Kardinal Schönborn: "Menschlichkeit muss letztes Wort haben"
Kardinal Christoph Schönborn hat am 24. Dezember in der ORF-Fernsehsendung "Licht ins Dunkel" dazu aufgerufen, dass in der aktuellen Debatte rund um die Aufnahme von Flüchtlingen aus Lesbos oder Bosnien, die Menschlichkeit das letzte Wort haben muss, nicht die Politik. "Man kann Wege finden, wie man eine gute Politik und Menschlichkeit miteinander verbindet", sagte der Wiener Erzbischof. Auch Bundespräsident Alexander van der Bellen bekräftigte in der Sendung "Licht ins Dunkel" einmal mehr seine Position für eine Aufnahme von Flüchtlingen. In den griechischen Lagern herrsche eine derartige Notsituation, "die nach erster Hilfe ruft", sagte Van der Bellen.
Bei den aktuellen Bildern aus den Flüchtlingslagern von Lesbos und Bosnien, sei es wichtig "sich in die Situation der Menschen zu denken", meinte Schönborn. "Ich bin selber ein Flüchtlingskind, habe aber nicht eine solche Not erlebt, wie die Menschen in den Flüchtlingslagern in Bosnien oder Lesbos. So schlimmes habe ich nicht erlebt", so der Kardinal wörtlich.
Er appellierte an die Europäische Union eine gemeinsame Lösung zu finden. Dringend notwendig sei der Entschluss, dass so etwas "in Europa nicht stattfinden darf". Letztlich seien aber die Flüchtlinge Teil "eines politischen Spiels", mahnte der Kardinal. Es sei daher auch verständlich, warum sich die Österreichische Regierung bei diesem Thema "schwer tut".
Auch wenn das Jahr 2020 u.a. von Terror und der Corona-Krise geprägt sei, hob Schönborn die weihnachtliche Botschaft "fürchtet euch nicht" hervor. "Was ist die Alternative? Soll man ständig in Furcht leben? Ich glaube, jede und jeder weiß von der täglichen Erfahrung, dass Angst und Furcht keine guten Berater sind", so Schönborn wörtlich.
Die Aufgabe der Religionsgemeinschaften und Religionen sei zu einen, betonte auch der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft, Ümit Vural. In schwierigen Zeiten hätten Religionsgemeinschaften die wichtige Verantwortung "eine Stimme der Vernunft zu sein, verbinden zu wirken auf den Zusammenhalt hinzuweisen".
Den Terrorangriff in Wien bezeichnete Vural als "Angriff auf alles, was uns ausmacht". Umso dankbarer sei er, dass sich die Religionen in Österreich nicht spalten lassen. Dies sei auch im Gebet einem Tag nach dem Terrorakt im Wiener Stephansdom zum Ausdruck gekommen, meinte Vural. "Ich bin dankbar, dass wir als Religionsgemeinschaften einen wertschätzenden Dialog pflegen."
Den Wert des Zusammenhaltes und der Solidarität in der Gemeinschaft in dieser Zeit betonten auch Oberrabbiner Jaron Engelmayer von der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) und der griechisch-orthodoxe Erzpriester Nikolaus Rappert. Der Präsident der buddhistischen Religionsgesellschaft, Gerhard Weißgrab, sah in dieser schwierigen Zeit auch etwas Positives, nämlich die Möglichkeit kennenzulernen, was Leben wirklich bedeutet.
Caritas-Präsident, Michael Landau, betonte in der Sendung "Licht ins Dunkel" die Bedeutung des Dialogs und "auf die Schwächsten nicht zu vergessen". Auch der Pakt gegen Einsamkeit bleibe ein wichtiges Thema, bei dem es auf jeden einzelnen ankomme, nötig sei aber auch ein eigener Regierungsbeauftragter.
Quelle: kathpress