Glettler: Gott bricht zu Weihnachten alle Abstandsregeln
Gott hat zu Weihnachten nach den Worten des Innsbrucker Bischofs Hermann Glettler "alle Abstandsregeln gebrochen und sich selbst in die Futterkrippe gelegt". Der Ursprung - "der Big Bang urzeitlicher Schöpfungsenergie" - zeige ein menschliches Angesicht, womit er jede Anonymität verlassen und die "uralten Distanzvorschriften zwischen Gott und Mensch" überwunden habe, erklärte der Tiroler Oberhirte am Freitag beim Hochamt zum Christtag im Innsbrucker Dom. Gottes selbst gewählte Verletzlichkeit sei ein Geschenk für den Menschen und schaffe eine "Nähe, die tröstet und heilt".
Auf mehrfache Weise zog Glettler Bezüge zwischen der Corona-Pandemie und dem Weihnachtsgeschehen. Angesichts von bisher 40 Millionen Corona-Erkrankten und einer Million Corona-Toten weltweit sei der Wunsch nach einem "Allheilmittel" verständlich, wobei man für die rasche Entwicklung und Zulassung eines Impfstoffes gegen Covid-19 nur dankbar sein könne. Es brauche darüber hinaus aber noch einen anderen Impfstoff, den man im Geburtsfest Christi entdecken könne, so der Bischof: Weihnachten sei ein "bereits millionenfach getesteter Impfstoff gegen die vielfachen Erkrankungen des Herzens und der Seele, für die wir alle anfällig sind."
Angesichts der Verzweiflung von Perspektiven- und Hoffnungslosigkeit sei das Feiern von Weihnachten "wie Teilnahme an einer himmlischen Impfaktion" und ein Schutz vor den "letzten Abgründen aller Daseins- und Zukunftsängste", sagte Glettler. Das Evangelium von Jesu Geburt zeige Gott als die verlässliche "Mitte unseres Daseins, was auch immer uns an Schicksalsschlägen daherkommt" und habe damit Menschen aller Zeiten "innerlich berührt und heil gemacht". Als "Nebenwirkungen" nannte der Bischof "mehr Gelassenheit, mehr Lebensfreude, größere Kreativität", weiters anhaltende Immunisierung gegen "das Fieber der Überhitzung in endlosen Debatten, die oftmals ins Leere gehen", Stärkung bei anhaltender Niedergeschlagenheit und Freisetzung neuer Herzenskräfte.
Der "weihnachtliche Impfstoff" helfe auch, "alle Formen der Gleichgültigkeit und Ent-Solidarisierung zu überwinden". Denn ebenso wie man zu Weihnachten in Einsamkeit und Bedrängnis Trost finde, wenn man sich "von Gott umarmen" lasse, so sei das Fest auch ein Aufruf, "uns gegenseitig zu umarmen, auch wenn dies physisch vorläufig nur eingeschränkt möglich ist". So könne ein"neues Bewusstsein, dass wir eine Menschheit sind", entstehen, sagte der Bischof, der hier eine darauf aufbauende Grundhaltung Europas gegenüber Schutzsuchenden an den Grenzen des Kontinents einforderte. Weihnachten sollte "mit etwas weniger Sentimentalität, aber mehr Sensibilität für die vielfältigen Schicksale von Menschen und für Gottes tröstendes Dasein" gefeiert werden.
Schönborn: Gott riskiert alles
Im Wiener Stephansdom bezeichnete Kardinal Christoph Schönborn Weihnachten als "großes Wagnis", das Gott eingegangen sei. Wenn im Prolog des Johannesevangeliums geschildert werde, dass die Welt zwar durch Gott geschaffen wurde, ihn aber nicht erkannt und nicht aufgenommen habe, so könnte man meinen, er habe sich "verkalkuliert". Tatsächlich sei es jedoch so, dass sich Gott auf eine Beziehung mit seinem Geschöpf, dem Menschen, eingelassen habe und ihm Freiheit geschenkt habe, da diese die Grundbedingung für echte Begegnung und Liebe sei.
Weihnachten sei die weiter aufrechte Einladung Gottes an den Menschen. "Wie antworten wir auf dieses Vertrauen? Hören wir Gottes Sprache, lassen wir uns von ihr ansprechen und berühren?" stellte der Wiener Erzbischof in den Raum. Mit der Menschwerdung Jesu zu Weihnachten habe Gott den äußersten Schritt getan und eine Liebe gezeigt, die durch die Wehrlosigkeit eines im Stall geborenen Kindes "gewissermaßen ohnmächtig" sei und auf jegliche Gewalt verzichte. Seine Frage an den Menschen, ob er ihn liebe, stelle Gott auch heute - "trotz des Risikos, dass wir Nein sagen oder dass unser Ja ein schwaches ist", so Kardinal Schönborn.
Das Geheimnis des Christtags sei trotz der von der Corona-Pandemie bestimmten äußeren Rahmenbedingungen des heurigen Jahres dasselbe, betonte der Kardinal. "Die Wirklichkeit, dass Gott uns so nahe gekommen ist, dass er ein Kind mitten unter uns wurde. Dieses Geheimnis bleibt in der heutigen Dunkelheit ebenso lebendig wie in der Zeit, als der Stephansdom nach Kriegsende 1945 stark beschädigt war." Was Christen zu Weihnachten feierten, sei vor allem, "dass Gottes Liebe unerschüttlich, fest und treu ist". Sich daran zu erinnern, erfülle den Menschen mit Dankbarkeit und Zuversicht.
Krautwaschl: Gottes viele Gesichter
Dass Gott den Menschen "unter vielgestaltigen Gesichtern" - um Aufnahme bitte, hob der Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl in seiner Christtags-Predigt im Grazer Dom hervor. Wer dies ernst nehme und danach handle, betreibe "alles andere als Symbolpolitik" und auch keine Gesinnungsethik, gegen die mitunter Verantwortung ausgespielt werde, betonte der Grazer Bischof. Jeder der sich in der Nachfolge Jesu wisse sei aufgerufen, einen Beitrag entsprechend den je eigenen Möglichkeiten zu liefern. Keine Zukunft habe hingegen der Populismus und das "justament anderer Meinung sein".
Besonders in den "Armen und Bedrängten" sei Gott zu suchen: Krautwaschl nannte hier Arbeitslose ebenso wie um ihre Existenz fürchtende Arbeitgeber an, von Überlastung Betroffene in Krankenhäusern, Intensivstationen und Pflegeheimen, jedoch auch bei der Post und anderen Dienstleistern, in der Seelsorge, Polizei und Einsatzberufen, in Krisenstäben und Gesundheitsbehörden und auch von den unter dem Lockdown leidende Familien. Auch in der Zuwendung zu Kranken, Verunsicherten und Verzweifelten, Flüchtlingen, Verfolgten und Kriegsopfern könne man Gott finden.
Dass Weihnachten unter unerwarteten Umständen stattfinden müsse, sei "eigentlich eine weihnachtliche Urerfahrung der Christenheit", bemerkte der Grazer Bischof. "Gott kommt meist anders als wir denken". Es könnte damit im Jahr 2020 sogar besser als in "normalen" Jahren gelingen, "die Schönheit von Weihnachten zu erkennen".
Schwarz: Wegweiser zum Lebensglück
"Gott wird einer von uns, damit er uns den Weg zu einem erfüllten Leben zeigt", so die Kurzbeschreibung des Weihnachtsgeschehens des St. Pöltner Bischofs Alois Schwarz. Ein erfülltes und geglücktes Leben gehabt zu haben sei das, was sich die meisten Menschen am Lebensende wünschten. Erfüllung bedeute jedoch nicht Schmerzfreiheit, gab der Bischof beim Hochamt zum ersten Weihnachtstag im St. Pöltner Dom zu bedenken. "Man kann auch glücklich sein und leidend sein, sich gestresst fühlen und zugleich zufrieden, beruflich erfüllt und zugleich unter Druck." Ähnlich umfasse echte Liebe neben tiefer Zuneigung immer auch manchmal Momente von Wut und Zorn.
Gott sei dem Menschen diesen Weg vorausgegangen, indem er in Jesus von Nazareth selbst Fleisch angenommen und damit menschliche Begrenztheit auf sich genommen habe. Das "Leben in Fülle", das Jesus versprochen habe, solle dem Menschen dabei helfen, "das beste aus dem Leben herauszuholen" und das Leben mit all seinen Dimensionen anzunehmen, so der St. Pöltner Diözesanbischof.
Quelle: kathpress