Bereits im ersten Lockdown dieses Jahres wurden die morgendlichen Gottesdienste aus der Andreaskapelle via Internet übertragen und erreichten in zehn Wochen etwa 170.000 Mitfeiernde weit über die Grenzen Österreichs hinaus. Während der neuerlich notwendigen Beschränkungen des öffentlichen liturgischen Lebens lädt Kardinal Schönborn ein, wenigstens auf medialem Weg gemeinsam Gottesdienst zu feiern.
Der Eucharistiefeier wird jeweils von Montag bis Samstag (ausgenommen am Freitag, dem 1., und am Mittwoch, 6. Jänner) auf der www.erzdioezese-wien.at bzw. auf www.youtube.com/erzdioezesewien jeweils um 8.00 Uhr ausgestrahlt.
Quelle: kathpress